Die elektronische Filmpatrone kommt: Digitalkameras gehen in Deckung

28.05.1998

MÜNCHEN: Wenn alles gutgeht, platzt die Bombe in Deutschland zur Photokina im September: Eine kalifornische Entwicklerfirma bastelt an der sogenannten "digitalen Filmrolle". Sie paßt in einen konventionellen Fotoapparat und macht diesen zum digitalen Knipser - für unter 500 Dollar.Seit geraumer Zeit wird der PC-Fachhandel von den Herstellern digitaler Kameras bestürmt, sich verstärkt für diese Produkte zu engagieren. Doch die Liebesbemühungen der Industrie könnten vergeblich sein. Denn eine bahnbrechende Entwicklung deutet sich im Bereich der Digitalfotografie an: Imagek (www.imagek.com) hat das Innenleben einer Digitalkamera auf die Ausmaße einer herkömmlichen 35 mm-Filmrolle reduziert. Die Vorteile liegen auf der Hand: Ambitionierte Hobbyablichter und Berufsfotografen benötigen keine neue Ausrüstung, wenn sie auf Digitalfotografie umsteigen möchten. Ihre bewährten Tele- und Weitwinkelobjektive samt der ihnen vertrauten Mechanik können sie weiterhin nutzen, aber auch jederzeit zu klassischem Filmmaterial zurückkehren.

Das von Imagek auf "Electronic Film System EFS-1" getaufte Kind verfügt über 40 MB Flash RAM, womit es bis zu 30 digitale Bilder mit einer Auflösung von 1,3 Millionen Pixels speichern kann. Ansehen kann man sich diese Bilder auf dem PC. Imagek peilt einen Endkundenpreis von unter 500 Dollar an. Laut Bruce Totty, dem Vice President Marketing bei Imagek, werden bereits Gespräche mit potentiellen Distributoren in Deutschland geführt. Erste Produkte sollen schon im Sommer verfügbar sein. Die Platzhirsche auf dem Gebiet der Digitalfotografie trauen dem Braten noch nicht ganz. So meint etwa Uta Letzel, Abteilungsleiterin bei der Canon Deutschland GmbH in Krefeld: "Die Technologie ist sicherlich in der Pipeline. Doch wir sind uns nicht sicher, ob das eine Ente ist."

Bodo Badnowitz, Leiter der Abteilung Imaging Systeme bei der Agfa Deutschland GmbH in Köln, weiß zwar um diese Entwicklung, will aber dazu keine Position beziehen. Auch die Branchengrößen Sony, Sharp und Olympus zeigen sich nach außen kühl und distanziert. Doch nach Meinung von Experten brodelt es in den Vorstandsetagen.

Auf der sicheren Seite fühlt sich hingegen Thierry Bouzac, Commercial Director bei Kodak Digital & Applied Imaging: "Imageks Vorschlag ist kein Scherz. Wir halten diese Entwicklung aber für keine Bedrohung." Gegenüber ComputerPartner führt der Kodak-Manager einen seiner Meinung nach wesentlichen Nachteil der "digitalen Filmrolle" an, den fehlenden Polaroid-Effekt. So würde im analogen Gerät der von der Digitalkamera bekannte Vorschaubildschirm fehlen.

Ebenfalls sehr skeptisch zeigt sich der Händlerverbund für digitale Präsentationsprodukte ProImage. Für Klaus-Norbert Laroche, den Leiter der Arbeitsgruppe Digitale Fotografie, "klingt alles viel zu gut, um wahr zu sein.", so Laroche gegenüber ComputerPartner. (rw/cm)

Imageks digitale Filmrolle EFS-1 paßt in jede handelsübliche Kamera.

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