E-Commerce-Software: gebremstes Wachstum in den nächsten Jahren

26.10.2000
Die Euphorie des E-Commerce hält weiterhin an, allerdings zeigen sich am Horizont die ersten Ermüdungserscheinungen. Der große Run auf die notwendige Software flaut allmählich ab, und die Wachstumsraten pendeln sich laut Marktforschung auf ein nachvollziehbares Maß ein.

Der Einstieg in das E-Commerce-Geschäft ist ohne die entsprechende Software nicht möglich. Die frenetischen Umsatzprognosen aus der Anfangszeit der Internet-Ära locken offensichtlich noch immer viele Händler. Doch die Euphorie macht erwartungsgemäß allmählich realistischen Kalkulationen Platz.

Anstatt vom großen Geschäft mit dem Endkonsumenten zu träumen, werden jetzt die Investitionen für die E-Commerce-Anwendungen auf das Business-to-Business-Geschäft sowie Content- und Trading-Communities konzentriert. Dieses entspricht den Prognosen der führenden Marktforschungsinstitute für das neue Jahrtausend.

Serviceoptimierung und Marktpräsenz dominieren

Speziell der europäische Markt für E-Commerce-Software wird in den nächsten Jahren kräftig wachsen, ohne allerdings die optimistischen Erwartungen zu erfüllen. Laut einer neuen Studie der Unternehmensberatung Frost & Sullivan wird der Umsatz von 267,3 Millionen Dollar 1999 auf 2,5 Milliarden Dollar im Jahr 2006 klettern. Eine solche Steigerungsrate von mehr 120 Prozent ist bezeichnend für junge und unreife Märkte wie den Bereich der E-Commerce-Software. Primär investieren die Unternehmen in die eigene Wettbewerbsfähigkeit. Dabei spielen neben den allgemein üblichen Kostenreduktionen auch die verbesserte Marktpräsenz und vor allem die Serviceoptimierung eine wichtige Rolle.

Zur Verbreitung des E-Commerce trägt der parallel dazu verlaufende technische Fortschritt zur Expansion des Marktes bei. Während noch immer die relativ langsamen Analogmodems weit verbreitet sind und die damit verbundene geringen Datenübertragungsraten den einen oder anderen Händler nicht zum Eintritt in das E-Business bewegen können, stehen neue Technologien wie X-DSL und Breitbandübertragung parat, um auf breiter Front genutzt zu werden und damit gleichzeitig neue Anbieter und Endkonsumenten ins Internet zu locken. Die ständig fallenden Verbindungskosten tun dabei ihr Übriges, um den Markt weiter expandieren zu lassen. Wachstumshemmend wirken nach wie vor die hohen Integrationskosten und Sicherheitsprobleme.

Mittelstand hinkt hinterher

Mit ihren marktstrategischen und finanziellen Möglichkeiten spielen Großunternehmen eine Vorreiterrolle bei der Institutionalisierung von Geschäftsabwicklungen über das Internet. Im Jahre 1999 investierten die Großen der Branche 201,4 Millionen-Dollar in E-Commerce-Software, innerhalb der kommenden sechs Jahre soll sich das Volumen verzehnfachen und im Jahre 2006 auf zwei Milliarden Dollar ansteigen. Im Gegensatz dazu entwickelt sich das Marktsegment der Software für mittelständische Unternehmen im gleichen Zeitraum auf 464,5 Millionen Dollar.

Die klassischen europäischen Vorreiter Großbritannien und Deutschland werden ihre Marktanteile behaupten und zum Teil auch ausbauen können. Im Gegensatz dazu wird vor allem Skandinavien in den nächsten Jahren Marktanteile an Frankreich und Italien verlieren. Dies ist nicht verwunderlich, schließlich gehörten die skandinavischen Länder zu den ersten Nutzern des Internets im großen Format, so dass sich alleine durch die geringe Bevölkerungsdichte und die anfangs starke Akzeptanz eine schnelle Marktsättigung einstellen dürfte.

Bei Bekanntheit und Marktanteilen liegen die Unternehmen, die ausschließlich E-Commerce-Software anbieten, vorn. Zu ihnen gehören bekannte Namen wie Broadvision, Intershop und Open Market. Allerdings spielen etablierte Softwarefirmen wie Microsoft, Oracle und IBM eine zunehmend bedeutendere Rolle. Ihre Finanzkraft, ihre Erfahrung im operativen Geschäft und ihre bestehenden Vertriebsnetze ermöglichen ihnen eine schnelle Marktdurchdringung, bei der die Bekanntheit ihrer Marken zusätzlich von Nutzen ist.

Aufgrund der begrenzten Aufnahmekapazität des Marktes sehen die Analysten von Frost & Sullivan eine Konsolidierungsphase in diesem Marktsegment als unvermeidbar an, dessen Prozess voraussichtlich innerhalb der nächsten 24 Monate einsetzen wird. Dem tragen die mangelnden technischen Unterschiede der angebotenen Produkte zusätzlich Rechnung, so dass die Kaufentscheidung unter weitläufigeren Aspekten wie Benutzerfreundlichkeit, Zahl der Funktionen und intensive Markenwerbung gefällt wird. (lsl)

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