Generationswechsel im Mittelstand

09.03.1998

KÖLN: Die erfolgreiche Gründergeneration der Nachkriegszeit tritt ab. Bis zum Jahr 2005 suchen rund 700.000 zumeist mittelständische Unternehmen einen Nachfolger. In großen Konzernen ist das kein Problem, weil Eigentum und Management getrennt sind. Eine Vielzahl deutscher Familienunternehmen muß sich indes mit dem Thema Generationswechsel auseinandersetzen.Nachfolgeregelungen in Unternehmen können eine heikle Angelegenheit sein. Selbst wenn schon ein qualifizierter Kandidat feststeht, müssen finanzielle und steuerliche Probleme gelöst werden. Familienstreitigkeiten können aufflammen und zu einer existentiellen Bedrohung für das Unternehmen werden. Weil der Generationswechsel irreversibel ist, das heißt, Entscheidungen nicht mehr rückgängig gemacht werden können, ist eine detaillierte und sorgfältige Planung unerläßlich. Standardkonzepte versagen im komplexen Einzelfall.

Doch wie sehen nun die Vorbereitungen konkret aus? Das zentrale Problem, das sich bei der Unternehmensnachfolge im Mittelstand stellt, ist die Passivität des Ausscheidenden. Aus zumeist emotionalen Gründen schiebt er den Generationswechsel zunächst wie einen Berg vor sich her. Untersuchungen zufolge haben nur 25 Prozent aller Mittelständler ein Firmentestament erstellt und nur 40 Prozent wissen, ob im Erbfall zumindest die Liquidität des Unternehmens gesichert ist.

Gerade der Bereich Handel ist von diesem Thema besonders betroffen. Strukturelle Probleme wie hohe Mieten und der enorme Konkurrenzdruck gefährden die Existenz vieler Kleinunternehmen zusätzlich. Um den Generationswechsel glatt über die Bühne zu bringen, bietet sich deshalb ein vierstufiges Lösungskonzept an:

Phase 1: Der Nachfolge-Check

Ziel ist es hier, die Konsequenzen für ein Unternehmen aufzuzeigen, wenn beim Ableben des Firmenchefs keine Regelungen getroffen wurden und die Nachfolge in puncto Eigentum und Management aufgrund gesetzlicher Bestimmungen erfolgt. Der Unternehmer muß sich Klarheit über seine wirtschaftliche und organisatorische Situation verschaffen. Diese wird charakterisiert durch den Ist-Zustand auf folgenden Gebieten:

- der Erbteilung des Vermögens im Überblick,

- der Unternehmensführung nach vererbten Management-Rechten,

- der erbschaftssteuerlichen Belastungen sowie

- der finanziellen Belastbarkeit des Unternehmens für Zusatzlasten.

Die wesentliche Frage ist hier: Was geschieht, wenn nichts (mehr) geschieht?

Phase 2: Die Zielbestimmung

Dauerhafte Nachfolgeregelungen verlangen einen Interessenausgleich zwischen dem beteiligten Unternehmen, dem nachrückenden und dem ausscheidenden Firmenchef. Der Senior möchte kein Familienmitglied benachteiligen, obwohl zum Beispiel der Gesellschaftsvertrag seit 60 Jahren nur männliche Nachfolger zuläßt. Anders sein Nachfolger: Er will neue Wege beschreiten. Bewährtes bleibt damit häufig auf der Strecke. Allzu oft sind allerdings solche finanziellen Exkurse in den Planungen nicht vorgesehen, mit der Folge, daß die Unternehmensfinanzen überstrapaziert werden. Ein Konsens zwischen diesen konträren Standpunkten ist hier unverzichtbar. Unternehmen sollten sich in Phase 2 deshalb überlegen: Wo wollen wir hin?

Phase 3: Die Erarbeitung eines Gesamtkonzepts

Das zu erstellende Gesamtkonzept muß natürlich auch steuerlichen und rechtlichen Überprüfungen standhalten. Es empfiehlt sich, den Generationswechsel ähnlich einer Investition durchzurechnen. Dabei kommen drei grundsätzliche Nachfolgestrategien in Betracht: Vererbung, Verkauf oder strukturelle Veränderungen. In letzterem Fall kann beispielsweise das Unternehmen an ein Familienmitglied oder an eine Person von außen verpachtet werden. In Stufe 3 dreht sich somit alles um die Frage: Wie kommen wir zum Ziel?

Phase 4: Die Umsetzung des Konzepts

Hier fängt die eigentliche Arbeit erst an. Die Planung am grünen Tisch bedeutet nämlich etwas ganz anderes als die Realisierung. In der Praxis können emotionale Konflikte aufbrechen, wenn der bisherige Unternehmenschef das Zepter dann tatsächlich aus der Hand geben muß. Sein Nachfolger erhält oft nicht die notwendige Rückendeckung der Mitarbeiter, oder Familienmitglieder stellen sich in den Weg.

Diese Phase kann bis zu fünf Jahren dauern, ein Zeitraum, in dem es häufig zu strategischen Änderungen innerhalb von Firmen kommt. Daher ist eine regelmäßige Überprüfung des Konzepts durch den Unternehmer unabdingbar, soll der Generationswechsel ohne große Reibungsverluste vonstatten gehen. Die entscheidende Frage, die sich in der Schlußphase stellt, lautet: Sind wir (noch) auf dem richtigen Weg?

Fazit

Die richtige Strategie und die jeweiligen Komponenten für eine Umsetzung sind von Unternehmen zu Unternehmen individuell festzulegen. Damit der Generationswechsel nicht zu einem Fiasko wird, sollte folgenden Aspekten Rechnung getragen werden:

- frühzeitige Planung der Nachfolge,

- Wahrung der Handlungsfähigkeit des Unternehmens,

- Sicherstellung der Altersversorgung des ausscheidenden Firmenchefs sowie

- Anpassung der Erbauszahlungen an die finanziellen Möglichkeiten des Unternehmens.

Die Autorin Birgit Felden ist Geschäftsführerin der Kölner

Treuhand & Management-Services Dr. Rüschenpöhler GmbH.

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