E-Business ja, aber es fehlen noch maßgeschneiderte Lösungen

10.05.2002
Mittelständische Unternehmen gelten als "Rückgrat der deutschen Wirtschaft" und sind die neuen Lieblingskunden vieler IT-Hersteller. Ohne zeitgemäße IT-Ausstattung können sie nicht überleben, aber die Auswahl maßgeschneiderter IT-Lösungen scheint stark verbesserungswürdig zu sein. Welche Forderungen sie stellen, zeigt eine Befragung des Marktforschungsinstituts Dialego unter 319 IT-Entscheidern.

Der Mittelstand in Deutschland muss IT-technisch dringend aufrüsten um weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben. Für Technologie-Anbieter bedeutet dieser erhöhte Bedarf an IT-Produkten nach Meinung des Marktforschungsunternehmens Dialego Chance und Herausforderung zugleich. Auf der einen Seite steht ein erhebliches Absatzpotenzial, auf der anderen Seite ist die Industrie gefordert, "mittelstandsgerechte" Lösungen zu entwickeln und anzubieten. Inwieweit diese Forderung auch in den Augen der Mittelständler bislang erfüllt worden ist, stand im Mittelpunkt einer Umfrage unter 319 IT-Entscheidern aus dem Mittelstand.

Immerhin, mit 89 Prozent bejahte die Mehrheit die Frage nach der Existenz spezifischer Mittelstandslösungen. Weniger überzeugt gaben sie sich jedoch bei der Qualität der Angebote: Nur 22 Prozent hielten das bestehende Angebot für befriedigend, 67 Prozent wünschten sich hingegen mehr wirklich passende Lösungen. Nach Ansicht der Dialego-Analysten besteht hier noch ein starker Anpassungsbedarf an die besonderen mittelständischen Strukturen.

Was versteht der Mittelstand unter E-Business?

Neben der Einrichtung von Hightech-Telefonanlagen und Mobilfunksystemen sowie der Vernetzung von Unternehmen spielt auch die Implementierung einer Plattform für E-Business eine zentrale Rolle. Denn der Druck auf den Mittelstand, ins E-Business zu investieren, wächst beständig. Dreiviertel der Umfrage-Teilnehmer bestätigten diese Aussage. Immerhin fast ein Fünftel gab jedoch einschränkend an, man könne eigentlich problemlos auf E-Business verzichten, wäre nicht der Druck seitens der Großunternehmen so hoch.

Der Einstieg ins E-Business ist nicht nur eine Frage des Geldes. Die Unternehmen benötigen darüber hinaus kompetentes Personal. Und in diesem Bereich steht gegenwärtig nicht alles zum Besten, meint rund die Hälfte der Befragten. Rund 65 Prozent glauben, dass der Mittelstand derzeit nicht über ausreichende Personalressourcen verfügt - insbesondere im mittleren Management. Von diesen Befragten vertraten wiederum 47 Prozent die Ansicht, daran werde sich auch so schnell nichts ändern. Knapp ein Fünftel (18 Prozent) gab sich da schon optimistischer: Sie glauben, dass sich das Personalproblem bereits innerhalb der nächsten Monate erledigen wird. Für 32 Prozent der Umfrage-Teilnehmer bilden die finanziellen Mittel die größte Hürde in das E-Business.

Auch wenn sich gerade der Mittelstand derzeit bei der Geldbeschaffung einem erheblichen Wettbewerb ausgesetzt sieht - verursacht unter anderem durch die neuen Baseler Eigenkapitalrichtlinien - so sind einige Investitionen doch unerlässlich. Die strategisch wichtigsten Bereiche einer Investition sind nach Einschätzung der Befragten CRM und die IT-Sicherheit. Supply Chain Management scheint hingegen nur eine untergeordnete Rolle zu spielen. Aber das ist alles relativ. Ist ein Mittelständler Zulieferer, beispielsweise der Automobil- oder Chemie-Industrie, wird nach Ansicht von Karl Milojkovic, Leiter Unternehmensbereich Mittelstand bei Compaq, Supply Chain Management der wichtigste Bereich sein. Für andere ist er absolut unwichtig. Milojkovic sieht, ähnlich wie Wolfgang Ebermann, Director Mittelstand und Mitglied der Geschäftsleitung bei Microsoft, vor allem in der IT-Sicherheit den wichtigsten Bereich für Investitionen. Ähnlich hoch setzte Ebermann aber auch die Bedeutung der Geschäftsprozess-Optimierung (intern und extern) durch ERP. Dem kann Andreas Pohlmann, Geschäftsführer der Sotec GmbH, First-Tier-Partner von IBM, nur zustimmen. "Große Kunden verlangen eine IT-basierte Anbindung externer Partner und Lieferanten. Die wollen keinen Telefonhörer mehr in die Hand nehmen", erklärt Pohlmann. Auch Wolfgang Herrmann, Verantwortlicher für Lösungsmarketing bei HP, bestätigt die Wichtigkeit von ERP. Der Bedarf des Mittelstandes aus der Sicht von HP sei vor allem bei der Erneuerung historisch gewachsener ERP-Anwendungen sichtbar sowie bei maßgeschneiderten Branchenlösungen, etwa Add-ons, bestehend aus CRM und E-Procurement. Auch Dieter Krauss, Vorstand der Ibex AG, sieht in CRM den Bereich mit dem höchsten Investitionspotenzial, gefolgt von Wireless Solu-tions und ERP.

Alle Befragten waren sich jedoch in einem einig: Ganz oben auf der Prioriätenliste steht die Beratungsleistung des Integrators, sprich dem Fachhandelspartner. Er sorgt für die individuelle Anpassung der angebotenen Mittelstandslösungen.

www.dialego.de

ComputerPartner-Meinung:

Der Mittelstand wird von allen Seiten massiv umworben. Er gilt als Wachstumsmotor der (IT)-Wirtschaft und ist ein wahrer Diamant - leider jedoch ein ungeschliffener. Hersteller wie Fachhandelspartner müssen sich in diesem zukunftsträchtigen Kundensegment noch auf viel Arbeit einstellen. Auch wenn der Mittelstand Ansprüche wie die Großen stellt, er tickt ganz anders. Und nur wer seine Sprache wirklich versteht und auch spricht, hat eine reelle Chance, seinen Anteil an diesem riesigen Kuchen zu bekommen. (go)

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