Händler nicht chancenlos

16.08.1996
Leserbrief von Rudolf Gallist "Die Händler sollen sich entscheiden" in ComputerPartner 11/96, Seite 7.In seinem Leserbrief hat Herr Gallist die Auffassung der Firma Microsoft, der Einzelvertrieb von gebundelter Software sei rechtswidrig, nochmals bekräftigt. Dies ist durchaus verständlich, da Microsoft von solchen Vertriebsbeschränkungen profitiert.

Leserbrief von Rudolf Gallist "Die Händler sollen sich entscheiden" in ComputerPartner 11/96, Seite 7.In seinem Leserbrief hat Herr Gallist die Auffassung der Firma Microsoft, der Einzelvertrieb von gebundelter Software sei rechtswidrig, nochmals bekräftigt. Dies ist durchaus verständlich, da Microsoft von solchen Vertriebsbeschränkungen profitiert.

Microsoft war es aber selbst, die diese recht einseitige Rechtsmeinung in zahlreichen Pressemitteilungen schon früher als geltende Rechtslage hingestellt und Verstöße sinngemäß als "kriminelle Handelsaktivitäten" im gleichen Atemzug mit Raubkopierern genannt hat. Daß man dies mit den angegriffenen Handelspraktiken aber nicht in einen Topf werfen darf, zeigt beispielsweise die von Microsoft nicht angegriffene, rechtskräftige Entscheidung des LG München I im Fall Seemüller. Dort ging es um Brown-Boxes, für die Microsoft ebenfalls ähnliche Vertriebsbeschränkungen durchsetzen wollte.

Urheberrechtlich sind diese Fälle nach verbreiteter Ansicht gleich zu bewerten. Es geht um bloße Verwendungsbeschränkungen, die keine urheberrechtliche Wirkung haben. Die Begründung des Berliner Gerichts ist falsch, weil eine Vertriebsbeschränkung nicht mit "erzieherischen Zwecken" oder der "Vermeidung von Raubkopien" begründet werden kann. Solche Zwecke charakterisieren kein Nutzungsrecht im Sinne des UrhG. Der vom Kammergericht gezogene Vergleich zum Vertrieb von Büchern hinkt ebenfalls, da es dort um abgrenzbare Teilmärkte und unterschiedliche Abnehmer ging, die im Massenvertrieb mit Software nicht existieren.

Zwischenzeitlich hat beispielsweise das OLG Köln in einem zumindest mit dem Vertrieb von Schulversionen vergleichbaren Fall entschieden, daß die Beschränkung des Nutzungsrechtes auf "Forschungs- und Auswertungszwecke" eine unzulässige, gebrauchsbeschränkende Erklärung sei. Genauso verhält es sich, wenn die Beschränkung auf den "Vertrieb nur in Verbindung mit dem PC" lautet, was hoffentlich auch bald vom Bundesgerichtshof so entschieden wird. Es ist also keineswegs so, daß gutgläubige Händler in einem Rechtsstreit chancenlos dastehen. Diese Ansicht teilen auch andere im EDV-Recht tätige Anwaltskollegen.

Andreas Witte ist Rechtsanwalt in München.

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