"Escom, Schadt und Comtech scheiterten mit ihren Konzepten"

08.02.2001
Die schlechten Nachrichten häufen sich: Comtech macht im Juni dicht, das als solide bekannte Familienunternehmen Brinkmann stellt Insolvenzantrag, und bei Vobis ist immer noch kein Investor in Sicht.

So manchen gut unterrichteten Branchenkenner traf’s letzte Woche wie ein Schlag: Das als "solide" angesehene Familienunternehmen Brinkmann hat sich übernommen. 41 Filialen im Norden der Republik stehen damit vor dem Aus. Wettbewerber und Lieferanten zeigten sich geschockt (siehe Kasten).

Die nächste PC-Kette, die vom deutschen Markt verschwindet, wird wohl Comtech sein: "Am 30. Juni ist die Zentrale in Waiblingen dicht. Aufhalten kann das nur noch Gerhard Schmid persönlich", berichtet ein Unternehmens-Insider. Die 607 Comtech-Mitarbeiter suchen sich bereits neue Jobs.

Vergleicht man die Comtech-Flyer von Dezember (noch 112 aufgeführte Filialen) und Januar, sind bereits 14 Zweigstellen unter anderem in Aschaffenburg, Konstanz und Karlsruhe von der Liste verschwunden. "Mobilcom wird die rentablen Comtech-Filialen behalten, sich vom PC-Geschäft verabschieden und nur noch Telekommunikationsartikel verkaufen", meint ein Beobachter.

Gerhard Schmitt, der 1999 die Branche mit dem Mobilcom-Comtech-Deal in Erstaunen und Ratlosigkeit versetzte, hüllt sich in Schweigen: Er wird wohl wissen warum. Immerhin hat der von seiner eigenen Pressestelle als "Vollblutunternehmer und Profi" beschriebene Manager aus dem fränkischen Selb bei der Comtech-Übernahme so richtig auf den Putz gehauen: "40 bis 50 neue Shops werden wir im Jahr eröffnen. Man kann auch in Deutschland 400 bis 500 Niederlassungen betreiben", tönte Schmidt 99 noch vollmundig (siehe ComputerPartner 31/ 99, Seite 12). Die Niederlage dürfte ihm also kaum schmecken.

Noch dazu ziehen die Spekulationen, warum Comtech den Bach runtergeht, beängstigende Parallelen zum Negativ-Beispiel Escom. Ein Fall, an den sich bis heute keiner gerne erinnert. "Bäuerle und Schmid haben beide Controlling und Logistik vernachlässigt, was auch bei Escom zur Pleite geführt hat: Dringend notwendige Investitionen hat bei uns keiner mehr vorgenommen", klagt ein Mitarbeiter resigniert.

Um noch einen Nagel in den Sarg der gebeutelten deutschen PC-Ketten zu schlagen, macht auch Vobis bereits seit Monaten von sich reden (siehe dazu ComputerPartner 37/00, Seite 10). Die Verhandlungen mit Gateway als potentiellem Investor scheinen aufgrund der miesen Finanzlage des PC-Herstellers gescheitert (siehe Kasten). Vobis-Frontmann Jürgen Rakow äußert sich dazu nur zurückhaltend: "Es gibt verschiedene Interessenten und damit auch unterschiedliche Verkaufsmodelle." Gerüchte besagen, dass intern bereits über die Auflösung von Miet- und Franchiseverträgen zum 31. 3. verhandelt wird.

Damit nicht genug: Rakow, der bereits durch die Investor-Suche mehr als genug um die Ohren hat, verursachen jetzt auch noch seine Franchise-Nehmer Magenschmerzen. Denn die suchen sich bereits öffentlich einen neuen Arbeitgeber. "Da Vobis sich scheinbar immer stärker aus dem Franchise-Bereich zurückzieht, haben wir nach einer Alternative gesucht", erklärte Edwin Schön, Geschäftsführer der Vobis-Filialen in Euskirchen und Düren, in einer Presseerklärung von PC-Spezialist. "Herr Schön konnte seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen und wir haben ihm daraufhin fristlos gekündigt", schießt Rakow gegenüber ComputerPartner zurück. Sicher ist, dass Vobis weiterhin - wie bereits im letzten Jahr - unrentable Filialen schließen wird.

Die Gründe für die Misere deutscher PC-Ketten sind allerdings nicht ausschließlich im miesen Geschäftsjahr 2000 zu suchen. "Das Problem von Vobis und Comtech war und ist, dass beide weder eine klare Strategie noch eine klare Positionierung haben oder anstreben. Sie sind einfach austauschbar", meint Media-Markt-Chef Klaus-Peter Voigt. "Es geht im Consumer-Markt nicht mehr um das reine Kistenschieben auf hohem Niveau. Eine Neuorientierung war im Endkundengeschäft schon lange dringend notwendig", führt Voigt weiter aus (zu Trends im Consumer-Markt siehe Voigt-Interview auf Seite 16 dieser Ausgabe).

Für Frank Roebers, Vorstand PC-Spezialist, derzeit in dem ganzen Überlebenskampf seiner Kontrahenten nur als Beobachter unterwegs, liegt das Problem woanders: "PC-Ketten mit einem zentralen Einkaufssystem werden scheitern. Nur eine Kette mit dezentralem Einkauf, die die Nähe zu ihren lokalen Kunden auch nutzt, wird überleben. Escom, Schadt und jetzt Comtech sind mit falschen Konzepten gescheitert." Positives Gegenbeispiel für ihn: "Media-Markt ist so erfolgreich, weil sie mit den Lieferanten zwar Rahmenverträge aushandeln, die eigentlichen Bestellungen aber ihren Geschäftsführern vor Ort überlassen."

Aber nicht nur Roebers findet Lob für den Goliath des Einzelhandels, auch Media-Markt-Chef Voigt nimmt Spezialisten aus der IT-Ecke wahr: "Was PC-Spezialist positiv von Vobis und Comtech unterscheidet ist, dass sie nicht Media-Markt imitieren: Sie wissen, was sie sein wollen und positionieren sich entsprechend." (ch)

www.comtech.de

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