Fotobranche im Aufwind?

04.10.2002
Die Photokina in Köln schloss am Montag nach sechs Tagen Messetrubel ihre Pforten. Nach Ansicht der Messegesellschaft war die diesjährige Auflage ein voller Erfolg. Rund 160.000 Besucher wollten sich über die neuesten Trends im Fotomarkt informieren.

Mehr als 1.500 Anbieter aus 46 Ländern präsentierten ihre Highlights auf der diesjährigen Photokina. Der allgemein schwierigen Wirtschaftslage zum Trotz: die Foto- und Imaging-Branche hat allen Grund, mit Optimismus in die Zukunft zu schauen. Laut Auskunft der Messegesellschaft verzeichneten die Anbieter in allen Bereichen eine rege Nachfrage. Das galt sowohl für den starken, hochkarätigen und internationalen Besuch als auch für die Dispositionsbereitschaft der Einkäufer. Impulsgeber waren insbesondere die neuen Kameras sowie Anwendungen und Dienstleistungen rund um die digitale Fotographie. Über 160.000 Besucher aus 136 Ländern, so die Messeleitung, wollten sich eingehend und gezielt informieren.

Konvergenz der Technologien

Die Photokina 2002 stand ganz im Zeichen der Konvergenz der Technologien. "Analoge und digitale Techniken gehen Hand in Hand", so Dieter Werkhausen, Vorsitzender des Photoindustrie-Verbandes. "Sie bieten die Möglichkeit, in jeder Nutzungsphase eines Fotos von der einen in die andere Welt zu wechseln - vom Dia zur Datei, von der Datei zum Papierbild, vom Papierbild zur Datei." Neben neuen digitalen Kameras und Camcordern mit vereinfachter Handhabung und weiter verbesserter Bild- und Farbbrillanz, Printern und neuer Bearbeitungssoftware standen vor allem die neuen Dienstleistungen für den Handel im Vordergrund der Nachfrage, die kos-tengünstig und in perfekter Qualität Prints von digitalen Fotos liefern. Im Fokus der Profis außerdem: Digitalkameras mit neuer Sensortechnologie und Ultrahochauflösung, Digital Publishing Sys-teme, digitale Minilabs, Large Format Printer, kompakte Hochleistungsprojektoren für Großbildprojektionen und den Home-Cinema-Bereich sowie Plasma-Displays mit über 60 Zoll Bilddiagonale.

Mit der Qualität der Besucher waren die Aussteller zufrieden: Entscheider aus allen wichtigen Abnehmergruppen weltweit einerseits und ein stark motiviertes und "verjüngtes" Publikum andererseits. "Das sind genau die Zielgruppen, die wir ansprechen wollen", so die übereinstimmende Aussage führender Anbieter. Besonders hohe Zuwächse von Messebesuchern aus Osteuropa konnten verzeichnet werden. Nach einer vorläufigen Analyse der Besucherbefragung waren 68 Prozent der Interviewten Fachbesucher, davon über 15 Prozent Wiederverkäufer und 50 Prozent professionelle Anwender. Und sie brachten Kompetenz mit: 86 Prozent zählten sich zu den Beschaffungsentscheidern ihrer Unter-nehmen. Über die Hälfte der Wiederverkäufer kamen aus dem Fotofachhandel, bei den Anwendern dominierten Fotografen und Bildgestalter (32 Prozent), Medienprofis aus Werbung, Grafik und Digital Publishing (19 Prozent) sowie Studioausrüster (15 Prozent). Zu den vorrangigen Zielen des Messebesuchs zählte für 85 Prozent die Information über Neuheiten und Trends. Ein große Rolle spielte auch die Ordertätigkeit - 42 Prozent der Befragten wollten den Messebesuch zum Einkauf beziehungsweise zur Einkaufsvorbereitung nutzen.

Die Highlights der diesjährigen Messe

Von der Einsteigerkamera bis hin zu fast unbezahlbarem Profi-Equipment konnte alles auf der Photokina bestaunt werden.

Trendy und genau den Publikumsgeschmack treffend stellte Casio neue Modelle der Exilim-Reihe vor. Die nur Scheckkarten großen Digitalkameras bieten eine Auflösung von zwei Megapixeln und das Topmodell beinhaltet zusätzlich einen MP3-Player. Die Exilim-Reihe steht für eine neue Generation von Digitalkameras, die so dünn und kompakt gebaut sind, dass sie auch in der kleinsten Tasche Platz finden. Die Kamera steckt in einem nur 11,3 Millimeter dicken, 88 Millimeter breiten und 55 Millimeter hohem Metallgehäuse. Das Leichtgewicht mit nur 88 Gramm kann so zum ständigen Begleiter werden. Das Schwestermodell Exilim EX-M2, mit integriertem MP3- und Movie-Player, ist mit 12,4 Millimeter nur unwesentlich größer.

