Ein Trauerspiel, aber kein Trauerfall

09.10.1998

Fast ein Jahr lang war die Stelle des Chief Financial Officer (CFO) bei Big Blue vakant. Dann holte IBM-Chef Louis Gerstner Ex-MCI-Finanzchef Douglas Maine an Bord. Der hat den IT-Riesen IBM mal etwas gründlicher untersucht und dabei festgestellt, daß er an einigen Stellen zu dick geworden ist. Jetzt soll er offensichtlich abspecken. Für unprofitable Bereiche werden neue Käufer gesucht, wissen Insider zu berichten. So soll beispielsweise die Veräußerung des weltweiten Telekommunikationsnetz "Global Network" rund vier Milliarden Dollar in die Kriegskasse spülen. Auch die Druckerabteilung steht angeblich immer noch zur Disposition. Schon einmal hatte Big Blue 1991 ihre Printerdivision in Form eines "Spin-off" unter den Hammer gebracht, die Lexmark International ging aus ihr hervor.Anfangs eher belächelt, hat sich das Unternehmen mittlerweile einen Namen im Markt gemacht und rangiert weltweit hinter Hewlett-Packard an zweiter Stelle. Das hat die Armonker wohl auf den Geschmack gebracht, wieder in dieses Geschäft einzusteigen. Bewaffnet mit aufgepeppter OEM-Ware von Xerox und Canon, wollte man sich einen respektablen Platz erkämpfen, wieder ganz vorne mitmischen. Vollmundig trat Frank Wuschech, von IT-Grossist Actebis kommend, seinen Dienstposten als Chef des deutschen IBM-Druckergeschäfts an. Einen Marktanteil im Produktsegment Netzwerkdrucker von zehn Prozent binnen zwei Jahre hielt er für durchaus machbar. Dieses Ziel wurde bis heute nicht mal annähernd erreicht, Wuschech haben die schlechten Ergebnisse anscheinend sogar den Kopf gekostet. Das Erbe trat im März dieses Jahres Dieter Weißhaar an, der bis dato aber auch noch keine Kehrtwende herbeiführen konnte.

IBMs anhaltende Erfolglosigkeit im Netzwerkdruckermarkt kommt aber nicht von ungefähr. Die Zusammenarbeit mit Distributoren wie Händlern wird von den Partnern immer wieder als katastrophal bezeichnet - ein Trauerspiel eben. Wenig attraktive, überteuerte Produkte, schleppende Distribution sowie Direktvertrieb fördern bei Wiederverkäufern nicht gerade die Bereitschaft, ihren Kunden IBM-Drucker zu empfehlen. So gut wie kein Geschäft würde man mit diesen Printern machen, sagen selbst Händler, die sich auf den Vertrieb von Netzwerkdruckern spezialisiert haben.

Allenfalls die Klientel von AS/400- oder RS/6000-Maschinen sieht sich genötigt, auf diese Produkte zurückzugreifen, da sie geeignete Anschlußmöglichkeiten bieten. Doch auch hier haben die Mitbewerber bereits eine Menge dazugelernt, viele ihrer Printer bieten diese Funktion ebenfalls an. Auch an eine Komplettierung der Produktpalette wird nicht gedacht. Laserprinter mit einem Seitenausstoß unterhalb von 15 Seiten sollen auch in Zukunft nicht angeboten werden. Von Tintenstahlern will man überhaupt nichts wissen. Einzig und allein im Nischenmarkt der Matrix- und Produktionsdrucker hat IBM noch ein Wörtchen mitzureden. Doch diese Geräte kosten bis zu einer Million Mark und mehr, werden deshalb nur hin und wieder im Projektgeschäft zusammen mit einer Lösung verkauft und das zumeist von Big Blue selbst.

Zwar soll das zugehörige Service- und Wartungsgeschäft - das immerhin rund zwei Drittel des Umsatzes der Drucker-Division ausmacht - nun auch verstärkt den Partnern zugänglich gemacht werden, doch das Angebot ist letztlich nur für einige, spezialisierte VARs interessant. Die Masse der Fachhändler wird auch hier kein zusätzliches Geld mit dem Verkauf von IBM-Druckern oder Dienstleistung machen können. Egal ob die Printer-Abteilung verkauft oder in die Selbständigkeit entlassen wird, kaum ein Händler wird darüber trauern.

Christian Meyer

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