Die letzte Chance: Monitorhersteller Scott hofft auf Neustart mit Cornea

06.03.2003
Mit finanzieller Unterstützung des Newcomers Cornea will es die insolvente Scott LCD GmbH wieder unter die "Top 5" im deutschen Monitormarkt schaffen. In der Branche betrachtet man die neue Verbindung allerdings mit großer Skepsis: Ex-Scott-Chef Wolfgang Zulauf wird ein weiterer Neustart nicht mehr zugetraut.

Gerüchte darüber, dass die Scott LCD GmbH in Schwierigkeiten stecken soll, gibt es in der Branche schon länger, jetzt ist es amtlich: Der Monitorhersteller aus Dessau hat Antrag auf die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt. Wie es mit dem Unternehmen weitergehen wird, ist allerdings schon geklärt: Scott-Chef Wolfgang Zulauf übergibt das Zepter an die Cornea Technology Europe GmbH, einen Newcomer in der LCD-Branche.

Über den neuen Eigentümer ist nur wenig bekannt: Gegründet wurde Cornea im Mai 2000, aktuell wird ein Gesamtumsatz von rund 270 Millionen Euro und ein Marktanteil von zwei Prozent im europäischen LCD-Markt angestrebt. In Korea ist das Unternehmen nach eigenen Angaben bereits die Nummer drei nach Samsung und LG. Erst vor einigen Tagen schluckte der Monitorhersteller die insolventen Kollegen von Korea Data Systems. Mit der Übernahme der Marke Scott will Cornea nun seine Präsenz in Europa stärken. Mit dem neuen Partner sieht Zulauf sein Unternehmen jedenfalls wieder auf der Siegerstraße: "Scott will wieder unter die Top 5 im deutschen Markt der LCD-Produzenten, mit Cornea als starkem Partner wird das möglich."

Auffanggesellschaft statt Übernahme

Der Scott-Chef verhandelte bereits seit einiger Zeit mit den Koreanern, sie sollten seine Anteile an der Gesellschaft übernehmen. Diese Variante scheiterte jedoch an der Uneinigkeit der beteiligten Banken. Der Eigentümerwechsel wird nun auf eine andere rechtliche Ebene gestellt: Am 14. Februar gingen bei der Scott LCD GmbH die Lichter aus, am 17. Februar nahm die neugegründete Auffanggesellschaft Scott Multimedia GmbH ihre Tätigkeit auf - Sitz und Personal sind identisch. Eigentümer dieser Gesellschaft ist nun allerdings Cornea, als Geschäftsführer fungiert Yong-Sok Tae. Wolfgang Zulauf wird als Vertriebsdirektor geführt und will sich nach eigenem Bekunden künftig vor allem dem Retail-Geschäft widmen.

Auswirkungen auf die restlichen Scott-Gesellschaften gäbe es nicht, und auch ansonsten soll sich in Zunkunft nicht viel ändern, verspricht Zulauf: "Cornea und mir war es wichtig, den Standortvorteil Dessau zu erhalten und weiterhin zu nutzen. Dies konnten wir durch die neue Gesellschaft sicherstellen. Die Scott Multimedia GmbH wird den Personalbestand der Scott LCD GmbH soweit wie möglich übernehmen."

Das neue Mutterhaus ist in Deutschland unbekannt

Den Wettbewerbern ist vor der neuen Scott-Company nicht sonderlich Bange. Der Einstieg von Cornea wird mit einem Schulterzucken, die Ankündigung gemeinsam ein Keyplayer werden zu wollen, mit einem "kühlen Lächeln" quittiert, wie der Geschäftsführer einer Konkurrenzmarke sagt. "Darüber, dass Cornea die Nummer drei sein soll, können wir wirklich nur lachen. Und die Mitarbeiter tun uns Leid, denen werden jetzt wahrscheinlich die wildesten Versprechungen gemacht. Wegen ihnen wäre es wünschenswert, dass Scott tatsächlich aufgefangen wird." Mit einer langfristigen Erfolgsstory rechne er aber nicht: "Scott hieß ja schon öfter mal anders - wir warten gespannt, wie der nächste Name lauten wird."

Wie es überhaupt zum Gang zum Insolvenzgericht kommen konnte, will der Ex-Scott-Chef Zulauf nicht kommentieren. Dafür wähnt sich der Rest der Branche bestens informiert, über die Hintergründe sind verschiedene Versionen im Umlauf. So sei schon vor zwei Jahren das Gerücht, dass Zulauf seine Rechnungen nicht mehr bezahlen könne und deshalb ständig die Lieferanten wechseln müsse, aus Asien nach Deutschland geschwappt, berichtet ein Branchenkenner: "Aber auch diese Jungs spielen miteinander Golf. Irgendwann weiß jeder Bescheid, und dann funktioniert der Lieferantenwechsel nicht mehr."

