Die Euro-Umstellung birgt so manchen Fallstrick für Unternehmen

05.04.2001
Am 1. Januar 2002 ist es so weit - dann ist der Euro offizielles Zahlungsmittel in Europa. Die D-Mark hat damit ihre Schuldigkeit getan. Für Unternehmen ist es höchste Eisenbahn, ihren Betrieb für die neue Währung flott zu machen.

Nachdem der Jahr-2000-Knall nur eher ein kleines "Plopp" war, haben viele erst einmal erleichtert durchgeatmet. Die Gefahr war gebannt, der Alltag konnte weitergehen. Doch die Ruhe ist trügerisch: In neun Monaten wird der Euro offizielles Zahlungsmittel. Die Mark ist dann ungültig. Bis dahin müssen alle Systeme, Organisationsabläufe undnicht zuletzt Zulieferer und Kunden auf den Euro eingestimmt sein. Experten sind der Meinung, dass die Umstellung auf den Euro schwieriger zu meistern ist als das Jahr-2000-Problem. Denn die Herausforderung bei Y2K bestand in erster Linie in EDV-technischen Modifizierungen. Diesmal jedoch ist nicht nur die EDV betroffen; beispielsweise sind auch Kunden und Zulieferer in der neuen Währung ungeübt. Hier müssen Vorbereitungen getroffen werden, damit es nicht zu nachhaltigen Vertrauensschäden kommt, wenn der Fall des Falles eintritt.

Laut Marktbeobachter ist die Umstellung gerade in der Bundesrepublik noch nicht sehr weit gediehen. Unternehmensberater, Handelskammern und Verbände warnen immer eindringlicher, sich spätes-tens jetzt mit dem Umstellungs-prozess auseinander zu setzen. Die Merant GmbH, ein Anbieter von Infrastrukturlösungen für E-Business, mahnt an, dass erst ein Prozent der deutschen Unternehmen die Euro-Umstellung erfolgreich abgeschlossen hat. Die Marktforscher von Cap Gemini Ernst & Young haben 1.000 Unternehmen quer durch die Branchen zum Euro befragt. Ergebnis: Mehr als die Hälfte nimmt die Umstellung nicht sehr ernst. 64 Prozent sind der Meinung, dass das Euro-Projekt weniger als zwölf Monate beanspruche. Aber dies sei, so die Experten, bei größeren Unternehmen das absolute Minimum, mit noch weniger Zeit könne man nichts ausrichten. Auch der Handel ist nicht fit für den Euro. Eine weitere Studie von Cap Gemini, die sich speziell auf den europäischen Handel konzentriert, brachte Besorgniserregendes hervor (siehe Kasten).

Achtung bei der Währungsrechnung

Der erste Schritt in Richtung Euro ist die Ernennung eines Euro-Beauftragten, dem auch der erforderliche Stab an Mitarbeitern zur Verfügung gestellt werden muss. Die Bestandsaufnahme in Sachen Euro dürfte in einer großen Firma gut und gerne mehrere Monate in Anspruch nehmen. Geklärt werden müssen vor allem folgende Fragen: Was sind die kritischen Daten? Wo sind sie versteckt? Welche Anwendungen nutzen diese Daten? Wie werden die Daten verarbeitet? Wo sind die Schnittstellen zu anderen Anwendungen?

Datenflüsse müssen verfolgt, Or-ganisationsabläufe dokumentiert werden. Sobald die Anforderungen benannt sind, kann man mit der Umsetzung der Ergebnisse beginnen. Datenkonvertierung und Coding sind eher Routinearbeiten, können sich aber langwierig gestalten. Auch die danach folgende Implementierung der Änderungen dauert einige Wochen. Die längste Zeit allerdings, und das ist nach Meinung der Experten das Fatale an der Sache, nehmen die Testläufe in Anspruch.

Auch gesetzliche Vorschriften müssen beachtet werden. Die Europäische Union hat beispielsweise die Mehrwährungsfähigkeit gesetzlich genau geregelt. Wenn das Buchhaltungsprogramm in Euro umrechnen kann, heißt dies noch nicht, dass das verwendete Verfahren auch in Zukunft noch legal ist. Bislang wurden häufig die so genannten inversen Kurse verwendet. Dabei wird nicht der umzurechnende Mark-Betrag durch den Kurs, zum Beispiel durch 1,95583, dividiert, sondern es wird davon ausgegangen, dass eine Mark gleich 0,511 Euro bedeutet. Verwendet man diesen Betrag als Umrechnungswert, bewirkt dies Rundungsfehler. Deshalb sind inverse Kurse bei der Umrechnung in Euro nicht erlaubt. Die Programme müssen die so genannte "Triangulation" verwenden, das heißt man muss immer über den Euro umrechnen. Ein bei der Umstellung verwendeter Euro-Konverter darf nur eingesetzt werden, wenn er von einem Wirtschaftsprüfer genehmigt ist.

