Niederländische Forscher haben mit "alpha-WoW" ein Programm entwickelt, dank dem sich ein Elf im Online-Rollenspiel "World of Warcraft" allein aufgrund der Anspannung des Spielers in einen kampfstärkeren Bären verwandelt. Das ist ein Beispiel für den Einsatz von Gedankensteuerung (Brain-Computer-Interface, BCI) abseits von Navigationsaufgaben speziell in medizinischen Anwendungen. "Wichtig ist, dass wir uns bei Games keine Einschränkungen auferlegen, wie wir an BCI-Anwendungen herangehen", meint Anton Nijholt, Leiter des Fachbereichs Human Media Interaction an der University of Twente, gegenüber pressetext. Unter anderem wird es denkbar, Probleme mit der BCI-Technologie in spielerische Herausforderungen umzumünzen.
Eigentlich ist alpha-WoW eine relativ einfache BCI-Anwendung. "Wir müssen nicht präzise die Aktivität eines bestimmten Gehirnbereichs messen", meint Nijholt. Vielmehr geht es um einen allgemeinen Grad an Gehirnaktivität, der anzeigt, ob der User entspannt oder gestresst ist. Das macht es Nutzern relativ leicht, auf eine sehr natürliche Art eine Abwehrreaktion im Spiel - die Verwandlung in den stärkeren Bären - auszulösen. "Es gibt zwar Feinheiten, aber das schaffen relativ viele Leute ohne größere Anstrengungen", sagt Nijholt. Eine Erkennung der Laune eines Nutzers könnte aber auch andere Anwendungen finden. So wäre denkbar, dass Spiele darauf reagieren können, wenn sich der User zu langweilen beginnt.
Mit solchen Ideen lösen sich die Forscher vom Navigations-Paradigma, das bislang in der BCI-Forschung vorherrscht - etwa in medizinischen Anwendungen, aber auch bei ersten Versuchen, per BCI Avatare in Second Life zu steuern. "Dabei müssen sich Nutzer bestimmte Bewegungen einzelner Körperteile vorstellen", sagt Nijholt. Dann ist speziell die Messung von Signalen des motorischen Zentrums im Gehirn nötig. "Das ist nicht ganz leicht. Wir wissen, wo wir messen müssen, aber User finden es teils schwer, sich zu konzentrieren und diese spezielle mentale Aufgabe zu bewältigen", so der Wissenschaftler. Generell ist es für Nutzer eine Herausforderung, derart gezielte BCI-Steuerung zu lernen. Doch gerade im Games-Bereich könnt das sogar ausgenutzt werden.
"Es ist schwer, durch gezielte geistige Aktivität bestimmte Handlungen auszuführen, wie etwa das Verwenden eines Schwerts im Kampf gegen einen Gegner", sagt Nijholt. Doch wie im wirklichen Leben dürfe man nicht erwarten, gleich beim ersten Versuch erfolgreich zu sein. "Vielleicht braucht man mehrere Versuche, und manche Leute sind sicher besser darin als andere. Darum geht es letztendlich bei Games", meint Nijholt gegenüber pressetext. Er und seine Mitarbeiter sind überzeugt, dass innovative Gedankensteuerung bei Spielen letztendlich auch für die Games-Industrie interessant ist. "Als erster eine neue Art des Spiels, neue Spielelemente oder eine neue Interaktionsmöglichkeit anzubieten, könnte enorme Profite bringen", so Nijholts Team in einer Arbeit zum Thema BCI für Games, die Ende Juni im Rahmen der 3rd International Conference on Intelligent Technologies for Interactive Entertainment INTETAIN 09 in Amsterdam präsentiert wird. Was die Chancen innovativer Neuerungen im Games-Segment betrifft, gibt den Forschern der Erfolg der Nintendo-Konsole Wii recht. Er wird nicht zuletzt dem bewegungssensitiven Controller zugeschrieben. (pte)