Grafikkartenmarkt mal wieder in Bewegung

07.01.1999

MÜNCHEN: Nach der Übernahme von STB Vision durch 3Dfx im Januar zieht S3 nach: Der lädierte OEM-Lieferant kauft das angeschlagene Unternehmen Diamond. Für beide Firmen vielleicht der letzte Strohhalm, um im Markt zu überleben.Kaum ein Produktsegment in der IT-Branche steht so unter Druck wie Grafikkarten. "Das ist der Schweinemarkt pur: Die Produktzyklen werden immer kürzer, weil im Multimediabereich neue Software wiederum neue Hardware generiert und umgekehrt. Es gibt also laufend neue Produkte, und wer nicht über eigene Grafikchips verfügt, hat schlechte Karten, überhaupt im Spiel zu bleiben", kommentiert denn auch ein Hersteller die Vorgänge.

Neueste Sensation: S3, OEM-Lieferant für Grafikchips, kauft sich Diamond. "Diamond-Aktionäre erhalten 0,52 Aktien von S3 für jedes ihrer Papiere. S3 wird außerdem alle offenen Schulden von Diamond begleichen", teilte S3 mit. "Diamond und S3 haben beide ein katastrophales Geschäftsjahr hinter sich und rote Zahlen geschrieben. Hier machen jetzt zwei Einäugige gemeinsame Sache", sagt ein Mitbewerber über den Deal. Nach Informationen von ComputerPartner hat S3 das vierte Quartal 1998 mit 70,2 Millionen und Diamond mit 16,9 Millionen Dollar Verlust abgeschlossen (siehe Grafik). "Mit dem Kauf hat sich S3 keinen Gefallen getan. Sinkende Umsätze und Brand-Awareness haben zum Chaos bei Diamond geführt: Die internen Strukturen wackeln, und Manager wandern ab", berichtet ein Unternehmenskenner. Dazu paßt, daß das europäische Management bei Diamond derzeit telefonisch nicht erreichbar ist: Man erreicht nur die jeweiligen Anrufbeantworter - und das war's.

Welche Strategie verfolgt S3 in Zukunft?

Offenbar will S3 sich neben seinen OEM-Geschäften mit der Marke Diamond ein zweites Standbein im Markt aufbauen. Damit tritt der Anbieter dann aber in direkte Konkurrenz zu seinen OEM-Kunden, was sie in die Arme des Wettbewerbs treiben könnte: Intel, Nvidia und 3Dfx stehen bereits in den Startlöchern. Mit dem Kauf will aber S3 nicht nur seinen Marktanteil im Grafikkartengeschäft ausbauen, sondern sich auch einen Teil des Kuchens für "Internet Appliances" sichern: einfach zu bedienende Terminals für den Web-Zugang wie zum Beispiel Settop-Boxen.

Wer allerdings meint, die Konsolidierung im Grafikkartenmarkt sei damit abgeschlossen, täuscht sich. Als sicher gilt derzeit nur, daß ATI eigenständig bleiben wird. Die anderen Anbieter werden den Unwägbarkeiten des Marktes ausgeliefert bleiben: "Bei Matrox bleibt abzuwarten, ob sie sich mit dem GL400 wieder erholen. Und der nächste heiße Übernahmekandidat heißt Nvidia. Die Frage ist nur, wer schlägt zuerst zu?", spekuliert ein Branchenkenner. Nach unseren Informationen könnte Creative Labs ganz vorne in der Reihe der Interessenten stehen. (ch)

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