Eine Milliarde Euro mehr Umsatz

05.11.2004
Dem deutschen Einzelhandel geht es gar nicht gut. Neben Hartz IV verschärfen jetzt zusätzlich die Schwierigkeiten von KarstadtQuelle die Situation. Dennoch glaubt der HDE an ein erfolgreiches Weihnachtsgeschäft. Von ComputerPartner-Redakteurin Ulrike Goressen

2004 war kein gutes Jahr für den deutschen Einzelhandel. In den ersten acht Monaten hat er nominal erneut 1,2 Prozent Umsatz verloren. Das berichtete Hermann Franzen, HDE-Präsident, auf der diesjährigen Jahresversammlung des Einzelhandelverbandes in Berlin.

Dennoch bekräftigte er die HDE-Prognose, bis zum Jahresende "noch ein gutes Stück Boden gutzumachen" und 2004 nur mit einem Umsatzrückgang von 0,5 Prozent abzuschließen. Denn der deutsche Einzelhandel habe zwar das Jahr 2004 abgeschlossen, nicht aber das Weihnachtsgeschäft. So wollen die deutschen Einzelhändler im November und Dezember insgesamt eine Milliarde Euro mehr umsetzen als im Vorjahr.

Shoppingcenter sind der Tod des Einzelhandels

Trotz der konjunkturbremsenden Auswirkungen von Arbeitslosigkeit, Hartz IV und Lohnverzicht bleibt der HDE bei seiner optimistischen Prognose für das Jahresendgeschäft. Der Hauptgrund: Schon immer saß den Konsumenten vor Weihnachten das Geld etwas lockerer in der Tasche. Zusätzlich hofft Franzen darauf, dass die Verunsicherung über Hartz IV, die die Verbraucher seit Juli regelrecht gelähmt hätten, nun langsam abklingt. Des Weiteren gebe es dieses Jahr zwei zusätzliche Werktage, an denen die Konsumenten einkaufen könnten.

Der Fall Karstadt/Quelle hat laut Franzen einen guten Effekt: Er lenke den Blick der Öffentlichkeit auf den Standort Innenstadt. Dieser stecke seit Beginn der 90er-Jahre in der Krise, da er permanent an Bedeutung verlöre. Auf der grünen Wiese würden hingegen immer mehr Verkaufsflächen entstehen, die den Kunden mit kostenlosen Parkplätzen anlocken. Laut Franzen liegt der Großteil der aktuell rund 18 Millionen Quadratmeter Einzelhandelsfläche, die seit 1995 entstanden sind, außerhalb der Städte.

Aber das sei nicht allein der Grund für die Krise im Einzelhandel; auch innerhalb der Städte machte der HDE-Präsident falsche Planungen aus. So gebe es derzeit in Deutschland insgesamt 352 Einkaufcenter mit einer Gesamtfläche von über zehn Millionen Quadratmetern. Im Schnitt seien das 31.550 Quadratmeter pro Center. In den nächsten Jahren würden weitere 71 neue Shoppingcenter mit insgesamt 2,3 Millionen Quadratmetern entstehen. Ein Großteil davon hat nach Franzens Ansicht negative Folgen für die Geschäfte in den umliegenden Einkaufsstraßen, anderen Stadtteilen und Nachbargemeinden.

Deshalb verlangt er im Namen des Standorts Stadt von den Kommunen, dass nur dann Einkaufszentren genehmigt werden sollten, wenn sie keine negativen Auswirkungen auf den innerstädtischen Handel haben.

Zur Untermauerung dieser Forderung listete Franzen auf der Jahresversammlung erschre-ckende Zahlen auf: Während die Verkaufsflächen in den letzten zehn Jahren um 25 Prozent zunahmen, stagnierten aber gleichzeitig die gesamten Einzelhandelsumsätze. In der Folge sank somit die Flächenproduktivität rapide.

Lag diese im Jahr 1993 noch im Schnitt bei 4.100 Euro pro Quadratmeter, waren es 2003 nur noch 3.224 Euro. Als Konsequenz würde sich die Konkurrenz zwischen den Standorten verschärfen. Dabei müsste jedoch nicht immer der Standort City den Kürzeren ziehen, wie Franzen weiter erklärte. So konnten im ersten Halbjahr 2004 immerhin 29 Prozent der innerstädtischen Einzelhändler ihren Umsatz im Vergleich zu 2002 steigern.

Meinung der Redakteurin

Die Situation des Einzelhandels ist prekär, aber nicht hoffnungslos. Selbst in direkter Nachbarschaft eines Shoppingcenters können motivierte Einzelhändler bestehen und sogar sehr erfolgreich sein. Sie müssen sich jedoch durch individuellen Mehrwert wie Spezialwissen und ausgewähltes Sortiment von den Massenanbietern unterscheiden.

Die Preisträger des Jahres

Der HDE mag noch so sehr über die "Geiz ist geil"-Mentalität der Kunden wettern: Wenn ein Handelsunternehmen diese Denkweise nicht nur initiiert hat, sondern daraus auch noch wirtschaftlichen Erfolg erzielen kann - übrigens auch in City-Lagen -, ist es schon eine Ehrung wert.

Deshalb zeichnete Hermann Franzen, HDE-Präsident, im Rahmen des diesjährigen Handelstages den geschäftsführenden Gesellschafter der Media-Saturn Holding GmbH, Leopold Stiefel, für "bestes Handelsmanagement" aus.

Der "Deutsche Handelspreis" ging dieses Jahr an das mittelständische Filialunternehmen Butlers Josten Handel und Franchise GmbH und Co. KG. Mit dem "Lifetime Award" wurde OBI-Gründer Manfred Maus für sein Lebenswerk geehrt.

Zur Startseite