Feuer und Flamme für Firewire: Taiwan setzt auf Home-Netzwerke

28.06.2001
Bisher hat sich Taiwans Industrie in erster Linie dadurch ausgezeichnet, Produktentwicklungen durch Niedrigpreise marktfähig zu machen. Dass sie mit der Schnittstelle Firewire beziehungsweise dem Industriestandard IEEE 1394 bereit ist, einer Technologie zum Durchbruch zu verhelfen, ist ein absolutes Novum.

Eines der Hauptthemen der diesjährigen Computex war Firewire als günstige und vor allem verfügbare Alternative zu USB 2.0 und - im Zusammenspiel mit Wireless LAN - auch zu Bluetooth. In Halle 2 war dem Thema ein ganzer Pavillon gewidmet.

"Yi-san-jiu-si", die chinesische Bezeichnung für den bereits Ende der achtziger Jahre von Apple eingeführten Industriestandard IEEE 1394, war auf der größten IT-Messe Asiens denn auch in aller Munde. Als Mitglied der internationalen "1394 Trade Association" gibt es sogar ein eigenes "Taiwan 1394 Forum", dem Paul Hsu, General Manager des Procomp-Spin-offs Aplux (siehe Kasten), als "einer der early Adopters" vorsteht: "Als ich diesen ehrenamtlichen Posten antrat, wollte ich etwas bewegen für mein Land, es aus der Rolle des ewigen Nachahmers und der verlängerten Werkbank der Welt herausholen. Mit dem 1394-Forum können wir etwas bewegen, und Taiwans Industrie gewinnt endlich Profil", freut sich Hsu und fügt hinzu: "Die meisten taiwanischen Unternehmen sind zwar klein bis mittelständisch, aber vereint sind wir stark." Zu den Gründern des Forums, dem sich schon fast 90 Mitglieder angeschlossen haben, gehören neben Procomp unter anderem Texas Instruments, Via, MGI, Microsoft Taiwan und die Taipei Computer Association.

Nachdem sich Microsoft in Windows XP voll hinter den Industriestandard gestellt hat, gibt es in Taiwan kaum einen Hersteller, der nicht auf Firewire setzt. Worauf alles hinsteuert, ist die breitbandige Vernetzung aller möglichen Endgeräte im Haushalt mit einer Blackbox als Mittelpunkt, von der die Apostel der Post-PC-Ära schon lange träumen.

Vierfache Geschwindigkeit ebnet Weg für neues IP

Wie man das Kind auch nennen will, ob Firewire oder wie bei Sony "I-Link" - schon in der heutigen Version A verspricht die Schnittstelle IEEE 1394, für die es, angefangen von Digitalkameras bis hin zu Festplatten, bereits eine breite Gerätebasis gibt, Datenübertragungsraten von bis zu 400 Megabit pro Sekunde. Das ist zwar etwas langsamer als die von Intel forcierte zweite Generation von USB mit einem Datendurchsatz von 480 Megabit pro Sekunde, allerdings gibt es für USB 2.0 außer für Windows 2000 noch kaum Treiber. Und selbst unter Windows 2000 hat der zur Version 1.1 (12 Mbit/s) kompatible, wesentlich schnellere USB-Standard noch immer mit Kompatibilitätsproblemen zu kämpfen, sobald mehrere Geräte angeschlossen werden. Außerdem lässt die nächste Generation von Firewire nicht mehr lange auf sich warten.

IEEE 1394.b soll Datenübertragungsraten von 800 bis 1.600 Mbit pro Sekunde bieten und ermöglicht dank seiner Architektur sogar Geschwindigkeiten von bis zu 3.200 MBit pro Sekunde. Lucent hat bereits für Juli dieses Jahres die ersten B-Chips angekündigt, dicht gefolgt von Texas Instruments. Wenn dann, wie versprochen, auch der fabriklose taiwanische Chipdesigner Via, der sich auf der Computex ganz offen als Intel-Herausforderer gab, Ende des Jahres in die Massenproduktion geht, ist abzusehen, dass der anfangs recht hohe Preis von zwölf Dollar pro Chip bald sinken wird. USB 1.1 kostet derzeit ein bis zwei Dollar, 1394.A wie Bluetooth etwa drei bis vier Dollar, und USB 2.0 wird voraussichtlich bei acht bis neun Dollar ansetzen. Dieser Preisunterschied mache sich, so Hsu, bei Notebooks kaum bemerkbar, wohl aber bei Motherboards, Desktop-PCs und Peripheriegeräten, wo heute praktisch jeder Pfennig zählt.

Von niemand dominierter, offener Industriestandard

Via plant, in alle neuen Chipsätze Firewire zu integrieren. Wie Unternehmenschef Wenchi Chen der Fachzeitschrift "c’t" gegenüber äußerte, sehe Via die bisher geleistete Entwicklungsarbeit für USB 2.0 zwar als verlorene Investition an, könne das im Interesse eines stabilen und vor allem auch von der Consumer-Industrie akzeptierten Highspeed-Standards aber durchaus verschmerzen.

"Anders als USB 2.0 oder Bluetooth wird Firewire von keinem Unternehmen dominiert und ist somit ein jedem zugänglicher offener Gerätestandard, was für taiwanische Firmen geradezu ideal ist", erklärt Forumsvorstand Hsu. Er sieht Firewire aber nicht in Konkurrenz zu USB 2.0 und Bluetooth, auch wenn beide alternativen Ansätze von der Marktreife noch weit entfernt sind: "In der Version B ist Firewire, sobald die noch bestehen-den Interoperabilitätsprobleme gelöst sind, ganz anders positioniert und geht an Bandbreite weit über USB 2.0 hinaus. 1394.b könnte sich sogar zu einem neuen Netzwerkprotokoll ähnlich wie Token Ring entwickeln." Denn während in der Version A mit herkömmlichen Kupferkabeln nur etwa 4,5 Meter überbrückt werden können, sind es in der Version B über Glasfaser- oder die wesent-lich günstigeren Kunstofffaserkabel bis zu 100 Meter. Außerdem lässt sich Firewire auch mit einem anderen Industriestandard, nämlich IEEE 802.11b beziehungsweise Wireless LAN, verbinden. Trotz des Festhaltens an USB 2.0 hat es sich selbst Intel nicht nehmen lassen, auf der Computex eine entsprechende Lösung vorzustellen.

Einer der wesentlichen Nachteile von Wireless LAN in der heutigen Form ist ein vergleichsweise hoher Stromverbrauch. Dies räumt auch Hsu ein: "Gerade bei Handhelds ist das ein großes Problem. An Blue-tooth führt daher vorerst kein Weg vorbei. Um die Leistung von 1394.b zur Gänze ausnutzen zu können, wird es darauf ankommen, Wireless LAN weiterzuentwickeln."

ComputerPartner-Meinung:

Wie es scheint, könnte sich Firewire mit der Rückendeckung durch Microsoft tatsächlich zum Standard für Home-Networking entwickeln und völlig neue Märkte eröffnen, etwa für digitales TVon-Demand, Video- und hochbreitbandige Bildbearbeitung.

Selbst Kühlschrank und Waschmaschine sollen Teil des Home-Netzwerks werden, so der Traum der Industrie in der Post-PC-Ära. Bedenkt man aber, wie schwer es die Anbieter schon haben, Pay-TV unters Volk zu bringen, fragt man sich, wer das alles braucht und wie viel der Consumer dafür zu bezahlen bereit ist. (kh)

www.1394club.com.tw

www.computex.com.tw

www.procomp.com.tw

www.via.com.tw

www.microsoft.com

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