Glosse

ILOVEYOU - ein Kneipengespräch

12.05.2000
Dienstag, 9. Mai, abends in der Kneipe: Als es um Viren und Sicherheit im Internet ging, waren meine Gesprächspartner - alle drei Systemadministratoren - nicht mehr zu bremsen.

Dienstag, 9. Mai, abends in der Kneipe: Als es um Viren und Sicherheit im Internet ging, waren meine Gesprächspartner - alle drei Systemadministratoren - nicht mehr zu bremsen. "Wahnsinn", stöhnte der eine. "Das komplette Chaos", fügte der andere mit düsterer Miene hinzu. "Wie wollen Sie das Internet sicher machen, wenn außer einem kleinen Kreis Eingeweihter kaum jemand Dateien mit anderen Endungen als .txt, .doc und .xls kennt und doch mit der ganzen Welt verbunden ist?" fragte mich der dritte.

Die Prüfung seiner Behauptung trat er nicht an, obwohl die Kneipe gut besucht war, und jeder, der eine der am Eingang vorrätig gehaltenen Tageszeitungen gelesen hatte, über die verheerenden Wirkung des Virus "I LOVEYOU" auf Millionen Computern dieser Welt, hätte informiert sein müssen. Milliardenverluste seien entstanden durch das unvorsichtige öffnen der Virusdatei, hat zum Beispiel das Fachblatt "Süddeutsche Zeitung" geschrieben. Ja dann! "Die meisten wissen nichts über die Software, die sie verwenden. Die wollen auch gar nichts wissen!" redeten sich die drei in Rage.

Ich antwortete nichts. Vor ein paar Wochen hatten sie mich mit der Frage "Was glauben Sie, wie viele mich verstehen, wenn ich sage: Ich bin Systemadministrator?" in eine Betrachtung über ihre Arbeit und über vernünftige Softwareprogrammierung verwickelt, die meiner Erinnerung nach erst endete, als es hell wurde. Stattdessen stießen wir auf die "Open Source"-Bewegung an. Als wir schließlich das Lokal verließen, sagte einer noch: "Im Internet weiß kaum jemand, welches Alphabet er verwendet, wenn er ‘kommuniziert’. Das ist unser Problem."

Erst als ich zu Hause angekommen war - übrigens stand die Haustür sperrangelweit offen -, fiel mir ein: Ich hätte sie fragen müssen, ob nicht Spezialisten wie sie dafür sorgen müssten, dass meine Mails unverseucht sind? Mittels standardisierter Voreinstellungen - etwa im "Windows Explorer", Abteilung Ansicht/Optionen/Ansicht, wodurch man die Dateiendungen sehen kann?

Aber warum war die Haustür offen? Wenn ich außer Haus gehe, werfe ich sie ins Schloß. Das ist praktischer, als sie immer zuzusperren. Außerdem, als der Türhersteller sie mir lieferte, war sie ja auch nicht zugesperrt. Im gestern angekommenen Brief meiner Versicherung stand, ich hätte die Tür zusperren müssen; Schadensansprüche kämen nicht in Frage. I LOVE IT. (wl)

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