Ecto und AAP - HP macht's vor, wie es bei IBM künftig funktionieren soll

28.05.1998

AAP und Ecto - zwei Programme, ein Ziel: Die Assemblierung von Marken-PCs, die individuell nach Kundenwünschen bei Distributoren oder großen VARs zusammengeschraubt werden. Doch während bei IBMs Authorized Assembler Program (AAP) noch einiges im argen liegt, ist Hewlett-Packard mit ihrem Konzept Extended Configuration To Order (Ecto) schon gut unterwegs. Christoph Hildebrandt, deutscher PC-Chef bei IBM, und Kurt Sibold, Mitglied der Geschäftsleitung bei HP, nehmen Stellung.

? Wie viele PCs haben Sie seit dem Start der Kooperation über Ihre Distributoren assemblieren lassen?

HILDEBRANDT: Das ist schwer zu sagen, weil die Zusammenarbeit mit Macrotron erst einmal als Pilotprojekt ausgelegt war. In dieser Phase mußten wir die Prozesse einer IBM mit der einer Macrotron abstimmen - und das ist sehr aufwendig und kostet Zeit. Aller Anfang ist eben schwer. Nun sind die Probleme aber beseitigt, und wir können ab Mitte des Jahres voll durchstarten.

SIBOLD: Actebis ist Ecto-Partner der ersten Stunde und assembliert seit Herbst 1996 Modelle der HP-Vectra-PC-Familie. Im Dezember vergangenen Jahres haben wir das Channel-Assembly-Modell um unsere HP-Brio-PC-Linie erweitert, die von CHS (Frank&Walter) individuell nach Kundenwunsch konfiguriert wird. Seit Beginn des Ecto-Programms wurden von Actebis und CHS insgesamt 40.000 PCs assembliert, was knapp 20 Prozent unseres Gesamtabsatzes im Markt professioneller Desktop-PCs in Deutschland ausmacht.

? Welchen Absatz streben Sie für 1998 an?

HILDEBRANDT: Genaue Zahlen kann ich nicht nennen. Nur so viel: In den USA werden bereits heute 30 Prozent des professionellen PC-Geschäfts über AAP-Partner realisiert. Diese Größenordnung streben wir für Europa und damit auch für Deutschland an.

SIBOLD: Unser Ziel ist es, im Jahr 1998 in Deutschland insgesamt 60.000 PCs über Ecto und damit über Channel Assembly zu fertigen und zu vertreiben.

? Wie wird das Konzept vom Fachhandel angenommen?

HILDEBRANDT: Ich glaube, daß die Händler aufgrund der Pilotphase im Moment noch relativ wenig davon spüren. Wenn die ganze Geschichte aber richtig ins Rollen kommt, wird es einige Vorteile für den Fachhandel geben. Zumal Macrotron in der Assemblierung recht flexibel ist und zum Beispiel auch Fremdprodukte, die allerdings von uns geprüft werden, in die PCs einbauen kann.

SIBOLD: Ausgezeichnet, wie die Zahlen belegen. Durch Ecto können HP-Fachhändler ihren Kunden Brio- und Vectra-Modelle in nahezu jeder Konfiguration anbieten und innerhalb von 48 Stunden liefern. Die Bestellung geht online zum Distributor, der nach Auftragseingang den Ecto-PC individuell assembliert. Ecto bedeutet für den Fachhändler eine risikolose Vergrößerung der Angebotspalette bei gleichzeitig schnellerer Lieferbarkeit.

? Werden Sie weitere Distributoren oder Corporate Reseller in den Assembler-Kreis aufnehmen?

HILDEBRANDT: Ja, wir werden noch in diesem Jahr einen weiteren Distributor und einen Corporate Reseller als neue AAP-Partner benennen. Wer das sein wird, kann ich noch nicht sagen. Es werden aber Partner sein, die über die Ländergrenzen hinaus operieren, denn wir wollen bei der PC-Assemblierung auch paneuropäisch arbeiten.

SIBOLD: Ja, wir werden den Kreis unserer Partner erweitern - wir rechnen mit etwa einem neuen Partner alle sechs Monate. Für konkrete Namen ist es momentan jedoch noch zu früh.

? Was macht die PC-Assemblierung durch Distributoren eigentlich so attraktiv?

HILDEBRANDT: Wir als Hersteller können dadurch sowohl näher als auch schneller am Markt agieren. Und der Distributor profitiert vom Markennamen und den Einkaufskonditionen.

SIBOLD: Die Vorteile für alle Beteiligten: Der HP-Endkunde profitiert von einer schnelleren Belieferung sowie einer individuell auf Kundenwunsch abgestimmten Konfiguration, unsere Handelspartner von geringer Lagerhaltung, hundertprozentiger Verfügbarkeit und niedriger Kapitalbindung. Für uns als Hersteller bedeutet Ecto weniger Lagerwertausgleich, hohe Verfügbarkeit und kaum Abschreibungsbedarf.

? Wie schätzen Sie allgemein den deutschen Markt für PC-Assemblierung ein?

HILDEBRANDT: Die Assemblierung wird eine Key-Strategie der nächsten Jahre sein. Außer der IBM ist auch noch Hewlett-Packard gut gerüstet. Compaq ist aus meiner Sicht abgeschlagen. Neben den PCs und den Workstations werden wir künftig auch Server und Notebooks assemblieren lassen.

SIBOLD: Der deutsche Markt der PC-Assemblierer ist der größte in Europa. Doch dieser ist gekennzeichnet durch eine zunehmende Verunsicherung, veranlaßt etwa durch die EMV-Verordnung oder die IBM-Lizenzgebühr. Zudem wird für den "selbstschraubenden" Händler das Geschäft immer unrentabler, da sich die Preispunkte generell nach unten bewegen. Beim PC-Fachhandel entsteht ein zunehmendes Bedürfnis nach Sicherheit.

IBM-PC-Chef Christoph Hildebrandt: "Aller Anfang ist eben schwer."

HP-Manager Kurt Sibold: "Für den selbstschraubenden Händler wird das Geschäft immer unrentabler."

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