Difital Equipment: 800 Stellen werden gestrichen

10.01.1998

MÜNCHEN: Gemunkelt wurde schon lange, nun ist es sicher: Bei Digital Equipment Deutschland muß laut Compaq-Beschluß ein Drittel der Belegschaft gehen.An allen Ecken wird gestrafft und eingespart.

Gerrit Huy ließ die Katze aus dem Sack: Rund 800 DEC-Mitarbeiter sind überflüssig. Das ist jeder dritte im Unternehmen. Solche "einschneidenden Maßnahmen" (Zitat Huy) seien notwendig, da DEC im laufenden Geschäftsjahr mit einem operativen Verlust rechnen müsse. Die Kosten im Unternehmen sollen um 30 Prozent gesenkt werden.

Kein Wunder, daß in dem Münchener Unternehmen derzeit die Gemüter überkochen. Dementsprechend panisch klingen auch die Mitarbeiter-kommentare: "Unsere Vertriebsmannschaft soll um die Hälfte reduziert werden, das ist doch das letzte!" ereifert sich ein Verkäufer, der um seinen Stuhl bangt.

Sicherlich ein harter Schlag - doch bei Compaq hat man sich vor allem die Schwachstellen von DEC ange-sehen, und da die härtesten Streichungen vorgenommen. Und der Vertrieb von Digital hatte auch bei seinen Vertriebspartnern und Kunden noch nie den besten Ruf. "Das lag einfach an der Struktur, es gab nie so recht eine zentrale Stelle, die die Koordination der Leute in den Griff bekommen hat", verrät ein Ex-DEC-Mann, der das Boot bereits vor einem Jahr verlassen hat. "Im Grunde ist das, was jetzt passiert, dringend notwendig." Ein DEC-Manager erinnert sich gut an die Zeiten, in denen drei, vier Vertriebsleute unabhängig voneinander beim gleichen Kunden auftauchten - was auch nicht gerade für eine klare Organisation spricht.

Die halbe Vertriebsmannschaft muss gehen

Die Compaq-Chefin relativiert die bekanntgegebenen Zahlen ein wenig: Rund 300 Mitarbeiter seien im Grunde schon wieder untergebracht durch Management-Buy-Out und Ausgliederungen von 230 Arbeitsplätzen in andere Firmen. So wird derzeit beispielsweise das gesamte Service-Geschäft im SME-Bereich (Small and Medium Enterprise) an einen Partner verkauft, mit den Mitarbeitern, versteht sich. Doch der Betriebsrat ist keineswegs besänftigt, denn nach der geplanten Umstrukturierung bleibt von Digital einem Sprecher zufolge nicht mehr allzuviel übrig. Huy sieht das anders: "Digital hat nach wie vor die drei großen Service-Bereiche, von der Produktseite her werden bei DEC das Storage-Geschäft und die High-End-Alpha-Systeme verbleiben." Trennen will man sich vor allem von den Geschäftsfunktionen, die nicht an das deutsche Management berichtet haben, sondern nach USA. Einen Sonderfall bildet das PC- und Servergeschäft - es wird komplett und möglichst mit Mann und Maus bis Mitte nächsten Jahres in Compaq integriert. Deshalb stellt Huy auch bis zu diesem Zeitpunkt keine neuen Leute in diesem Bereich ein, damit keine weiteren Kündigungen notwendig würden, wie sie versichert. Bis zu diesem Zeitpunkt soll die neue Compaq-Struktur stehen: "Sehr vereinfacht dargestellt: Compaq liefert dann die Low-End-Systeme, Digital die High-End-Produkte und Tandem die Very-High-End-Computer. Als Klammer um das ganze herum liegt das Service-Geschäft", beschreibt die Compaq-Chefin.

Cross-Over-Vertriebssverträge angeboten

Für Vertriebspartner bedeutet das: Das klassische Direktgeschäft mit Großkunden für die High-End-Alphas bleibt auch weiterhin direkt. Neu ist eigentlich nur, daß die Fachhändler der beiden Unternehmen Compaq und Digital derzeit sogenannte Cross-Over-Verträge für die indirekt vertriebenen Produkte (Low-End-Alphas und Compaq-Rechner) abschließen können. Laut Huy wird dieses Angebot auch gerne genutzt. Zur finanziellen Situation gab sich Huy zurückhaltend: 1998 würden die beiden Unternehmen in etwa einen konsolidierten Umsatz von 3,3 Milliarden Mark verbuchen können. Bei der Gewinnprognose mußte sie Compaq-CEO Pfeiffer korrigieren, der sich noch Anfang des Jahres felsenfest überzeugt gab, daß "Digital bereits bis Jahresende zum Gewinnwachstum beitragen" werde. Sie gestand für DEC eine Minus-Umsatzrendite von voraussichtlich 5,5 Prozent ein. "Im nächsten Jahr soll die Umsatzrendite bei zehn Prozent liegen." Das sei zwar gerade mal die Hälfte des Benchmarks von 20 Prozent - aber sie sei zuversichtlich, auch den baldmöglichst zu erreichen. (du)

Compaq-Chefin Gerrit Huy: Unpopuläre Maßnahmen, um die Digital-Struktur und das drohende Profitminus in den Griff zu bekommen.

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