Für IT-Spezialisten ist der Osten der "Freizeitpark" Deutschlands

05.03.1996
MÜNCHEN: Für Fachkräfte aus der IT- und TK-Branche ist der Osten Deutschlands, wenn man so will, noch immer der "Freizeitpark" der Republik. Denn offene Stellen sind für sie in dieser Region nur sehr dünn gesät. IT-Metropolen sind nach wie vor Bayern (mit dem Schwerpunkt München) und Nordrhein-Westfalen. Stefan Rohr* analysiert im folgenden Beitrag, in welchen Bundesländern die größten Chancen auf einen neuen Job für IT- und TK-Fachleute bestehen.Von einem Wirtschaftswunder "Ost" kann im IT-Markt noch nicht die Rede sein, zumindestens nicht in bezug auf die Arbeitsmarktsituation. Waren es im ersten Quartal 1995 gerade 7,9 Prozent aller deutschen IT-Handelsfirmen, Computerelektronik-, DV-Dienstleistungsunternehmen, Softwarehäuser und die Telekommunikation, die neue Arbeitsplätze schufen, konnten auch von Januar bis März 1996 mit lediglich 7,8 Prozent die Ost-Firmen kaum am Stellenmarkt prägnant teilhaben, mußten sogar einen marginalen Rückschritt verzeichnen.

MÜNCHEN: Für Fachkräfte aus der IT- und TK-Branche ist der Osten Deutschlands, wenn man so will, noch immer der "Freizeitpark" der Republik. Denn offene Stellen sind für sie in dieser Region nur sehr dünn gesät. IT-Metropolen sind nach wie vor Bayern (mit dem Schwerpunkt München) und Nordrhein-Westfalen. Stefan Rohr* analysiert im folgenden Beitrag, in welchen Bundesländern die größten Chancen auf einen neuen Job für IT- und TK-Fachleute bestehen.Von einem Wirtschaftswunder "Ost" kann im IT-Markt noch nicht die Rede sein, zumindestens nicht in bezug auf die Arbeitsmarktsituation. Waren es im ersten Quartal 1995 gerade 7,9 Prozent aller deutschen IT-Handelsfirmen, Computerelektronik-, DV-Dienstleistungsunternehmen, Softwarehäuser und die Telekommunikation, die neue Arbeitsplätze schufen, konnten auch von Januar bis März 1996 mit lediglich 7,8 Prozent die Ost-Firmen kaum am Stellenmarkt prägnant teilhaben, mußten sogar einen marginalen Rückschritt verzeichnen.

Im Westen konzentrieren sich dagegen 83,8 Prozent aller in dieser Gesamtbranche ausgeschriebenen Stellenangebote, was einen Rückgang um 0,5 Prozent zum Vorjahreszeitraum ausmacht. 8,4 Prozent (1995: 7,8 Prozent) konnten weder dem Osten noch dem Westen zugeordnet werden, ein Anteil, der sich allerdings bei der deutlichen Verteilung auch fast ausschließlich auf das Arbeitsmarktkonto von Westfirmen buchen läßt.

Arbeitsmarkt als Spiegel der Wirtschaftskraft

Die hohe Erwartungshaltung bezüglich der neuen Bundesländer kann somit für die so bedeutende Stellenmarktsaison des ersten Quartales nicht zufriedenstellend bestätigt werden, avisierte Impulse des gerühmten "Ost-Booms" sind kaum zu attestieren. Geschäftszuwächse haben nun einmal die unweigerliche Konsequenz, daß diese stets entsprechende Stellenzuwächse einbringen. Wenn das Geschäft im Osten denn wirklich so boomen würde, hätten somit auch deutliche Arbeitsplatzangebote verzeichnet werden können.

So sind wieder einmal alle schlauer geworden und erst recht diejenigen, die dem Ost-Business skeptisch gegenüber stehen und der DV-Branche nur dann eine spürbare Ost-Belebung versprechen, wenn auch den Ost-Unternehmen eine hochdosierte Produktivitätsspritze mit Vitamin "NGL" - wie: nun geht's los - verabreicht werden würde.

Lediglich in Brandenburg (+ 0,3 Prozent) und Thüringen (+ 0,4 Prozent) konnten geringfügige Verbesserungen des IT-Arbeitsangebotes gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum beobachtet werden. Allerdings sind diese Zahlen kaum dazu geeignet, einen Umbruch auch nur ansatzweise zu prognostizieren.

