Händler und Anwender sind ratlos: CE, Serie 5 oder Palm-Pilot?

03.06.1998

MÜNCHEN: Angefangen beim Libretto von Toshiba, der für einen Preis von rund 3.500 Mark einen kompletten PC in die Größe eines Taschenbuchs schrumpfen läßt, bis hin zu den diversen Organizer-Lösungen von Casio oder Sharp, die heute schon in Scheckkartengröße zu haben sind: große Auswahl, kleiner Markt. Lohnt es sich da noch, auf CE 2.0 zu warten?

Palm-Pilot von 3Com

Der Palm-Pilot ist die konsequente Weiterentwicklung des Newton ohne dessen Schwächen. Er ist preiswerter, kleiner, seine Batterien halten länger und die Synchronisation geht einfacher. Er ist bei weitem nicht so leistungsfähig, will das aber auch nicht sein. Der Palm-Pilot konzentriert sich auf das Wesentliche, und das ist seine Stärke.

Im Gegensatz zu den beiden anderen hier vorgestellten Systemen kommt der Palm-Pilot ohne Tastatur aus. Er verfügt ausschließlich über ein berührungsempfindliches Display und eignet sich nicht für längere Texte. Der Palm-Pilot arbeitet mit der inzwischen stabilen und gut funktionierenden Handschriftenerkennung Graffiti, die ehedem für den Newton entwickelt wurde. Sie verlangt vom Benutzer die Eingabe spezifischer Zeichen, die den römischen Buchstaben ähneln. Ein Tag Einarbeitungszeit genügt zum Erlernen meistens.

Drei Aufgaben stehen im Mittelpunkt der Pilot-Philosophie: Mails, Termine und Adressen. Er ist ein echter digitaler Helfer, denn er ersetzt die Desktop-Arbeit nicht, sondern ergänzt sie höchstens. Er versteht sich als Zuarbeiter für Vollprogamme wie Exchange, ccMail, Schedule oder Access.

Mit einem Knopfdruck lassen sich die generierten Daten zwischen PC und Pilot abgleichen. Schon bei der Installation der Software wird der Benutzer nach den entsprechenden Vollprogrammen gefragt. Mit keinem anderen Gerät gelingt das Einrichten einer Internet-Verbindung derart einfach. Ein weiterer großer Vorteil des Palm-Pilot liegt in der Beliebtheit in den USA. Eine Reihe kleiner Entwickler hat bereits Software für das Gerät geschrieben. Darunter befindet sich auch ein Web-Browser.

Der Preis des Palm-Pilot Pro liegt unter 1.000 Mark und damit noch im vertretbaren Bereich. Sobald die Konkurrenz härter wird - ein neuer Herausforderer ist der Avigo von Texas Instruments - kann der Preis schnell auf 500 Mark gedrückt werden, wo er eigentlich hingehört. Die typische Mobilbenutzer-Ausstattung ist Palm-Pilot plus Notebook. Der kleine 3Com kann nicht als Ersatz eines Rechners dienen.

Psion Serie 5

Ganz anders der neue "Serie 5" von Psion: Der große Bruder des legendären Serie 3a erhebt Anspruch darauf, ein Notebook zu ersetzen. Allerdings konzentriert auch er sich auf die Kernaufgaben und läßt nicht so viel Spielraum für benutzerspezifische Manipulationen. Und das ist gut so. Der Serie 5 verfügt über ein eigenes 32-Bit-Betriebssystem namens Epoc. Die ganze Erfahrung von Psion floß in dieses Betriebssystem ein, und es ist vor allem eins: schnell. Im letzten Jahr soll es Überlegungen im Hause gegeben haben, das Gerät mit Windows CE auszustatten. Auch der ursprünglich vorgesehene CE-Internet Explorer kam nicht zum Einsatz. Statt dessen entwickelt Psion einen eigenen Internet-Betrachter und brachte ihn im November kostenlos auf den Markt, zusammen mit einer Fax- und einer E-Mail-Software.

Der besondere Clou des Serie 5 ist die Handhabung. Das fängt bei der hervorragenden Tastatur an, die auch für längere Texte herhalten kann. Die Programme sind in Organizer-Manier als Icons arrangiert und werden direkt angesteuert. Zusätzliche Programme werden in einem separaten System-Ordner gespeichert. Der Serie 5 verfügt über eine Textverarbeitung, eine Tabellenkalkulation, ein kleines Malprogramm und die ganzen Kommunikations-Features des Palm-Pilot. Die Einrichtung von Verbindungen geht denkbar einfach: Ein Dialogmenü fragt den Benutzer nach den entsprechenden Daten.

Der Serie 5 ist in zwei Versionen für 1.400 und 1.600 Mark zu haben. Er ist die richtige Wahl für jeden, der heute eine taschenfertige Lösung in der Hand halten möchte. Anwender, die nicht auf die ganz enge Verbindung zu Office-Applikationen angewiesen sind, haben genauso ihren Spaß wie die Entwickler: Auf der Homepage von Psion residiert ein SDK.

Windows CE

Im Gegensatz zu Epoc bietet Windows CE 2.0 mehr Freiheit. Es handelt sich dabei um ein sehr leistungsfähiges System, das allerdings dementsprechend Ressourcen verbraucht. In der Freiheit des Systems liegt auch seine Schwäche. Daß der Benutzer Ordner frei wählen und sogar Datei-Erweiterungen ändern kann, birgt Fehlerpotentiale. Das Einrichten einer DFÜ-Verbindung funktioniert ebenso wie unter Windows 95 und ist dementsprechend leistungsfähig. Wer aber nicht weiß, wie eine Verbindung eingerichtet wird, tut sich schwer.

Natürlich ist die Hardware je nach Anbieter unterschiedlich. Softwareseitig besticht die Integration zu Desktop-Programmen der Office-Familie. Wer mit anderen Applikationen arbeitet, hat seine Schwierigkeiten. Die neuen Features von CE 2.0 machen das Produkt marktfähig. Die Synchronisation mit dem PC geht jetzt einfacher. Ein Präsentationsprogramm fehlt den Konkurrenten bisher, ist aber bei Psion in Vorbereitung.

Einen Haken hat die Sache: Die Preise für CE-Geräte liegen durchweg um 2.000 Mark. Das ist der Standardpreis für einfache Desktop-PCs. Viele Kunden wird das abschrecken, wenngleich der Griff zum Notebook mindestens das Doppelte kostet.

Einzig Sharp startet mit Kampfpreisen: Der kleinste HC 4000G soll schon für 1.400 Mark über den Ladentisch gehen. Produktmanager Thomas Beneke dazu: "Wir wollen von Anfang an die Nummer eins im CE-Markt sein."

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