ERP-Softwarehaus wendet sich von Microsoft ab

17.10.2002
Die Stimmung unter den auf Microsoft-Infrastruktur aufsetzenden ERP-Herstellern hat sich nach der Übernahme von Navision durch die Redmonder verschlechtert. Der ehemalige Microsoft-Solution-Provider Godesys setzt anstelle des Datenbankservers "SQL" schon länger auf Oracle-Plattformen.

Schluss mit lustig:"Wir begreifen Microsoft zunehmend als Wettbewerber", sagt Godelef Kühl, Geschäftsführender Gesellschafter bei dem Hersteller von Unternehmenssoftware Godesys. Spätestens seit der Übernahme von Navision realisieren Independent Software Vendors (ISVs) und Solution Provider der Redmonder (MSPs), dass der Softwareriese ein Stück von ihrem Umsatz-Kuchen haben möchte. Doch das soll nach Ansicht von Kühl möglichst klein bleiben: "Ich sehe nicht ein, Microsoft und seine Navision-Vertriebspartner mit zu ernähren."

Deshalb hat der ehemalige Solution Provider der Redmonder den Verkauf des SQL-Datenbankservers der Gates-Company auf null zurückgefahren. Der ERP-Hersteller zertifizierte sich bei Oracle für dessen Datenbankplattform. Doch auch der Godesys-Chef weiß, dass er an dem Softwareriesen aus Redmond nicht ganz vorbeikommt. "Bis 2005 werden unsere Anwendungen Dotnet-fähig sein", erklärt Kühl, betont aber: "Wir adaptieren schon heute die jeweiligen Stufen wie XML-Fähigkeit."

Doch nicht nur Microsoft, auch der Marktführer bei Unternehmenssoftware SAP macht dem mittelständischen ERP-Hersteller aus dem Westen Deutschlands das Leben schwer. Seitdem die Walldorfer ankündigten, mit einem dedizierten Produkt kleine und mittelständische Unternehmen über einen indirekten Kanal zu adressieren, sind qualifizierte Vertriebspartner umworben wie lange nicht. Und genau die sucht auch Godesys.

Das Partnerprogramm lebt neu auf

Das Softwarehaus hatte in seiner Vergangenheit schon einmal 25 Vertriebspartner unter Vertrag. Doch 1997 sortierte Kühl seinen Channel aus: Von 25 Wiederverkäufern blieben nur sechs übrig. "Nur die haben Umsatz gebracht", teilt Kühl mit. Der Godesys-Chef räumt allerdings ein, das Partnergeschäft damals halbherzig betrieben zu haben. Heute sei dasanders: "Wir fokussieren diesen Vertriebsweg."

Um den Worten auch entsprechen-de Taten folgen zu lassen, warb Godesys für den Aufbau und die Umsetzung des Programms Günter Lake (45) als Leiter des Partner-Managements an. Lake arbeitet seit dem 1. September 2002 bei Godesys und war davor in gleicher Position für die Produkte "Vionis" und "Comet" der Systec AG verantwortlich. Während seiner beruflichen Laufbahn durchlief Lake auch Unternehmen wie die Baan Midmarket Solutions GmbH und die Siemens Nixdorf Informationssysteme AG.

"Wir wählen unsere Partner regional und brachenspezifisch so aus, dass sie im Markt nicht mit anderen Resellern von "SO: Business Software" in Konkurrenz treten", hebt Lake hervor. Das Vertriebsprogramm sieht zwei Ausbaustufen vor. In der ersten unterstützen Consulting-Partner bestehende Kunden beim Einsatz der ERP-Software und erhalten dafür eine Provision. Die zweite konzentriert sich auf Wiederverkäufer (Business- und Branchenpartner), die Lösungen eigenständig vermarkten und implementieren. Branchenpartner unterstützt Godesys bei der Entwicklung vertikaler Lösungen mit einem eigenen Toolset.

www.godesys.de

ComputerPartner Meinung:

Für kleine Softwarehäuser wie Godesys wird es eng im Markt. Sie sind genau das, was die großen Hersteller als Vertriebspartner unter Vertrag nehmen möchten: Microsoft, damit sie auf Basis ihres Dotnet Business Frameworks entwickeln, und SAP, um von ihnen vertikale Lösungen auf Grundlage ihrer Mittelstandssoftware zu erhalten. Doch nicht jeder Independent Sofware Vendor ist gewillt seine Eigenständigkeit aufgeben. Aber wer weiter auf eigenen Füßen stehen möchte, der muss seine installierte Basis vergrößern, um Entwicklungskosten zu finanzieren. Ohne indirekten Vertrieb ist das mit hohen Kosten und entsprechenden Risiko verbunden. Interessierte Channel-Partner müssen abwägen, ob ihnen die höhere Investitionssicherheit bei Microsoft und SAP wichtig ist oder sie auf einen kleinen Hersteller setzten, der ihnen eine individuellere Betreuung ermöglicht. (hei)

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