Zu lange Garantie, zu wenig Rückstellungen

Auch, warum die Rechnungen angeblich nicht mehr bezahlt wurden, glaubt man zu wissen: "Die Unternehmensstrategie war total bescheuert", sagt ein Konkurrent aus der B-Brand-Szene. "Scott fuhr eine extreme Preisschiene und hat gleichzeitig genau so viel oder sogar mehr Garantie als der Rest im Markt auf die Geräte gegeben. Vier Jahre Garantie auf einen Röhrenmonitor - das ist Wahnsinn." Zwar ist Scott im vergangenen Jahr aus dem Röhrenmonitor-Segment ausgestiegen, doch für die Garantie auf die bereits verkauften Geräte musste Scott weiterhin geradestehen. "Erfahrungsgemäß kommt in den ersten Monaten nach dem Verkauf ein gewisser Teil zurück, dann hat man zwei, drei Jahre Ruhe, und dann kommt der nächste Schwung", erklärt der Wettbewerber. Es könnte demnach einiges aus der 2000er-Produktion aufgelaufen sein, man höre jedenfalls, dass bei Scott im Service derzeit ein ziemliches Chaos herrsche. "Röhrenmonitore sind unglaublich hitzeanfällig. Wenn die Qualität nicht optimal war, hatte man plötzlich zehn Prozent der Ware wieder zur Reparatur im Haus." Eine lange Garantie könne daher nur geben, wer ein gutes finanzielles Polster hat. "Scott war aber jahrelang der aggressivste im Markt, da kann man keine Rücklagen bilden", so der Manager. Diesem Problem habe auch schon Natcomp im November 2001 in die Pleite getrieben.

Weitere Schwierigkeiten soll der Rückzug von Geldgebern und Kunden gemacht haben. So war Orion seit 2000 mit einem Gesellschafterkredit von rund drei Millionen Dollar bei Scott involviert, seit November 2002 ist der Lieferant nicht mehr mit an Bord. Man munkelt, das Unternehmen habe sich zurückgezogen und die sofortige Rückzahlung des Millionenkredits gefordert. Möglich ist aber auch, dass Orion ging, weil das Geld bereits zurückgeflossen ist - das halten Insider angesichts der sinkenden Zahlen bei Scott allerdings für eher unwahrscheinlich. Für Aufklärung könnte Wolfgang Zulauf sorgen, doch der Manager wollte sich bis Redaktionsschluss auch dazu nicht äußern.

Sein Schweigen gibt der Gerüchteküche neue Nahrung: Nach 102 Millionen im Jahr 2000, habe Scott 2001 nur noch 81 Millionen Euro Umsatz und 18.000 Euro Gewinn gemacht; das könne nicht gut gehen, munkelt ein weiterer Wettbewerber. "Kaum Rückstellungen, dafür Forderungen in Millionenhöhe. Scott brauchte dringend einen neuen Investor." Es sei zudem aufgefallen, dass der Media-Markt sich neuerdings lieber von Gericom beliefern lässt: "Ein Media-Markt kann sich keine hohen Fehlerquoten leisten. Erstens wegen des eigenen Images und zweitens, weil man bei schlechter Qualität ahnt, dass es der Lieferant nicht mehr lange macht. Und ich kann mir nicht vorstellen dass die Fehlerquoten bei Scott niedrig waren", so ein Wettbewerber.

Scott habe sich einfach zu oft in zu vielen Bereichen versucht, so der Manager. So habe sich der Hersteller zunächst selbst als"Aldi der Monitorbranche" bezeichnet und dann händeringend nach einer einträglichen Nische gesucht. Den Rückzug aus dem Röhrenmonitor-Segment wertet er als eine Art "letztes Aufbäumen": Es sei illusorisch gewesen, zu glauben, dass im LCD-Bereich das Geld leichter zu verdienen sei."Es gab 2001 zwar Preissteigerungen, dennoch ist das ein knallhartes Geschäft. Sich ein schattiges Plätzchen zu suchen kann da keine Strategie sein. Zumal es in der Wüste keinen Schatten gibt."

ComputerPartner-Meinung

Zulauf hat seine Display-Marke Scott in den fetten Jahren gerne als "Aldi der Monitorbranche" bezeichnet. Diese Positionierung hat dem Unternehmen nur geschadet, unter dem Strich blieb - aufgrund eines ruinösen Kräftemessen mit den anderen Anbietern - zu wenig hängen: kaum Rückstellungen, dafür ausstehende Forderungen der OEM-Lieferanten. Die Konsequenz: Ausstieg aus dem CRT-Geschäft und jetzt eine Bankrotterklärung für den LCD-Bereich. Scott wird nicht der letzte Anbieter sein, der sich im laufenden Jahr aus dem Monitormarkt zurückziehen muss. (mf)

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