Gerüchte über Rückkehr von Karl Pohler als Europachef angeblich eine "Ente"

17.06.1999

MÜNCHEN: Auf mindestens drei Top-Manager wird Distributor Computer 2000 im kommenden Geschäftsjahr verzichten müssen. Möglicherweise gehen noch zwei weitere Spitzen. Auch Deutschland-Chef Joachim Prinz geht von Bord.Eigentlich sollte alles noch streng geheim bleiben. Doch offenkundig durch eine gezielte Indiskretion drang die Sensation nach außen: Aderlaß im Top-Management der Computer 2000 AG und auch in der Deutschland-GmbH. In der AG werden die Vorstandsmitglieder Manfred Günzel (verantwortlich für Finanzen) und Harry Krischik (Vertrieb) vorzeitig aus dem Vertrag entlassen. Ihre Namen werden im neuen Geschäftsjahr von der Gehaltsliste verschwunden sein.

Wolfgang Orgeldinger, der erst Anfang dieses Jahres von der Deutschland-GmbH in den Konzernvorstand wechselte (verantwortlich für Informationstechnik und Logistik) und Pertti Ervi (Marketing) bleiben dem Unternehmen erhalten. Vorerst zumindest. Denn ob Ervi das Jahresende bei Computer 2000 noch erleben wird, ist nach unseren Informationen fraglich. Er übernimmt zwar zunächst die Verantwortung für das Europa-Geschäft - Tech Data/C2000-Boß Steven Raymund kehrt zurück in die USA -, aber nur kommissarisch. Insider gehen davon aus, daß Ervi im Herbst ebenfalls aus dem Unternehmen ausscheiden wird.

Wenn man den Gerüchten Glauben schenken will, wird kein anderer als Karl Pohler das Europa-Geschäft von Tech Data/C2000 leiten. Pohler war bis 1997 Deutschland-Chef des Distributors und wechselte dann in gleicher Position zu Sony nach Köln. Allerdings: Pohler selbst dementiert diese Gerüchte. "Das ist eine Ente. An diesen Meldungen ist überhaupt nichts dran", läßt er durch seinen Sprecher Udo Freialdenhofen ausrichten. In einer internen Mitteilung an das Führungsteam hatte Raymund lediglich mitgeteilt, daß der neue Europa-Chef weder aus den Reihen von C2000 noch von Tech Data, aber aus Europa komme. Das heißt zumindest eins: Der neue Mann ist offenkundig bereits gefunden.

Auch in der deutschen Organisation von Computer 2000 stehen personelle Veränderungen an. Joachim Prinz, Sprecher der Geschäftsführung der Computer 2000 Deutschland GmbH, hat erklärt, daß er seinen im September dieses Jahres auslaufenden Vertrag nicht verlängern und spätestens zum neuen Geschäftsjahr im Oktober von Bord gehen wird. "Es ist richtig, daß ich das Unternehmen verlassen werde, um eine neue Herausforderung in der IT-Branche wahrzunehmen", bestätigt Prinz gegenüber ComputerPartner. Wohin die Reise geht, wollte er allerdings nicht verraten.

Doch damit nicht genug: Völlig offen ist derzeit noch, ob sein Geschäftsführungskollege Friedrich Rettenberger nicht ebenfalls den Hut nimmt. Angeblich hat er bereits seine Kündigung eingereicht. Allerdings: Er soll momentan von Raymund bearbeitet werden, der ihn zum Bleiben bewegen will. "Wenn neben Prinz auch noch Rettenberger gehen sollte, wäre dies für Computer 2000 eine Katastrophe", meint ein Wettbewerber aus der Distributionsszene. Nicht nur stünde dann Computer 2000 in Deutschland ohne Leitwölfe dar, Rettenberger genießt in der Branche auch hohes Ansehen.

Gleiches gilt auch für Prinz. Unter seiner Leitung hat Computer 2000 die Geschäfte auf hohem Niveau weiter ausbauen können. Im ersten Jahr seiner Amtszeit als Deutschland-Chef konnte Prinz mit seiner Mannschaft die Umsätze um immerhin 23 Prozent auf 2,6 Milliarden Mark im Geschäftsjahr 97/98 (30.9.) ausweiten. Und trotz schwieriger Marktsituation vor allem im ersten Quartal dieses Jahres konnte Prinz nach eigenen Angaben monatliche Umsatzzuwächse von rund 26 Prozent verbuchen. Insgesamt repräsentiert die Deutschland-GmbH, die auch für Österreich und die Schweiz verantwortlich ist, rund ein Drittel des Konzernumsatzes. Ziel für das laufende Jahr: 3,2 Milliarden Mark Umsatz.

Auch bei den Partnern genießt der Münchner Distributor einen guten Ruf. Das drückt sich unter anderem in der ComputerPartner-Wahl zum Distributor des Jahres 1998 aus (siehe ComputerPartner 28/98, Seite 10). "Ich bedaure, daß Joachim Prinz Computer 2000 verläßt. Wir haben gut mit ihm zusammengearbeitet. Vor allem hat mir gefallen, daß er für die Belange des Fachhandels ein offenes Ohr hat und er auch unsere Sprache spricht", weint bereits heute ein süddeutscher Systemhauschef dem Computer-2000-Geschäftsführer eine Träne nach.

Schwierig dürfte sich die Suche nach einem Nachfolger für Prinz gestalten. Selbst für den Fall, daß Rettenberger dem Unternehmen erhalten bliebe, rechnen Experten nicht damit, daß er in die Fußstapfen seines Kollegen und Freundes Prinz treten wird. "In der Rolle der Gallionsfigur würde sich Rettenberger nicht wohl fühlen, und da liegen auch nicht seine Stärken", meint ein Kenner der Szene. Derzeit jedenfalls ist ein neuer Deutschlandchef von Computer 2000 noch nicht in Sichtweite.

Unternehmenskenner schließen nicht aus, daß die personellen Abgänge bei Computer 2000 noch weitere Kreise auch im mittleren Management ziehen werden. Erst vor kurzem hatte Marketingdirektor Günther Schießl seine Kündigung eingereicht. (sic)

Computer-2000-Firmensitz in München: Einige Top-Manager gehen bald zum letzten Mal durch die Drehtür.

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