Gegensätzliche Tenzenden im Festplatten-Markt

06.04.1999

MÜNCHEN: Im Vergleich zu anderen Komponenten war die Nachfrage nach Festplatten lange Zeit relativ stabil. Seit Mai geht der Absatz zurück. IDE-Laufwerke sind in beliebiger Stückzahl verfügbar. Experten rechnen mit einem Überangebot, das bis September anhalten wird.Die Festplattenbranche ist nach wie vor von einem gnadenlosem Preiskampf gekennzeichnet. Die Hersteller selbst kämpfen verbissen um Marktanteile. Die Distribution muß so schnell wie möglich die Lager drehen. Insider berichten von einem Broadliner, der Anfang Mai ein Lager in dreistelliger Millionenhöhe aufgebaut haben soll. Hinzukommt, daß der Kanal von OEM-Ware regelrecht überschwemmt wird. Das Resultat: Noch nie gab es soviel Festplatte für so wenig Geld.

"Der IDE-Markt ist besonders bei niedrigen Kapazitäten sehr umkämpft", bestätigt Olaf Munscheck, Produktmanager bei MCE. "Das Angebot ist groß, und es geht nicht immer nur um technische Vorteile, sondern vor allem um den Preis."

Die unteren Kapazitäten sind stark umkämpft

Für Rigo Klemm, Chefeinkäufer bei CTT, läuft derzeit die Umstellung auf Ultra-ATA/66. "Dies führt zu Lieferproblemen für die neuen Produkte sowie zu Preissenkungen der vorherigen Generation." So liegt beispielsweise zwischen 3,3 und 6 GB zum Teil nur noch eine Spanne von zirka 30 Mark.

Seit Mai ist der Absatz spürbar zurückgegangen. "Bis April waren die Umsätze großartig, jetzt sehe ich erste Tendenzen für eine Over-Supply-Situation, die sich bis September hinziehen könnte", sagt Tibor Szöke, Produktmanager bei Computer 2000. "Der weltweite Graumarkt ist überschwemmt und bietet wesentlich günstigere Preise - ein Zeichen dafür, daß OEMs Lager abbauen."

Festplatten mit 3,2 GB dürften dieser Tage endgültig ausverkauft sein. Die Einstiegsgröße stellen demnach 4,3 und 6,4 GB. "Aber auch 10,1 GB hat schon einen deutlichen Anteil", erklärt Szöke. "Zudem werden auch Laufwerke mit 7.200 Umdrehungen pro Minute immer besser akzeptiert." Die Schnelldreher sollen bereits zirka 20 Prozent des IDE-Kuchens ausmachen. Auch Klemm sieht die aktuellen Kapazitäten bei 8 und 10 GB. "Der Kunde erhält hier derzeit ein ausgezeichnetes Preis-Leistungs-Verhältnis."

Big Blue scheint sich bereits wieder aus diesem Bereich zurückzuziehen und wechselt zu größeren Kapazitäten. "IBM fokussiert nur kurz die aktuellen Kapazitäten, wie die DTTA 351010 mit 10,1 GB", sagt Munscheck. Der Hersteller will nicht in den Low-End-Massenmarkt, wo nur geringe Margen zu erzielen sind. "Viele Distributoren haben nur noch wenige oder gar keine DTTA 351010 mehr. MCE hat sich noch einige reservieren lassen, um den weiterhin vorhandenen Bedarf zu decken", freut sich Munscheck.

Fast wie im Schlussverkauf

Vor einem Jahr mußten Wiederverkäufer rund 439 Mark für eine 8,6-GB-Festplatte ausgeben. Heute schickt sich der HEK bereits an, die 200-Mark-Grenze zu unterschreiten. Für rund 400 Mark erhält der Fachhandel heute mit 16,8 GB sogar die doppelte Speicherkapazität. Anfang des Jahres mußten dafür noch zirka 575 Mark auf den Tisch geblättert werden.

Im SCSI-Markt stimmen die Margen noch

Für preisbewußte Angebote bietet sich ein 4,3-GB-Laufwerk für knapp 170 Mark an. 10-GB-Disks können Wiederverkäufer derzeit zwischen 259 und 269 Mark einkaufen.

Mehr Freude bereitet den Anbietern das High-End-Geschäft. "Die Umsätze im SCSI-Markt steigen nach wie vor", weiß MCE-Manager Munscheck. "Teilweise könnte man mehr verkaufen, wenn die Verfügbarkeit besser wäre." Munscheck glaubt, daß dann allerdings auch ein Zustand wie im IDE-Markt eintreten würde. Klemm sieht es ähnlich: "Im SCSI-High-End-Bereich sind speziell 18 und 36 GB ziemlich knapp verfügbar." Bei Computer 2000 verkaufen sich Ultra-SCSI-Platten am besten. "Narrow-SCSI wird mittlerweile deutlich weniger angeboten und nachgefragt", erklärt Szöke. "Am besten laufen 4,5 und 9,1 Gigabyte. Laufwerke mit 18,2 und 36,4 Gigabyte zeigen ebenfalls deutliche Absatzsteigerungen."

Fachhändler können sich darauf einstellen, daß sich die momentane Situation im Festplattenmarkt kurzfristig in den nächsten zwei bis vier Wochen nicht ändern wird. (kfr)

"Fachhändler beschweren sich zunehmend über langsam abfließende Überbestände", berichtet Produktmanager Tibor Szöke.

Derzeit stellen Festplatten mit 4,3 und 6,4 GB die Einstiegsgröße. Sehr gut nachgefragt sind Laufwerke mit einer Speicherkapazität von 8 und 10 GB.

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