Fujitsu Siemens: neuer Hoffnungsträger

11.01.2001

Es wird sie zweifellos geben, diejenigen, die Achim Berg vorhalten, er sei ein Dünnbrettbohrer. Ihr Vorwurf: Ein Top-Manager wirft nicht einfach die Brocken hin, wenn er die Sache noch nicht zu Ende gebracht hat, auch wenn er Widerstände zu überwinden hat und der Job weit mehr Frust als Lust bedeutet. Das eben zeichne einen Top-Mann aus, dass er diese Belastung aushalte.

Man kann die Kündigung des Deutschland-Chefs von Fujitsu Siemens Computers (FSC) so sehen. Denn das Unternehmen ist noch immer nicht in einem stabilen Zustand, in Wahrheit ist FSC davon noch so weit entfernt wie die Zugspitze vom Timmendorfer Strand. Und wenn der Boss in einer derart labilen Phase die Firma verlässt, ist das schlecht für das Unternehmen. Wohl auch deshalb fehlt es in der offiziellen Bekanntgabe des Führungswechsels bei FSC Deutschland an Lobes- und Dankesworten für Berg.

Auf der anderen Seite ist auch klar: Wie würde man jemanden nennen, der vor der Wahl steht, entweder unter großer Anstrengung, zahlreichen Entbehrungen und viel Frust dicke Bretter, oder mit viel Spaß und Vergnügen dünne Bretter zu bohren, und der sich für die dicken Bretter entscheidet? Mit seiner Entscheidung - auch familiäre Gründe spielten eine Rolle -, den Chefsessel bei der Nummer eins im deutschen PC-Markt gegen ein Vorstandsmandat bei einem weitgehend unbekannten Internet-Startup zu übernehmen, erweist sich Berg als Vertreter jenes Management-Nachwuchses, für den Ruhm und Macht eben nicht die höchsten Lebensziele sind. Zumal Berg in der recht komfortablen und beneidenswerten Situation ist, dass ihm seine Tätigkeit bei Dell nicht nur ein gutes Gehalt, sondern auch ein schönes Polster durch Aktienoptionen eingebracht hatte.

Mit seinem Nachfolger Uli Kemp beginnt bei FSC Deutschland ein neuer Abschnitt, vielleicht eine neue Ära. Denn mit dem HP-Manager übernimmt einer das Kommando, der unbelastet von den Grabenkämpfen und Antipathien der ehemaligen Fujitsu- und Siemens-Lager entscheiden kann. Die Bestellung von Kemp ist vor diesem Hintergrund ein kluger Schachzug von CEO Paul Stodden. Eigentlich ist es sogar der einzig mögliche, um Ruhe und Motivation in die Mannschaft zu bringen.

Ob Kemp tatsächlich die Aufgabe stemmen kann, bleibt natürlich abzuwarten. Die persönlichen und fachlichen Voraussetzungen des neuen Spitzenmanns machen Hoffnung. Die Größenordnung mit Personalverantwortung für 1.500 Mitarbeiter und Umsatzverantwortung für 7,5 Milliarden Mark sind für Kemp freilich eine echte Herausforderung.

Auch aus Sicht der Vertriebspartner ist die Verpflichtung von Kemp eine gute Entscheidung. Kemp ist der neue Hoffnungsträger. Der HP-Manager kennt das Partnergeschäft, er kennt seine Bedeutung und er hat gezeigt, dass er mit Partnern zusammen etwas gestalten kann. Nicht umsonst belegt HP bei Umfragen unter Händlern und Systemhäusern regelmäßig einen der vorderen Plätze. Allerdings: Bei FSC erwartet Kemp ein Unternehmen, in dem es noch immer eine sehr starke "Direkt-Bastion" gibt. Eine der Hauptaufgaben des neuen Deutschland-Chefs wird daher darin bestehen, nicht nur klare Spielregeln zwischen der Direkt- und Indirekt-Fraktion aufzustellen, sondern ihre Einhaltung auch zu überwachen. Insbesondere das Partnermanagement - bisher ein zahnloser Tiger ohne Macht - muss aufgewertet werden.

Freilich sollte man bei aller optimistischen Erwartung den Sinn für die Realitäten beibehalten. Auch Kemp kann nur mit Wasser kochen.

Damian Sicking

dsicking@computerpartner.de

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