Geht Actebis mit neuer Tochter auf Großkundenfang?

12.04.2001
Die Systematics AG hat ihren Hardware-Handel an die Actebis Holding übergeben. Damit bei den Partnern der Verdacht des Direktvertriebs erst gar nicht aufkommt, will der Distributor das Geschäft über eine neue Tochter laufen lassen.

Wir werden niemals direkt vertreiben." Der Satz ist nicht neu, wird aber derzeit bei Actebis, seines Zeichens international agierender Distributor, gern bemüht. Hintergrund ist die neue Kooperation mit der Sys-tematics AG, die derzeit für Verwirrung im Markt sorgt: "Rückwirkend zum 1. April 2001 wird das internationale PC-Geschäft des Sys- tematics-Konzerns mit einem Umsatzvolumen von etwa 100 Millionen Euro über die Actebis Holding abgewickelt", heißt es in einer offiziellen Mitteilung. Damit könnte sich Actebis nun jede Menge Ärger mit den Fachhändlern eingehandelt haben.

Endlich finanzkräftigen Partner gefunden

Bereits seit Dezember 2000 war die Systematics AG auf der Suche nach einem finanzkräftigen Partner. Den hat man nun im US-Konzern Electronic Data Systems (EDS) gefunden (siehe ComputerPartner 13/01, Seite 11). 635 Millionen Euro ist EDS die Übernahme des Integrationsspezialisten wert: 480 Millionen davon werden in bar, der Rest in neu auszugebenden EDS-Aktien gezahlt. Nicht im Preis inbegriffen ist allerdings das Hardware-Geschäft.

Längst ist es kein Geheimnis mehr, dass EDS die Trennung vom Hardware-Handel zur Bedingung für die Übernahme gemacht hat. Im vergangenen Jahr betrug der Hardware-Anteil immerhin 350 Millionen Mark beziehungsweise 28 Prozent des Jahresumsatzes, sagen Finanzexperten. Dennoch wurde der Bereich von EDS abgelehnt. Branchenkenner sind sich deshalb sicher: "Das mit Actebis ist nicht nur eine Partnerschaft. Systematics hat mit der Sache gar nichts mehr am Hut."

"Ein logischer Schritt wäre es allemal", sagt Markus Huber, Consultant bei der Meta-Group. "Das Handelsgeschäft hat bei EDS keine Zukunft. Außerdem waren die Margen im Hardware-Bereich so niedrig, dass sich EDS von Anfang an nicht damit belasten wollte."

EDS will keine Hardware verkaufen

Systematics sei jetzt nach einer schwierigen Zeit auf dem richtigen Weg: "Ihnen war auf dem Weg zum E-Provider einfach der Atem ausgegangen", glaubt Huber. "Die Strategie war die richtige, doch die Ziele waren für die Ausgangsbedingungen zu hoch und zu eng gesteckt." Eine Zusammenarbeit mit EDS werde für beide Unternehmen nun eine "Win-Win-Situation" sein - aber eben nur ohne das Hardware-Geschäft. Außerdem glaubt der Analyst nicht, dass sich Sys-tematics sein Profil auf Dauer bewahren kann. "Vermutlich wird EDS Systematics zunächst als eigenständige Firma weiter agieren. Ob das auch so bleibt, dürfte bezweifelt werden: Vor allem was die Marke betrifft, ist langfristig eine vollständige Integration wahrscheinlicher", so Huber.

Während sich Börsengurus und Finanzgrößen über die neue Entwicklung freuen, wird der Nebenkriegsschauplatz Actebis von IT- Händlern kritisch beäugt. Nach Meinung von Michael Urban, Sprecher der Actebis-Geschäftsführung, besteht aber kein Grund zur Aufregung: "Die wollten halt keine Rechnungen mehr schreiben", umschreibt er lapidar den Hintergrund. Systematics werde sich weiterhin um die Beratung und Implementierung im E-Business-Umfeld kümmern, während Actebis Logistik, Abwicklung und Fulfillment bei den Kunden übernehmen wird, äußert sich Urban gegenüber ComputerPartner.

Mit Direktvertrieb habe das aber nichts zu tun, betont der Manager: "Wir wollen auch weiterhin kein Direktgeschäft betreiben." Hinter der Kooperation stehe ja auch die Holding und nicht die Actebis Computer Deutschland. Um "in keiner Weise mit den eigenen Fachhändlern in Konkurrenz zu treten", plane man zudem die Gründung einer Tochterfirma, die sich um das "Order-Management" kümmern wird, erklärt Urban. Der Name der Firma stehe noch nicht fest, offiziell losgehen soll es aber am 1. Juni.

Bestellung bei Systematics, Lieferung von Actebis

Die praktische Umsetzung sieht demnach wie folgt aus: Der Großkunde kann seine Bestellung weiterhin bei seinen bisherigen Ansprechpartnern aufgeben. Aber neuerdings eben auch direkt bei der Actebis-Tochter, wie wiederrum Systematics verlauten lässt. Diese wird die Lieferung der Hardware- und Standard-Software-Produkte an die Kunden übernehmen und auch die Rechnung stellen. Die Waren selbst kommen von Actebis und Peacock. Letztendlich wird der Kunde also doch vom Distributor bedient. "Und der kauft natürlich zu ganz anderen Konditionen ein, als es ein Systemhaus jemals könnte", ärgert sich ein Händler jetzt schon.

Durch die Partnerschaft können sich Actebis und Systematics auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren, beschwichtigt indessen Urban. Die Kunden würden von einer optimierten Versorgung durch zwei eng kooperierende Spezialis-ten profitieren. "Wir haben in der Entwicklung der Kooperation großen Wert darauf gelegt, dass wir in keiner Weise mit unseren Fachhändlern in Konkurrenz treten", betont Michael Urban. "Für uns bedeutet die intensivierte Zusammenarbeit mit Systematics vor allem den Ausbau des Groß- kunden-Portfolios mit dem entsprechenden Wachstum der Infrastrukturen und Prozesse."

www.actebis.de

www.eds.de

www.systematics.de

ComputerPartner-Meinung:

Actebis will es sich als Broadliner sicher nicht mit den eigenen Kunden verscherzen und bemüht sich deshalb um deutliche Grenzen. Die neue Tochter ist ein 100-prozentiges Unternehmen der Actebis Holding und wird sicherlich auch von den entsprechenden Einkaufskonditionen profitieren. Es mag nicht unbedingt verwerflich sein, dass Actebis dann im Gegensatz zu Systematics mit der Hardware Geld verdient. Ob sich das neue Geschäft aber langfristig nur auf die Systematics-Großkunden beschränken wird, ist zweifelhaft. Ein schaler Nachgeschmack bleibt. (mf)

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