Die Elsa-Geschichte

02.05.2002

Jahrelang ging es gut. Die "Elektronischen Systeme Aachen" bot hochwertige Grafikkarten für CAD-Workstations an. Diese waren gefragt, zudem sorgte der PC-Boom der 90er-Jahre für garantiertes Wachstum, und so konnte man in Aachen bis in das Jahr 2000 hinein mit bis zu 40 Prozent Marge arbeiten. Mit diesem Polster lies sich in den 90er-Jahren einiges andere finanzieren. Die Geschäfte wurden erweitert: PC-Grafikboards und Analogmodems kamen hinzu; Filialen in Europa und in den USA. Man sprach in Aachen und in Deutschland von einer Erfolgsgeschichte.

Doch als Elsa, mittlerweile mit dem AG- und Nemax-Titel geadelt, das Jahr 1999 feierte, zweifelte Gründer Theo Beisch, nun Vorstand, längst an der Zukunft seiner AG. Sie war unklar geworden. Drängende Fragen musste er beantworten: Fremdfinanzierte Internationalisierung des Grafikgeschäftes? Neudefinition der OEM-Verträge, unter anderem mit Compaq? Internet-Zugangsgeräte für Home- und Soho-Networking? Entwicklung von Auto-Kommunikationsausrüstung? Welche Größe ist für den Vertrieb notwendig? Wie viele neue Mitarbeiter?

Theo Beisch beantwortete alle Fragen offensiv. Er hatte sich entschlossen, mit Bankkapital zu expandieren. Gegenüber 1998 mit 18,7 Millionen Euro kurzfristigem Fremdkapital beanspruchte er 1999 86,6 Millionen, im Jahr 2000 verbuchte Elsa 119,3 Millionen. Damit die noch immer kleine Elsa wirklich groß würde. Auch wenn es nicht wahrscheinlich war, mehr als größer zu werden. Zugleich bevölkerten Unternehmensberater die Räume der Aachener. Was sie aufschrieben, ist in ihren mehrere Akten umfassenden Analysen festgehalten worden.

Unter anderem sagten sie, Elsa möge sich international erfahrene Manager leisten. Beisch ging auf die Suche, und fand welche. Zum Beispiel Gary Apfel. Doch dieser blieb nicht, und andere, wie Georg Scherberich, blieben auch nicht. Denn was die neuen Manager erlebten, widersprach ihren gewohnten, vielleicht auch notwendigen Vorstellungen geregelter Workflows. Es gab in Aachen kein Controlling; Abteilungsleiter, darunter ehemalige Kommilitonen Beischs, hantierten mit Vorstellungen statt mit Warenwirtschaftssystemen. "Sie konnten uns nicht sagen, in welchem Lager welche Produkte gestapelt waren", fasst ein ehemaliger Elsa-Einkäufer eine Konsequenz zusammen.

Doch die Expansion war nicht mehr rückgängig zu machen. Zwar wurde der Umsatz hochgetrieben, aber auch die Kosten. Und als der IT-Crash 2001 alle Planungen ruinierte, blieben die Versuche Elsas, mithilfe von Personalstreichungen im In- und Ausland zurückzurudern, wirkungslos. Ende 2001 stand Elsa dann das Wasser bis zum Hals. Lieferanten verkauften nur mehr gegen Vorkasse, Distributoren sprangen ab, und Verhandlungen mit Investoren scheiterten. Im Februar 2002 ging Elsa zum Insolvenzgericht. Doch der letzte Rettungsanker griff nicht. Das Unternehmen war "finanziell ausgeblutet", wie Insolvenzverwalter Thomas Georg bitter mitteilte. (wl)

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