Schwellenpreise neu kalkulieren

Ebenfalls nicht zu vernachlässigen ist die neue Preisgestaltung. Es reicht nicht, alle Preise - Pi mal Daumen- durch zwei zu teilen. Meist kommen durch die korrekte Umrechnung kryptische Beträge heraus, welche die Erkenntnisse aus jahrelangen Analysen des Verbraucherverhaltens zunichte machen. Schwellenpreise, die bislang das Kaufverhalten begünstigten und deshalb genauestens kalkuliert waren, fallen weg. Ein Beispiel: 5,99 Mark ergeben rein rechnerisch und bereits gerundet 3,06 Euro - nicht gerade ein ansprechender Preis. Die Frage, ob man nun mehr oder weniger verlangt, bedarf einer erneuten Kalkulation des Produktes.

Einen weiteren Fallstrick birgt die unüberlegte Euro-Umstellung. Wenn am 1. Januar 2002 die Mark ihre offizielle Gültigkeit verliert - wie reagieren die Kunden? Der Verbraucher ist ohnehin verunsichert, da die so genannte Geldsprache, die er jahrelang gelernt hat und aufgrund derer er seine Kaufentscheidungen trifft, wegfällt. Gleichzeitig wird auch Anfang des nächsten Jahres ein harter Konkurrenzkampf im Markt herrschen. Wer die neuen Preise zu hoch ansetzt, könnte Kunden verlieren, da viele Handelsunternehmen mit einer "Wir werden mit dem Euro billiger"-Kampagne in den Markt gehen.

ComputerPartner-Meinung:

Die Euro-Umstellung besteht nicht nur aus einer Änderung des Buchhaltungsprogramms. Neben der EDV muss auch auf Marketing, Organisation und Kundenverhalten geachtet werden. Wer sich bislang noch nicht mit der Euro-Umstellung beschäftigt hat, für den wird es höchste Zeit, sich an einen Experten zu wenden (siehe Kasten Internet-Adressen). Denn eine verspätete Umstellung auf die neue Währung kann die Existenz kosten. (gn)

Facts & Figures

Internet-Adressen zum Euro

www.euro-kompakt.de

Alles rund um den Euro, inklusive FAQ und Umstellungs-Checkliste - interessant für Unternehmen

www.euro-diagnostic.com/de/home.nsf

IBM-Euro-Diagnose - Einschät-zung der Euro-Tauglichkeit des eigenen Unternehmens

www.europarl.de/euro/

Die Euro-Seite des europäischen Parlaments - eher allgemeine Infos und viel Überzeugungs-arbeit, warum der Euro gut ist; dafür mit Euro-Rechner

www.amue.org

Seiten der Association for the Monetary Union of Europe - mit Praxisratgeber "The Euro in your Shop" (in Deutsch)

www.forum-euro.de

Euro-Informationsplattform für den Mittelstand

www.aktion-euro.de

Gemeinschaftsseiten zum Euro von der Bundesregierung, der EU-Kommission und dem Eu-ropa-Parlament

Facts & Figures

DM-Konten sind nach dem 1. Januar 2002 strafbar

Die Unternehmensberater von Cap Gemini Ernst & Young haben auch den Einzelhandel auf Euro und Cent geprüft. Diese Branche sei, so die Experten, einer der am meisten betroffenen Wirtschaftszweige. Das Ergebnis sorgt bei den Spezialisten für sorgenvolle Mienen: Nur 18,8 Prozent der 1.000 befragten europäischen Händler haben ihre Euro-Umstellung bereits abgeschloss-en. Etwa ein Drittel der Be-fragten ist noch in der "sehr frühen Umstellungsphase". Mehrals 15 Prozent haben noch gar nicht angefangen, so Cap Ge-mini. Etwa 70 Prozent sind allerdings auch der Meinung, keine zwölf Monate für die Um-stellung auf die neue Währung zu brauchen.

Hauptgrund für diese Ignoranz im Handel sei, so die Unter-nehmensberatung, dass immer noch Verwirrung über die Um-stellungsanforderungen herrsche.So ist ein Viertel der Handels-unternehmen der Ansicht, man könne die internen Konten und die Buchführung in der jeweil-igen Landeswährung weiter-führen. Inzwischen haben aller-dings mehrere Regierungen Strafen angedroht, wenn nicht alle Konten und Belege ab dem 1. Januar 2002 für Steuerzwecke in Euro geführt werden.

"Fast 70 Prozent der Händler, die Kreditkarten akzeptieren, gaben an, diese auch nächstes Jahr in der derzeitigen nationalen Währung anzunehmen", erzählt Bernd Mogalle, Leiter des Euro-transformation Center bei Cap Gemini. Die Landeswährung wird allerdings ab dem 1. Januar ihre Gültigkeit als nationales Zahlungsmittel verlieren. Was das Bargeld betrifft, hat sich laut Cap-Gemini-Umfrage etwa ein Drittel der Befragten noch keinerlei Gedanken gemacht. (gn)

www.capgemini.de

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