Gewerbesteuerpflicht für freie Mitarbeiter in der EDV-Branche

11.07.1997
MÜNCHEN: Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes zur Gewerbesteuerpflicht ist für einen Laien kaum nachzuvollziehen. Bei Eingeweihten löst sie mitunter Kopfschütteln aus. Grund dieser Situation ist zu einem großen Teil das technisch-wissenschaftliche Grundverständnis, mit dem der Bundesfinanzhof den Beruf und die Tätigkeit des EDV-Beraters bzw. Softwareentwicklers besetzt. Der vorliegende Beitrag versucht, etwas Licht in das scheinbare Dickicht zu bringen.Ausgangspunkt für die Gewerbesteuerpflicht ist § 18 Einkommenssteuergesetz (EStG). Hiernach haben diejenigen keine Gewerbesteuer zu zahlen, deren Tätigkeit zu den freien Berufen zu zählen ist. Wer beziehungsweise welche Tätigkeit den freien Berufen angehört, ist im einzelnen in ñ 18 EStG aufgeführt. Neben den Architekten, Rechtsanwälten, etc. gehören hierzu die Ingenieure und beratenden Betriebswirte sowie die hiermit artverwandten Berufe.

MÜNCHEN: Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes zur Gewerbesteuerpflicht ist für einen Laien kaum nachzuvollziehen. Bei Eingeweihten löst sie mitunter Kopfschütteln aus. Grund dieser Situation ist zu einem großen Teil das technisch-wissenschaftliche Grundverständnis, mit dem der Bundesfinanzhof den Beruf und die Tätigkeit des EDV-Beraters bzw. Softwareentwicklers besetzt. Der vorliegende Beitrag versucht, etwas Licht in das scheinbare Dickicht zu bringen.Ausgangspunkt für die Gewerbesteuerpflicht ist § 18 Einkommenssteuergesetz (EStG). Hiernach haben diejenigen keine Gewerbesteuer zu zahlen, deren Tätigkeit zu den freien Berufen zu zählen ist. Wer beziehungsweise welche Tätigkeit den freien Berufen angehört, ist im einzelnen in ñ 18 EStG aufgeführt. Neben den Architekten, Rechtsanwälten, etc. gehören hierzu die Ingenieure und beratenden Betriebswirte sowie die hiermit artverwandten Berufe.

Der EDV-Berater beziehungsweise Software-Entwickler wird in ñ 18 EStG selbst nicht genannt. Der Bundesfinanzhof hat in seiner bisherigen Rechtsprechung allerdings zu prüfen gehabt, ob die Freien Mitarbeiter in der EDV-Branche zu der Gruppe der beratenden Betriebswirte und den hiermit vergleichbaren Berufen oder zu der Gruppe der Ingenieure und deren artverwandten Berufen zuzuordnen sind und damit von der Gewerbesteuer befreit sind.

Die Zugehörigkeit der EDV-Selbständigen zu den beratenden Betriebswirten lehnt der Bundesfinanzhof in ständiger Rechtsprechung ab. Grundlage dieser Rechtsprechung ist, daß für die Zugehörigkeit zur Gruppe der beratenden Betriebswirte eine Tätigkeit in den hauptsächlichen Bereichen der Betriebswirtschaft und nicht nur in einem Spezialgebiet erforderlich ist. Hierzu zählt der Bundesfinanzhof beispielsweise Fragen der Führung, der Fertigung, der Materialwirtschaft, der Finanzierung, des Vertriebs, des Verwaltungs- und des Rechnungswesens. Zwar gesteht der Bundesfinanzhof dem beratenden Betriebswirt zwischenzeitlich eine Spezialisierung zu und erachtet es als ausreichend an, wenn sich die Tätigkeit des beratenden Betriebswirtes auf einen dieser betrieblichen Hauptbereiche erstreckt. Doch fehlt es dem Bundesfinanzhof an dieser Breite, sobald EDV mit ins Spiel kommt. Obwohl der EDV-Beruf in einem immer größer werdenden Anteil mit sämtlichen Gebieten der Betriebswirtschaft zu tun hat, geht der Bundesfinanzhof noch immer davon aus, daß sich der Berater für Datenverarbeitung lediglich mit einem Teilbereich des Verwaltungs- und Rechnungswesens befasse. Ob diese Rechtsprechung auch zukünftig Bestand haben wird, bleibt vor dem ständigen Wandel der Tätigkeit des EDV-Beraters abzuwarten.

