Harter Vorwurf: "Apple macht den Fachhandel bewusst kaputt"

18.04.2002
Bei Apple Deutschland brennt es lichterloh: Apple-Distributor Mac Point kündigt seinen Vertrag mit Apple Deutschland, der um seine Existenz kämpfende Fachhandel schließt sich zu einer Genossenschaft zusammen, und Apple-Geschäftsführer Frank Steinhoff hat den Terminplan voll mit Krisenmeetings. Doch ob seine Feuerwehraktion etwas nützt, ist offen.

Wer bei der Vorstellung des neuen Imac im Januar dieses Jahres angezweifelt hätte, dass damit ein neuer Ruck durch das Apple-Land Deutschland gehen würde, hätte kaum einen Anhänger gefunden. Denn mit dem auffälligen Rechner schien Apple nahtlos an seine Imac-Erfolgsgeschichte anknüp- fen zu können. Doch der Ruck ist hierzulande ausgeblieben. Drei Monate nach dem Launch sieht es düster aus im Apple-Reich des Frank Steinhoff.

Der Macintosh-Marktanteil schrumpft in deutschen Landen von Quartal zu Quartal und liegt derzeit bei weniger als zweieinhalb Prozent. Der beinharte Verdrängungswettbewerb, von wenigen überregionalen Händlern angezettelt (wer das ist, kann unter der Adresse www.mac-preise.de mühelos recherchiert werden), lässt viele Fachhändler um die eigene Exis-tenz bangen, sodass sie, gewöhnlich einander spinnefeind, sich zu einer Genossenschaft zusammengeschlossen haben.

Die Apple-Distributoren sprechen Branchenkennern zufolge nur noch über ihre Kompensationsbemühungen statt über ihre Margen. Und dass der alteingesessene Freiburger Apple-Distributor Mac Point mittels seines spektakulären "Offenen Abschiedsbriefs" (siehe Faksimile) das Ende seiner Apple-Beziehungen zum 30. Juni dieses Jahres bekannt gab, zeigt deutlich: Bei Apple Deutschland brennt es lichterloh.

"Apple macht den Fachhandel bewusst kaputt", klagt Mac-Point-Geschäftsführer Andreas Döme an, und mit dieser Behauptung ist es dem "überzeugten Macianer" (Döme) bitterernst. "Mir tut diese Entwicklung sehr weh."

Es sieht düster aus im Apple-Reich

All diese Umstände und Vorgänge im Handel sind Apple-Chef Stein-hoff bekannt - und noch mehr. Im Gespräch mit ComputerPartner gibt er zu: "Das Hauptproblem ist sicher die aggressive Marktstrategie von einigen Großhändlern." Damit sind das Sys-temhaus Cancom, mit rund 22 Prozent unbestrittener Marktführer in Deutschland und derzeit in allen Kanälen präsent, sowie einige andere gemeint. Aus dem Mund eines gründlich verärgerten Fachhändlers hört sich das so an: "Wenn Steinhoff nicht verhindert, dass drei Firmen den Apple-Markt kaputt machen, dann gute Nacht!"

Was die beiden verärgerten Distributoren Ingram Micro und C2000 angeht, sagt Steinhoff - unter entschuldigendem Hinweis auf "das komplizierte europäische Recht" -, es sei ihm bekannt, dass auch hier eine Baustelle existiere. Und er versucht zu beschwichtigen: "Die Punkte sind adressiert, und wir hoffen, bis zum 1. Juli unser neues Preismodell realisiert zu haben."

Wenn man ihm das glaubt. Denn die Einführung des neuen Preismodells harrt nun schon seit 1. Juli 2001 der Umsetzung. "Das sagt Apple seit Jahren", winkt folglich der restlos frustrierte Döme ab. Aber auch in Distributorenkreisen zeigt man sich gegenüber Steinhoffs Ankündigung reserviert. "Wir sind gespannt", war zu hören.

Die für Apple zentrale Säule, der Fachhandel, hat von der Initiative Steinhoffs - "Ich biete offene Gespräche an, ich treffe mich mit allen", sagt er gegenüber ComputerPartner - bisher wenig. Zwar seien die Ziele der Fachhandelsinitiative in Gesprächen deutlich geworden, doch sie sind noch lange nicht geklärt. "Erst wenn Apple dem Preiskrieg ein Ende macht, haben wir eine Chance", skizziert ein kleinerer Apple-Händler die Lage. Doch von diesem Vorgehen will Steinhoff nichts wissen. Es seien ihm in diesem Punkt die Hände gebunden. Stattdessen setzt er auf erfolgreiches Agieren durch lokale Präsenz, klare Positionierung und Service. "Dann kann ich was tun", kündigt der Manager an.

Täglich ein Knüppel zwischen die Beine

Doch mit dieser sehr allgemein gehaltenen Marktstrategie taugt er kaum als Feuerwehrmann, wie ihn sich der Fachhandel wünscht. "Derzeit gibt es für Apple-Händler so gut wie nichts mehr zu verdienen. Im Gegenteil: Wir verlieren jeden Tag Geld, uns wird durch tägliche Preisaktionen unter Händler-EK ein Knüppel zwischen die Beine geworfen, und die Marktanteile sinken weiter", so Mac-Point-Geschäftsführer Döme. "Solange Apple die falsche und für Händler ruinöse Preispolitik subventioniert, subventionieren die Händler Apple. Das muss Steinhoff zuallererst abstellen."

Das weiß auch Steinhoff: "Der Fachhandel fragt sich: Wie kann ich noch mit Apple Geschäfte machen", und er ist sich der Lage bewusst. Nun wird er diese Frage sehr bald beantworten müssen. "Ende des nächsten Quartals" hat die Interessenvereinigung Steinhoff als Deadline gesetzt.

www.apple.de

www.macpoint.de

www.mac-preise.de

ComputerPartner-Meinung:

"Ich bin mir sicher, wir würden weitermachen", sagt der Mac-Point-Geschäftsführer. Nur: Zum Weiterzumachen als Apple-Händler fehlt seiner Meinung nach der Grund. Denn Döme glaubt nicht daran, dass Apple Deutschland und damit Geschäftsführer Steinhoff dem brutalen Verdrängungswettbewerb ein Ende machen könnte.

Trotzdem bleibt Steinhoff nichts anderes übrig, will er die tragende Säule Fachhandel nicht ruinieren. Das weiß er. Doch derzeit scheinen ihm die Mittel zu fehlen, um den Fachhandel und die Distributoren zu schützen. Zwar will er die Fachhändler, die in Apple investieren, belohnen und die Distis mit einem neuen Preismodell ködern. Das eigentliche Problem aber, dass ihm der Fachhandel jetzt davonläuft beziehungsweise im Linux- und Wintel-Lager sein Auskommen sucht, hat er damit nicht gelöst.

Das muss er aber, wenn er nicht der Apple-Europa-Zentrale in Paris bald melden will: Cancom lebt, der Fachhandel ist dafür so gut wie tot. (wl)

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