Die Zukunft des Channels

Distributoren zwischen den Stühlen

Armin Weiler kümmert sich um die rechercheintensiven Geschichten rund um den ITK-Channel und um die Themen der Distribution. Zudem ist er für den Bereich PCs und Peripherie zuständig. Zu seinen Spezialgebieten zählen daher Notebooks, PCs, Smartphones, Drucker, Displays und Eingabegeräte. Bei der inoffiziellen deutschen IT-Skimeisterschaft "CP Race" ist er für die Rennleitung verantwortlich.
Der Channel wandelt sich: Neue Anbieter drängen auf den Markt, und andere Vertriebswege etablieren sich. Die Distributoren müssen ihre Rolle neu definieren, sonst verlieren sie an Bedeutung.
"Die Forcierung auf das Direktgeschäft ist ein immer wiederkehrendes Phänomen und eine ärgerliche Entwicklung auf dem Markt", Marc Müller, Geschäftsführer Vertrieb bei Tech Data.
"Die Forcierung auf das Direktgeschäft ist ein immer wiederkehrendes Phänomen und eine ärgerliche Entwicklung auf dem Markt", Marc Müller, Geschäftsführer Vertrieb bei Tech Data.
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Der Channel wandelt sich: Neue Anbieter drängen auf den Markt, und andere Vertriebswege etablieren sich. Die Distributoren müssen ihre Rolle neu definieren, sonst verlieren sie an Bedeutung, denn die Wege, wie Produkte zum Kunden finden, sind vielfältig. Das klassische Vertriebsmodell Hersteller-Distributor-Händler-Kunde steht auf dem Prüfstand. Besonders spüren das die Distributoren, denn sie geraten von mehreren Seiten unter Druck: Zum einen etablieren sich E-Tailer zunehmend als Einkaufsquelle für den Fachhandel, zum anderen versuchen Hersteller, mit direkten Vertrieb zum Endkunden oder zum Fachhändler die Grossisten zu umgehen.

Eine aktuelle Online-Umfrage von ChannelPartner zeigt die Bedeutung auf, die die Onliner als Bezugsquelle für den Fachhandel bereits erreicht haben: Rund 80 Prozent der Befragten gaben an, sich neben den Distributoren auch bei E-Tailern mit Ware zu versorgen. "Dies ist ein wachsender Trend, Channel-fremde Player fungieren verstärkt als Distributor", hat auch Marc Müller, Geschäftsführer Vertrieb bei Tech Data, erkannt. Gerade für kleinere Partner seien die Leistungen wie die Auswahl der Zahlungsmethoden oder die Rücksendebedingungen attraktiv. Auch Komsa-Sprecherin Katja Förster rechnet mit einem höheren Stellenwert der Onliner: "Wir gehen davon aus, dass sich der Trend noch verstärkt, sich aber dann auf einem bestimmten Level einpendelt."

Björn Siewert, Geschäftsführer beim Bergheimer Grossisten Siewert & Kau, sieht hier auch die Hersteller in der Pflicht: "Preisvorteile für E-Tailer führen nicht nur zu einem Sub-Markt, sondern untergraben auch die Handelsstrukturen. Wir müssen aufpassen, dass kein intransparenter Vertrieb aufgebaut wird", fordert er. Hans-Jürgen Schneider, Vertriebsleiter bei DexxIT, verweist hingegen auf die klassischen Stärken der Distributoren: "E-Tailer können wichtige Parameter wie Lagerhaltung, Logistik, Finanzierung und sonstige Serviceleistungen nur begrenzt bieten", meint Schneider. Hier müsse die Distribution ansetzen, um ihren Stellenwert zu festigen. Am pragmatischsten sieht Marcus Adä, Vice President Sales bei Ingram Micro, die Situation: "Die großen E-Tailer sind in der Regel auch Kunden der Distributoren und spielen insofern auch eine besondere Rolle", erklärt er. Trotzdem werde man "die Entwicklung genau beobachten".

Konkurrenz durch direkten Vertrieb

"Versuche von Herstellern und Netzbetreibern, saubere Distributionswege zu verlassen und den Fachhandel auszuhebeln, sind nicht hinnehmbar", Uwe Bauer, Vorstand bei Aetka.
"Versuche von Herstellern und Netzbetreibern, saubere Distributionswege zu verlassen und den Fachhandel auszuhebeln, sind nicht hinnehmbar", Uwe Bauer, Vorstand bei Aetka.

Neben E-Tailern machen auch direkte Vertriebsstrukturen den Distributoren zu schaffen. "Die Forcierung auf das Direktgeschäft ist ein immer wiederkehrendes Phänomen und eine ärgerliche Entwicklung auf dem Markt", sagt Tech-Data-Manager Müller. Herstellern sei oft gar nicht bewusst, welchen Schaden sie in ihrem Partnerkanal anrichten. "Der Fachhandel investiert in die Herstellerbeziehung, denken wir nur an die Ausbildung von Mitarbeitern und die erforderlichen Zertifizierungen", merkt Müller an. Allerdings sieht er darin keinen dauerhaften Trend: "Spätestens wenn Hersteller merken, dass sie durch ihren Direktansatz Partner oder Partnerumsätze verlieren, steuern sie wieder zurück in Richtung Channel-Business", glaubt der Tech-Data-Vertriebschef. Manchmal komme der Wandel bereits früher, wenn den Herstellern bewusst wird, dass sie Endkunden nur selektiv betreuen können.

"Die Konvergenz der Produkte verläuft häufig schneller, als die Anwender, der Handel und der Service folgen können", Katja Förster, Sprecherin bei Komsa:
"Die Konvergenz der Produkte verläuft häufig schneller, als die Anwender, der Handel und der Service folgen können", Katja Förster, Sprecherin bei Komsa:

Auch beim TK-Distributor Komsa und der angeschlossenen Fachhandelskooperation Aetka sieht man diese Entwicklung mit Sorge: "Versuche von Herstellern und Netzbetreibern, saubere Distributionswege zu verlassen und den Fachhandel auszuhebeln, sind nicht hinnehmbar", betont Aetka-Vorstand Uwe Bauer. Seine Kollegin Katja Förster sieht darin auch einen Versuch der Industrie, einen größtmöglichen Einfluss auf den Verkauf der Produkte am PoS zu nehmen. "Dabei gehen einige Markteilnehmer auch immer wieder mal so weit, einen PoS online oder offline selbst zu betreiben", weiß die Komsa-Sprecherin. Im Foto- und Unterhaltungselektroniksegment stellt DexxIT-Manager Schneider weniger Direktvertriebstendenzen fest. Eigene Shops der Hersteller sieht er eher als Marktingaktivität: "Das sind Flagship Stores und weniger direkter Wettbewerb, der dem Fachhandel massiv Kunden abspenstig machen würde", glaubt Schneider.

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