London/Mainz (pte/07.09.2009/13:45) - Eltern sind der "Schwachpunkt" beim Schutz der Kinder vor Online-Gefahren wie sexuellen Übergriffen. Diese Ansicht vertritt der für Jugendschutz im Web verantwortliche britische Polizeichef Jim Gamble in einem aktuellen Interview mit der Times. Zu viele Erziehungsberechtigte würden sich hinter "technologischer Ignoranz" verstecken, anstatt sich mit Ratschlägen auseinanderzusetzen, wie sie ihre Kinder entsprechend vor Internet-Bedrohungen schützen könnten. Der Chef des Child Exploitation and Online Protection Centre (CEOP) http://www.ceop.gov.uk kritisiert, dass Eltern zwar viel darüber reden würden, dass die Kinder im Web geschützt werden müssten. De facto würden sie jedoch keineswegs danach handeln, wie es vonseiten der Behörden und Jugendschutz-Gruppen geraten wird.
"Es ist zu einfach zu sagen: Oh, ich kenn mich nicht mit der Technik aus. So viele Erwachsene gehen auch online und buchen zum Beispiel ihren Urlaub dort", so Gamble. Wenn es allerdings darum gehe, sich damit zu beschäftigen, wie das eigene Kind im Web geschützt werden kann, würden die meisten Leute die zur Verfügung stehenden Informationen nicht entsprechend anwenden. CEOP verzeichnete im vergangenen Jahr rund 2.500 Meldungen über Fälle, in denen Kindern online einer Bedrohung ausgesetzt waren. Dabei kam allerdings etwa die Hälfte davon nicht von Erziehungsberechtigten, sondern von Teenagern unter 18 Jahren. 89 Prozent davon wiederum drehten sich um sexuelle Übergriffe von Pädophilen.
"Oftmals wissen Eltern nicht darüber Bescheid, welche Gefahren für ihre Kinder im Internet lauern können. Deshalb haben wir auch eine Ratgeberreihe gestartet, die Eltern über solche Gefahren und mögliche Gegenmaßnahmen aufklärt", sagt Thomas Günter, Justiziar bei jugendschutz.net http://www.jugendschutz.net , gegenüber pressetext. Dass sexuelle Übergriffe im Netz auf die leichte Schulter genommen werden, glaubt er nicht. "Den Eindruck habe ich in Deutschland generell nicht. Insbesondere die gesetzlichen Änderungen in den letzten Jahren (Stichwort: Änderungen im Sexualstrafrecht und beim Vorgehen gegen sogenannte Posenangebote im Internet) zeigen, dass dies nicht der Fall ist", so Günter. Das Vorgehen in diesem Bereich sei auch ein Schwerpunkt der erfolgreichen Arbeit von jugendschutz.net.
Wie aus dem aktuellen CEOP-Jahresbericht hervorgeht, werden vor allem Social Networks Schauplatz sexueller Übergriffe auf Minderjährige. Die Bedrohung nimmt außerdem zu, weil Netzwerke, Instant Messaging sowie mobiler Webzugang die Grenzen zwischen Offline- und Online-Welt zunehmend verschwimmen lassen. "Eltern müssen wissen, was hier passiert und wovon die Bedrohung ausgeht. Es geht nicht um Pädophile, die Fotos sammeln, es geht um Sexualstraftäter, die das Web benutzen, um ihre Opfer zu finden", warnt Gamble. Viele Eltern würden allerdings die Konfrontation mit den Gefahren scheuen und auch keinen Rat suchen, da sie "unfähig seien, sich mit der harten Realität auseinanderzusetzen". (pte)