Harddiskhersteller in der Klemme

04.10.2001
Auf der Diskconn San José in Kalifornien gab es bei den Harddiskherstellern nur ein Thema: Der ständige Preisverfall und die sinkenden Margen der Festplatten.

Durch die derzeit flauen PC-Verkäufe stagniert auch der Festplattenmarkt und drückt natürlich damit auf die Preise. Kein Wunder, dass die großen Harddiskproduzenten nach neuen Märkten Ausschau halten. Denn neben dem Einsatz in PCs hat nun auch die Unterhaltungselektronik Festplatten entdeckt. Auf der IFA waren bereits die ersten digitalen Videorekorder zu bestaunen. Und zu einem Teil verlangen diese Geräte alle nach einer Festplatte, die jetzt aber gewissen Kriterien genügen muss. Hier betreten viele Hersteller von Harddisks noch Neuland. Denn hohe Geschwindigkeiten und große Kapazitäten sind nicht die hauptsächlichen Kriterien, nach denen die UE-Hersteller ihre Wunschplatten aussuchen. Die wichtigsten Anforderungen an solche Platten sind erstens geringe Geräuschentwicklung und zweitens die Sicherstellung eines kon-tinuierlichen Datenstroms. Während man sich an lärmende Platten im PC inzwischen schon gewöhnt hat, soll ein Gerät für den Wohnbereich absolut leise sein.

Für die Datensicherung im PC ist es unbedingt notwendig sicherzustellen, dass auch wirklich alle Bits richtig auf der Platte gespeichert sind. Deshalb führen moderne Harddisks von Zeit einen Check durch. Beim laufenden Betrieb des PCs sind immer Zeiten vorhanden, wo die Platte nicht benötigt wird und der Check im Hintergrund laufen kann. Bei der Aufnahme oder Wiedergabe eines digitalen Films fehlen solche Ruhezeiten aber, die Harddisk muss ständig einen kontinuierlichen Datenstrom liefern. Ein fehlerhaftes Bit ist dabei nicht tragisch, schlimmstenfalls erscheint für den Bruchteil einer Sekunde ein kleiner Streifen im Bild oder aber das Bild flackert kurzzeitig. Sobald die Festplatte jedoch ihre Daten überprüft, kann die Aufnahme oder die Wiedergabe kurzzeitig gestoppt werden. Und dieser Vorgang fällt dem Betrachter natürlich auf.

Auch Chiphersteller sind betroffen

Während an der Mechanik der Platten nichts geändert werden muss, solange es sich um wirklich leise Harddisks handelt, sind wegen der internen Fehlerkorrektur der Platten an deren Bios doch schon gravierende Änderungen notwendig. Und da gleichzeitig auch die Stückzahlen für solche Platten zum heutigen Zeitpunkt noch nicht da sind, sind diese Platten natürlich teurer.

Besonders betroffen vom stagnierenden Geschäft sind auch die Hersteller von Chips für die Laufwerkelektronik. Lag der Halbleiteranteil für Massenprodukte im 3,5-Zoll-Format im Jahr 2000 noch bei 17 Millionen Dollar (zum Vergleich: 1993 betrug er 38 Millionen Dollar), wird er 2001 auf rund 14 Millionen Dollar fallen.

James Porter vom Messeveranstalter Idema bringt es auf den Punkt: "Vor 15 Jahren gab es etwa 76 Harddiskhersteller, heute sind es gerade noch zehn, aber nur wenn man sehr sorgfältig zählt." Und diese Hersteller steigern die Kapazität ihrer Laufwerke jährlich um 100 Prozent. Anfang der 90er Jahre betrug die Steigerungsrate gerade mal 60 Prozent pro Jahr. Immer mehr Kapazität pro Scheibe bedeutet weniger Schreib-Lese-Köpfe, was ebenfalls den Preis der Harddisks senkt. Oder man erhöht einfach die Kapazität, indem man mehr Scheiben in die Festplatte integriert. Inzwischen lassen sich ohne große Probleme mehr als 20 Gigabyte pro Scheibe unterbringen. Dabei steigt die Dichte der Bits sowohl auf die einzelnen Spuren bezogen, als auch in der Spur selbst stark an. Das führt dazu, dass auch die Schreib-Lese-Elektronik mit einem immer höheren Datenaufkommen pro Sekunde fertig werden muss. Das bedeutet: Die Elektronik muss immer leistungsfähiger werden, will man nicht die Drehzahl der Platten senken.

Chips von ST-Microelectronics schaffen bereits rund 750 Mbit pro Sekunde, was in etwa einem Datenstrom von 90 MB pro Sekunde entspricht. Marvell Semiconductor stellte auf der Konferenz in San José einen Chipsatz vor, der sogar bis zu 1,2 Gigabit pro Sekunde verarbeiten kann. Das entspricht einem Datendurchsatz von rund 150 Megabyte pro Sekunde.

Nun stellt sich aber die Frage, welcher Bus in der Lage ist, diesen Datenstrom von einer einzigen Platte zu handeln. Die derzeit schnellsten ATA-133-Systeme schaffen nämlich nur 133 MB/s. Damit stößt die Festplatte wieder an neue physikalische Grenzen.

ComputerPartner-Meinung:

Festplatten stellen zur Zeit die kostengünstigste Alternative zum Spei-chern und schnellen Auslesen großer Datenmengen dar. Mit den heutigen Kapazitäten ist es auch nicht schwer, selbst längere Spielfilme auf der Harddisk unterzubringen. Wenn die Produzenten clever sind, könnte die UE-Industrie in Zukunft kein Nischenmarkt, sondern Haupt-abnehmer ihrer Produkte werden. (jh)

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