Zu sehr sind die IT-Branchen auf Innovation, Unternehmenswachstum und steigende Produktivität angewiesen, wenn sie ihre Leistungen und Angebote absetzen wollen. Software-Käufer oder zu beratendes Unternehmen müssen nicht nur das Kapital für die Software-Investitionen aufweisen, gleichsam muß sich jedwede Investition auch zum Beispiel mit Auftragszugängen, Produktionsspitzen, Ablaufoptimierungen oder Wettbewerbsvorteilen begründen lassen. Wo nichts ist, kann auch nichts investiert (und verkauft) werden. Wo nichts investiert werden kann, kann auch keine Innovation vermutet werden. Und wo keine Innovation vorherrscht, kann es auch keinen wachsenden Arbeitsmarkt geben.

Bleibt zu hoffen, daß der momentane wirtschaftliche Abschwung, nicht einen Kahlschlag im Osten zur Folge haben wird und wir im nächsten Jahr auf dieser Seite eine Nullrunde für den Osten beklagen müssen.

Jeder zweite Job unterhalb des Weißwurstäquators

Wer das West-Ost-Gefälle betrachtet, tut gut daran, sich auch mit den vorherrschenden Gefällen im "Westen" zu beschäftigen. Im Süden wurden von den IT-Handelsunternehmen, den Software- und DV-Dienstleistungshäusern, der Computerelektronik und der Telekommunikation in den ersten drei Monaten dieses Jahres 51,8 Prozent aller in dieser Branche freien Stellen besetzt, was einen minimalen Rückschritt von 0,2 Prozentpunkten gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum ausmacht.

Im Norden unserer Wirtschaftsnation wurden dagegen lediglich 12,6 Prozent (1995: 12,8 Prozent) registriert (Hamburg, Bremen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern). Diese Gegenüberstellung weist somit mehr als deutlich das schon immer besungene Süd-Nord-Gefälle auf und läßt bestätigen, das mehr als jeder zweite DV-Job in dieser Branche unterhalb des Weiß-Wurst-Äquators gefunden werden kann.

Der Freistaat Bayern hat schon im ersten Quartal 1995 ganze 23,8 Prozent Stellenmarktanteil in der bezeichneten IT-Branche vorweisen können. Und auch in den ersten drei Monaten dieses Jahres konnte hier wieder ein stolzer Anteil von 22,9 Prozent verzeichnet werden, somit fast jedes vierte Stellenangebot in den aufgeführten Branchensegmenten blau-weiß karriert waren.

Aber auch in Nordrhein-Westfalen hat der Bedarf an IT-Experten nicht nachgelassen. Als zweitstärkste Arbeitgeberregion im IT-Bereich konnten hier noch 19,6 Prozent der ausgeschriebenen Stellen registriert werden. Attraktivste Arbeitgeberregionen sind hiernach: Hessen (1996: 13,6 Prozent, 1995: 13,1 Prozent), Baden-Württemberg (12,4 Prozent/12,3 Prozent) und Hamburg (6,3 Prozent/5,4 Prozent).

Berlin ist weit von einer IT-Hauptstadt entfernt

Daraus läßt sich bestätigen, daß die Metropolen in Deutschland (München, Hamburg, Frankfurt, Stuttgart, Ruhrgebiet) auch die Arbeitsmarktzentren mit den höchsten Stellenzuwächsen ausmachen. Berlin hingegen ist mit 4,9 Prozent zwar nicht ganz von der IT-Branche abgeschnitten, wird jedoch dem prophezeiten Hauptstadtsyndrom - zumindestens was IT-Spezialisten angeht - bisher noch nicht gerecht. Waren es im ersten Quartal 1995 noch 5,5 Prozent Stellenmarktanteil, so ist sogar ein spürbarer Schwund des Berliner Job-Volumens zu beklagen, das auf sich selbst bezogen mehr als 10 Prozent ausmacht.

Den größten Schub an zahlenmäßig neuen Stellen machte dann wider Erwarten der Norden. Niedersachsen erlebte zwar keine tosende Einstellungswoge, doch im Gegensatz zu den anderen Bundesländern machten die Norddeutschen hier im ersten Jahresquartal 1996 etwas Boden an dem wohl noch lange anhaltenden Süd-Nord-Gefälle gut und konnte mehr als eine Verdoppelung der offenen Stellen vorweisen. Also: Auf nach Niedersachsen. Dann haben wir's zur nächsten CeBIT auch nicht mehr so weit.

*Stefan Rohr ist geschäftsführender Gesellschafter der DIFAS Deutsches Institut für Arbeitsmarktanalysen und

-statisktik GbR in Hamburg.

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