Startup-Verband

Geschäftsklima unter Start-ups nahe am Corona-Tiefpunkt

16.08.2023
Konjunkturflaute, gestiegene Zinsen, zurückhaltende Investoren: Start-ups in Deutschland stehen nach langem Boom von mehreren Seiten unter Druck. Viele treten bei ihren Wachstumsplänen auf die Bremse.
Im Jahr 2022 haben 56 Prozent der befragten Start-ups neues Personal eigestellt, 15 Prozent haben sich von Mitarbeitern trennen müssen.
Im Jahr 2022 haben 56 Prozent der befragten Start-ups neues Personal eigestellt, 15 Prozent haben sich von Mitarbeitern trennen müssen.
Foto: GaudiLab - shutterstock.com

Die schwache Wirtschaft und schwierige Finanzierungsbedingungen machen deutschen Start-ups zunehmend zu schaffen. Das Geschäftsklima in der Branche ist auf den zweittiefsten Stand nach dem Corona-Tief 2020 gesunken, wie eine Umfrage des Startup-Verbands zeigt, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Demnach liegt das Geschäftsklima mit 38,1 Punkten nur wenig über dem Wert im Pandemiejahr 2020 (31,8 Punkte). Damit setzte sich der Rückgang seit dem Rekordjahr 2021 fort. An der Umfrage nahmen 1.825 Start-ups teil.

Das Geschäftsklima, das analog zu dem Barometer des Ifo-Instituts als Saldo aus der Bewertung der aktuellen Lage sowie den Geschäftserwartungen berechnet wird, zeige große Unsicherheit unter Gründern, hieß es. Fast zwei Drittel (65 Prozent) täten sich schwer, die künftige Lage einzuschätzen. Die Geschäftserwartung sei dennoch leicht gestiegen, während die aktuelle Geschäftslage auf einem Tief seit Beginn der Pandemie liege. "Nachdem auf den Pandemie-Schock 2020 die Beschleunigung vieler Innovationen folgte, ist die Lage nun problematischer", erklärte der Verband und verwies auf die Inflation und gestiegene Zinsen. Start-ups agierten vorsichtig: Jedes dritte habe Neueinstellungen reduziert und Finanzierungspläne geändert.

Deutsche Start-ups hatten noch 2021 Rekorde bei der Finanzierung durch Investoren verzeichnet. In der Pandemie bekam die Digitalisierung einen Schub - ob bei Finanzgeschäften, Online-Shopping oder Essenslieferungen. Doch mit dem Ukraine-Krieg, steigenden Zinsen und Unsicherheit um die Wirtschaft drehte sich der Markt. Investoren hielten sich zurück, viele Start-ups strichen Jobs, die Finanzierung brach 2022 ein. Im ersten Halbjahr blieb die Lage schwierig: Start-ups warben laut Beratungsgesellschaft EY rund 3,1 Milliarden Euro ein - fast die Hälfte weniger als ein Jahr zuvor.

Vor allem größere Finanzierungsrunden fehlen. Dieses Jahr habe es noch keine Runde über 250 Millionen Euro gegeben, berichtete der Startup-Verband. Im Jahr 2022 waren es demnach vier und 2021 acht. Fast die Hälfte der Gründer halte die Investmentbereitschaft von Geldgebern wie Wagniskapital-Fonds für schlecht, nur 15 Prozent finde sie gut.

Zukunftsfinanzierungsgesetz

Christian Miele, Vorstandsvorsitzender des Startup-Verbands, forderte, die Bundesregierung müsse Start-up-Themen stärker vorantreiben. "Das gilt zum Beispiel für das Zukunftsfinanzierungsgesetz, auf das deutsche Start-ups schon lange warten - es sollte nun zügig verabschiedet werden." Das Gesetz soll den Gründer-Standort voranbringen, etwa über günstigere Regeln für Mitarbeiterbeteiligungen und einen leichteren Zugang zum Kapitalmarkt für Wachstumsfirmen. Das Vorhaben hat sich aber verzögert.

Die Bundesministerien für Wirtschaft und Finanzen gaben am Dienstag bekannt, dass künftig ein neues Finanzierungsinstrument mit dem Namen RegioInnoGrowth vor allem Start-ups und kleine innovative Mittelständler unterstützen soll. Dafür will der Bund aus dem Zukunftsfonds und dem ERP-Sondervermögen bis zu 450 Millionen Euro bereitstellen. Unternehmen können jeweils bis zu fünf Millionen Euro erhalten.

Die Umfrage

Bei der Umfrage handelt es sich um eine Auskopplung des Deutschen Startup Monitors 2023, die als gesamte Studie am 25. September 2023 erscheinen soll. Mit 1.825 befragten Unternehmen ist der Deutsche Startup Monitor die umfassendste Befragung von Gründerinnen und Gründern hierzulande und wird in Kooperation mit PwC Deutschland veröffentlicht. Die Befragung fand zwischen Mai und Juli 2023 statt.

Der Geschäftsklima-Saldo setzt sich aus der Bewertung der aktuellen Lage und der erwarteten zukünftigen Geschäftslage zusammen. Der Wert liegt zwischen -100 und 100, was einer über alle Befragten hinweg vollständig negativen oder positiven aktuellen und zukünftigen Geschäftserwartung entsprechen würde. (dpa/rs/rw)

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