Sofern der EDV-Berater beziehungsweise Softwareentwickler Ingenieur ist, hat es dieser - aufgrund seiner Nennung in ñ 18 EStG - vergleichsweise einfach. Die übrigen ingenieurähnlichen Studiengänge und damit ingenieurartverwandten Berufe haben dagegen mit dem Abgrenzungskriterium Anwendersoftware/Systemsoftware zu kämpfen. Nur der Softwareentwickler, der im Bereich der Systemtechnik tätig ist, übt nach Ansicht des Bundesfinanzhofes einen ingenieurähnlichen und damit gewerbesteuerfreien Beruf aus. Der EDV-Berater beziehungsweise Softwareentwickler, der Anwendungssoftware entwickelt oder zu deren Einsätze einleitet und Nutzer betreut, ist wiederum gewerbesteuerpflichtig. Ihm mangele es nach Einschätzung des Bundesfinanzhofes an einem technisch- naturwissenschaftlichen Bezug. Im Gegensatz zur Anwendungssoftware-Entwicklung soll die Entwicklung von Systemsoftware diesen naturwissenschaftlichen Bezug haben. Die in diesem Bereich tätigen Personen - wie etwa die Systemanalytiker, Systemorganisatoren oder auch Systemingenieure - sind von der Gewerbesteuer befreit.

Fragt man sich nun nach der Abgrenzung von System- und Anwendungssoftware, so führt der Bundesfinanzhof an, daß die Systemtechnik unterschiedliche, abgrenzbare Teile wie zum Beispiel Betriebssysteme, Datenbanksoftware, Datenfernverarbeitungssoftware, Programmiersprachen, Hardwarekonfigurationen und Datenübertragungsnetze umfasse. Dabei müsse dem freie Mitarbeiter auf mindestens einem Teilgebiet der Entwurf, die Auswahl, die Bereitstellung, die Implementierung, die Überwachung, die Optimierung oder Fortentwicklung der einzusetzenden beziehungsweise eingesetzten Hardware- oder Softwarekomponenten sowie die Beratung und Unterstützung obliegen.

Bereits entschieden hat der Bundesfinanzhof, daß beispielsweise der Diplom-Informatiker oder die Diplom- Mathematiker ingenieurähnlich tätig seien, sofern sie sich im Bereich der Systemtechnik engagieren. Diese Studiengänge würden es aufgrund ihrer Ausbildung verstehen, auf der Grundlage natur- und technikwissenschaftlicher Erkenntnisse und unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Belange technische Werke zu planen, zu konstruieren und ihre Fertigung zu überwachen.

Nach Auffassung des BFH ist allerdings auch ein Autodidakt im Bereich der EDV so zu behandeln wie der studierte Ingenieur. Kann der Autodidakt den Nachweis führen, daß er die erforderlichen theoretischen Kenntnisse anhand eigener praktischer Arbeiten erlangt hat, so ist auch der Autodidakt dem Ingenieur gleichzustellen und von der Gewerbesteuer zu befreien. Die im Zweifel dem Finanzamt vorzulegenden Arbeiten müssen dabei den Schluß rechtfertigen, daß der freie Mitarbeiter seine theoretischen Kenntnisse von der Breite und Tiefe nach denjenigen des an einer Fachhochschule oder Universität ausgebildeten Diplom-Ingenieurs entsprechen. Dies gilt wiederum nur, sofern der Autodidakt im Bereich der Systemtechnik tätig ist. Ist der EDV-Berater gemischt tätig, also im Bereich der Anwendungssoftware und im Bereich der Systemsoftware, so ist er unterschiedlich zu veranlagen. Für den Bereich der Anwendungssoftware hat er Gewerbesteuer zu entgelten, für den Bereich der Systemsoftware nicht.

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung sollte der in der EDV-Branche tätige freie Mitarbeiter bei seiner Veranlagung durch das Finanzamt genau überlegen, welchem Bereich seine Tätigkeit zuzuordnen ist. Eine genaue Studie der Abgrenzungskriterien des Bundesfinanzhofes kann sich lohnen.

Dr. Stefanie Müller Die Autorin ist Rechtsanwältin in Hamburg.

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