Erfindergeist belohnen

02.10.2003
Ronald Wiltscheck rwiltscheck@computerpartner.de

Patente wurden einst eingeführt, um die intellektuelle Leistung bei der Erfindung von neuen Produkten und Technologien zu honorieren. Im Maschinenbau oder in der Pharmaindustrie ist diese Vorgehensweise akzeptiert. Software ist dagegen noch kaum patentierbar. Gegner einer Neuregelung argumentieren, computerlesbare Programme wären mit dem Urheberrecht ausreichend geschützt. Sie wären demnach nichts anderes als Bücher, Musikstücke und Filme.

Zum größten Teil stimmt dies: Software wird lediglich funktionell erweitert und verfeinert. Das an sich ist noch keine intellektuelle Leistung, die man als "Erfindung" bezeichnen könnte. Dennoch gibt es einen grundlegenden Unterschied zwischen Software und Musik oder Film: Was wäre, wenn ich heute eine völlig andere Methode der Programmierung "erfinden" würde? Nichts Objektorientiertes, sondern etwas völlig Neues? Warum dürfte ich nicht Patentschutz für eine komplett neue Programmiersprache einfordern? Technologiesprünge dieser Art sind beim Verfassen von Romanen oder Komponieren eher nicht zu erwarten. Daher sollte ein grundsätzlicher Fortschritt in der Methodik des Entwerfens von Computerprogrammen unbedingt patentrechtlich geschützt werden. Geeignet hierfür wäre zum Beispiel ein in Software gegossenes "Quanten-Computing" als Weiterentwicklung der Fuzzy-Logik. Auch eine neue Art des Programmierens von echten Parallelanwendungen für Multiprozessormaschinen könnte durchaus patentwürdig sein.

Angesichts der zahllosen Patente, die heute für Nichtigkeiten erteilt werden, sollte die Softwareindustrie mit gutem Beispiel vorangehen und nur tatsächlichen "Neuerfindungen" diese Ehre zukommen lassen. Ein zeitlich beschränkter Patentschutz würde eine neue Technologie nicht behindern, sondern sie eher antreiben. Erfindergeist sollte belohnt werden - sowohl materiell als auch ideell.

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