Gut beraten?

04.03.2004

Von Rat suchenden Märkten und Menschen. In der Vergangenheit wurde dem Menschen nachgesagt, er strebe nach Wissen und Weisheit. So ließen sich die Evolution, der aufrechte Gang oder das Essen mit Messer und Gabel leichter erklären. Seit ein paar Jahren allerdings ist dieses wesentliche Bedürfnis der Evolution scheinbar verloren gegangen. Es wurde an professionelle Berater "outgesourct". Was die so können, zeigt sich bei Dosenpfand über Arbeitsamt bis zu Toll Collect und Bundeswehr.

Dabei wären gerade in unserer staatlich verhätschelten Großindustrie ein paar Ratschläge dringend angebracht. Die Autobauer beispielsweise produzieren nach wie vor auf Teufel komm raus überteuerte Produkte für einen Binnenmarkt, dem sie zuvor die Kaufkraft per Stellenabbau genommen haben. Inzwischen werden so genannte deutsche Automobile in Billiglohnländern des ehemaligen Ostblocks oder den südeuropäischen Entwicklungsländern zusammengeschraubt. Eine Folge intensiver Beratungstätigkeit, deren Quintessenz in der Freisetzung des Kostenfaktors Arbeitskraft besteht. Als Glaubensschwester dieser "Offshore"-Produktion sieht die IT, was so in den nächsten Jahren auf sie zukommt.

Erscheinungen wie die Greencard und rumänische Programmierkünstlerniederlassungen sind da nur der Anfang. Mit der Osterweiterung der EU ist das Wachstum zumindest statistisch wieder gesichert, wenn auch nicht bei uns. Ähnlich wie mit den blühenden Landschaften und der Privatisierungswelle, bei der sich die Politik ihrer Kompetenz und Verantwortung endgültig entledigte, geht es nun Gesundheit, Rente und Sozialem an den Kragen. Weil die Politik am Arbeitsmarkt versagt hat, muss nun das soziale Netz daran glauben. Evolution nach Gutsherrenart mit Beratern Marke Lambsdorf. Bildung und Kultur sind überflüssige Relikte des alten Europas. Da tun es ein paar Eliteschulen genauso gut, sind billiger weil konzernabhängig und für das Image ausreichend. Den Rest lassen wir auf Neue-Welt-Niveau dahindümpeln.

Warum in die Aufzucht von Arbeitslosen investieren? Wäre es da nicht sinnvoller, über die gute, alte bedarfsorientierte Produktion nachzudenken? Über Ratschläge, wie sich höhere Einnahmen realisieren lassen, statt Produktionskosten zu senken? Darüber, ob es besser ist, ein teures, reiches Land zu sein oder ein billiges armes? Wir sollten beraten, ob der jetzige Weg das Ziel ist und wo das alles letztendlich hinführt. Der Markt mag ein guter Diener sein, aber er ist ein schlechter Herr!

Mein Fazit: Kein Mensch braucht eine gute Beratung, solange wir in einer Welt leben, in der keiner zuhört. Und wer nichts weiß, muss alles glauben!

Bis demnächst, euer Querschläger!

Der ComputerPartner-Autor "Querschläger" ist ein Fachhändler aus Rheinland-Pfalz.

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