Gesetzesänderungen machenComputerhändlern das Leben schwer

31.01.2002
Für Hersteller und Handel sind schwere Zeiten angebrochen. Die Justizreform hat für den Handel relevante neue Gesetze, Verfahren und Vorschriften hervorgebracht. Jürgen Klass* liefert einen Überblick.

Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) bildet mit seinem Schuldrecht seit über hundert Jahren die rechtliche Grundlage für fast alle Geschäfte des täglichen Lebens. Diese haben sich im Laufe der Zeit erheblich gewandelt. Der Gesetzgeber wollte dieser Entwicklung - auch unter dem Druck des neuen europäischen Verbraucherschutzrechts - Rechnung tragen. In einem (umstrittenen) Hauruck-Verfahren wurden kurz vor Ende des vorigen Jahres vor allem

- das Verjährungsrecht,

- das Recht der Leistungsstörungen und

- das Kauf- und Werkvertragsrecht

neu gestaltet sowie schuldrechtliche Sondergesetze, allen voran das AGB-Gesetz, in das BGB integriert.

Während das modernisierte Schuldrecht als Ganzes grundsätzlich für Neuverträge, also für alle ab dem 1.1.2002 entstandenen Schuldverhältnisse gilt, findet das neue Verjährungsrecht auf die am 1.1.2002 bestehenden und noch nicht verjährten Ansprüche Anwendung. Von dieser Regel gibt es Ausnahmen beziehungsweise Abweichungen, die hier aber nicht weiter vertieft werden sollen.

Welche Rechtsbereiche sind von der Reform besonders betroffen? Von Interesse sind vor allem drei Bereiche, nämlich Haustürgeschäfte, Fernabsatz und E-Commerce. Bei diesen drei Bereichen handelt es sich um besondere Vertriebsformen. Die Verbraucher sollen hier besonders geschützt werden über bestimmte Informationspflichten des Unternehmers sowie Widerrufs- beziehungsweise Rückgaberechte. Hinzu kommen die Änderungen im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen: In der Summe sind diese Änderungen so erheblich, dass keinem Unternehmer empfohlen werden kann, nach altem Recht entwickelte Allgemeine Geschäftsbe- dingungen ohne eine eingehende Überprüfung weiter anzuwenden. Teure Rechtsstreitigkeiten sind sonst programmiert.

Gewährleistung selbst auf gebrauchte Produkte

Die Computerhändler müssen gerade im Falle von Kundenreklamationen mit Sorgen in die Zukunft schauen. Die Gewährleistungsdauer für Güter aller Art wurde nämlich von sechs Monaten auf zwei Jahre verlängert. Noch wichtiger: Händler müssen künftig selbst auf gebrauchte Produkte eine Gewährleistung von zwölf Monaten geben. Noch schwerer wird den Händlern die sechsmonatige Beweislastumkehr im Magen liegen. Das heißt: Tritt etwa ein Mangel an der Hardware innerhalb des ersten halben Jahres auf, wird vermutet, dass die Ware bereits beim Kauf fehlerhaft war. Der Händler hat jetzt den "Schwarzen Peter": Er muss beweisen, dass dem nicht so war.

Auch für durchgeführte Reparaturarbeiten muss der Händler künftig gerade stehen - mindestens ein Jahr. Unwesentlich ist dabei, ob neue oder gebrauchte Teile verarbeitet worden sind. Der Kunde muss bei Schäden, die behebbar sind, eine Reparatur auf jeden Fall akzeptieren - doch das nicht unter allen Umständen. Kunden müssen beispielsweise keine zeitraubenden Rücktransfers hinnehmen. Wenn PC-Händler, die defekte Geräte an den Hersteller zurückschicken, Kunden über Wochen warten lassen, müssen diese sich das nicht gefallen lassen. Sie können sofortigen Ersatz verlangen.

Eine fehlerhafte oder mißverständliche Bedingungs- oder Montageanleitung ist gleichfalls ein Mangel ("Ikea-Klausel"). Unter anderem unverständliche Billigübersetzungen aus Asien sollten damit der Vergangenheit angehören.

Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, daß seit dem Jahreswechsel Kostenvoranschläge nicht mehr in Rechnung gestellt werden dürfen.

Werbung muss halten, was sie verspricht

Kunden sind ab 2002 auch noch in anderen Dingen besser gestellt. Nach neuem Recht haftet der Verkäufer sogar für die Inhalte seiner Werbung. Die konkreten Eigenschaften, die in den Anpreisungen herausgestellt worden sind, müssen stimmen, anderenfalls drohen Regressansprüche. Hält ein Produkt nicht, was die Werbung verspricht, hat der Kunde dieselben Rechte wie beim Kauf fehlerhafter Produkte: Er kann den Deal rückgängig machen.

Das neue Schuldrecht bringt auch in das Online-Shopping mehr Rechtssicherheit. Anbieter im E-Commerce müssen beispielsweise Kunden vor ihrer Bestellung mitteilen, wann und mit welchem Inhalt ein Vertrag zustande kommt. Auch müssen Käufer bis dahin ihr Angebot noch korrigieren können.

Für wen gilt das neue Schuldrecht? Für den Kauf/Verkauf zwischen reinen Privatkunden bleibt alles beim alten. Die Gesetzesänderungen gelten allein für Rechtsgeschäfte zwischen Unternehmern und Privatleuten. Händler untereinander sind von den weitreichenden Änderungen ebenfalls nicht betroffen.

Merke: Die Gesetzesreform hat den Handel insofern besser gestellt, als sie ihn aus der Gewährleistungsfalle des Vorlieferanten befreit hat. Bisher hafteten Hersteller gegenüber dem Händler nur sechs Monate. Nicht selten war diese Frist bis zum Weiterverkauf der Ware abgelaufen. Der Händler blieb auf dem Schaden sitzen. Nun verjähren Rückgriffsansprüche frühestens zwei Monate nach Erfüllung der Ansprüche des Endverbrauchers.

Fazit: Gerade die Neuerungen im Kaufrecht zwingen jeden Händler dazu, alte Broschüren, den Internet-Auftritt, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen und bestehende Verträge der neuen Rechtslage anzupassen.

*Jürgen Klass ist Rechtsanwalt und Partner der Kanzlei Dr. Klüver, Dr. Klass & Kollegen, München, Leipzig, Bad Endorf.

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