Gewährleistung des Handels von zwei Jahren?

29.10.1998

BAIERSBRONN: Die Europäische Kommission hat im Juni 1996 einen Richtlinienentwurf über den Verbrauchgüterkauf und Garantien vorgelegt. Das Europäische Parlament hat den Entwurf im März 1998 gebilligt. Im April 1998 hat der Ministerrat seinen gemeinsamen Standpunkt formuliert. Was genau diese Richtlinie für den Fachhandel bedeuten wird, erklärt im folgenden Wilfried Gaiser*.Die Richtlinie der Europäischen Union sieht eine einheitliche Gewährleistungsfrist für alle Waren von zwei Jahren vor. Für eine Reduzierung auf nur ein Jahr hatten sich nicht die erforderlichen Mehrheiten gefunden. Eine Generalklausel existiert nicht, nach der geringwertige Güter ausgeschlossen werden sollen. Lediglich im Bereich der gebrauchten Waren setzte sich durch, daß in diesen Fällen durch vertragliche Vereinbarung die Gewährleistungsfrist auf ein Jahr begrenzt werden kann.

Weiter enthält die Richtlinie eine Bestimmung über die Haftung für Werbeaussagen. In allen drei Fassungen wurden hierzu Unbilligkeitserwägungen zugunsten des Handels aufgenommen.

Der Regreß des Verkäufers oder Fachhändlers gegen den Hersteller der Ware ist jetzt aber möglich. Die vom Parlament vorgeschlagene parallele Herstellerhaftung wurde vom Ministerrat allerdings nicht übernommen. In den ersten sechs Monaten nach Kauf der Ware gilt eine Beweislastumkehr zugunsten des Käufers.

Die umfangreichen Informationspflichten des Händlers wie auch die technischen Möglichkeiten der Durchsetzung der Gewährleistungsansprüche in den einzelnen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sind vom Rat nicht übernommen worden.

Eine Wahlrechtseinschränkung ist möglich. Ursprünglich war zwar vorgesehen, daß der Verbraucher bei Anzeige der Vertragswidrigkeit das uneingeschränkte Wahlrecht hat. Das heißt, daß der Käufer entweder unentgeltliche Instandsetzung der Sache, Ersatzleistung, Minderung oder Wandlung verlangen kann. Der Anspruch auf Wandlung beziehungsweise Ersatzleistung sollte auf ein Jahr befristet sein. Praktisch hätte das bedeutet, daß zum Beispiel ein PC-Käufer kurz vor Ablauf der Ein-Jahres-Frist die Möglichkeit gehabt hätte - bei Vorliegen eines Schadens -, einen neuen PC zu verlangen. Unabhängig davon, wie intensiv er das Gerät bereits benutzt hat. Auch der Käufer eines Diskettenlaufwerkes für knapp 50 Mark hätte zum Beispiel bei einem Defekt noch nach einigen Monaten die Reparatur dieses Artikels verlangen können. Aus diesen Gründen erfolgte eine Einschränkung des Wahlrechtes.

Den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union ist freigestellt, eine Regelung aufzunehmen, wonach der Verbraucher verpflichtet wird, binnen einer Frist von zwei Monaten die Vertragswidrigkeit anzuzeigen. Diese Regelung beachtet allerdings nicht die Harmonisierung des Verbraucherschutzes. Ob sie Bestand haben wird, ist daher fraglich.

Die hier aufgeführten Bestimmungen der Richtlinie wurden auch auf Werklieferungsverträge ausgedehnt.

Die Bestimmungen gelten aber lediglich für Verträge zwischen professionellen Verkäufern und Verbrauchern und nicht für Verträge unter Privatpersonen.

*Wilfried Gaiser ist Rechtsanwalt in Baiersbronn.

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