Neben neuen Kameras und Dru-ckern trumpfte Hewlett-Packard mit seiner neuen Technik Photoret IV auf. Damit ausgedruckte Bilder sind erstmals haltbarer als herkömmliche Fotos. Hinter Glas gibt HP eine Haltbarkeit von 73 Jahren an. Ohne den Glasschutz sollen die Fotos ohne Qualitätseinbußen bis 49 Jahre aufbewahrt werden können. Das funktioniert allerdings nur dann, wenn die Fotos auch auf einem speziellen Papier von HP gedruckt werden. Dann sind sie auch wasserfest, was HP auf der Messe mithilfe eines Aquariums eindrucksvoll demonstrierte.

Auch auf dem Sektor der digitalen Videobearbeitung hatte die Photokina etwas zu bieten. Dazzle präsentierte auf seinem Stand den Real-Time Video-Producer. Ohne Eingriffe in den Computer vornehmen zu müssen, kann der ambitionierte Video-Anwender mit diesem Gerät seine Filme digital bearbeiten, inklusive Echtzeitfarbkorrektur auf mehreren Videospuren. Zum unschlagbaren Preis von 799 Euro erhält man den Videokonverter, der per Firewire mit dem PC verbunden wird, sowie die Vollversion von Adobe Premiere 6.5. (Die Nachfolgeversion von Premiere kostet ohne Konverter schon mehr als 700 Euro.) Einziger Wermutstropfen: Zur Bearbeitung ist ein PC mit mindestens 1,7 GHz Taktfrequenz notwendig.

Nachdem Drucker Digitalkamerabilder ohne PC-Unterstützung ausgeben können, hat Dazzle nun ein kleines Zusatzgerät für den Fernseher entwickelt. Speicherkarte einschieben - und schon erscheint das Foto formatfüllend auf dem heimischen Fernseher. Wenn die Aufnahme nichts geworden ist, genügt ein Knopfdruck, um das betreffende Bild zu löschen. Teure Fehlausdrucke werden so mit Sicherheit vermieden.

Die Drucker von Epson mit Kartenschacht können zwar auch nur die Bilder ausdrucken, erkennen aber dank einer speziellen Software den jeweiligen Kameratyp. Anhand einer gespeicherten Tabelle im Printer werden nun die Tintendüsen so gesteuert, dass der Ausdruck immer ein optimales Ergebnis zeigt.

Aussichten im Fotomarkt

Inzwischen machen viele Hersteller von Fotoapparaten mehr als die Hälfte ihres Umsatzes mit digitalen Geräten. Nach Schätzungen des Photoindustrie-Verbandes werden in diesem Jahr in Deutschland rund 5,4 Millionen Kameras verkauft, davon entfallen insgesamt 2,4 Millionen auf digitale Geräte. Nach seinen Schätzungen kann sich die Fotobranche über eine Steigerung des Fotomarktes von rund sieben Prozent auf etwa acht Milliarden Euro freuen. Rainer Schmidt, Geschäftsführer des Photoindustrie-Verbandes, sagte auf der Photokina: "Wir können uns nicht beklagen, der Fotomarkt gehört zu den wenigen Branchen, die zufrieden stellende Zahlen liefern."

Das gilt aber nur für die Hersteller und die Großen in der Branche, beim Einzelhandel sieht es schlechter aus. Besonders die kleinen Händler müssen sich gegen die großen Ketten wie Media-Markt oder Saturn behaupten. Laut Bundesverband "Technik des Einzelhandels" beklagt der Fachhandel einen Umsatzrückgang von fünf bis acht Prozent.

Die großen Unternehmen schielen nach dem Hobbyknipser. Doch dafür muss die Technik noch einfacher und vor allem auch billiger werden. Während der Abzug eines herkömmlichen Fotos nur wenige Cent kostet, muss für einen Ausdruck etwa 50 Cent bis ein Euro, je nach Qualität des Papiers, gezahlt werden. Jeder Hersteller kocht hier sein eigenes Süppchen, und es ist noch weit und breit kein Standard in Sicht, der sich auch durchsetzen könnte.

Die nächste Photokina findet erst in zwei Jahren statt, dann allerdings mit geänderter Tagesfolge, von Dienstag, dem 28. September, bis Sonntag, dem 3. Oktober.

ComputerPartner-Meinung:

Messen lassen sich als Stimmungsbarometer der Wirtschaft ansehen. Nach Meinung der Messegesellschaft kann es nach der Photokina 2002 nur aufwärts gehen. Doch auch die Aussteller waren nicht unzufrieden. Sie gaben an, mit vollen Auftragsbüchern nachhause fahren zu können. Doch ob sich die positive Stimmung am Ende des Jahres auch in schwarzen Zahlen niederschlägt, bleibt abzuwarten. (jh)

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