Hewlett-Packard: Deutsches Mobilgeschäft forcieren

21.01.1999

BÖBLINGEN: HPs traditionell fest umrissene Vertriebstrukturen weichen auf: Sowohl im PC- als auch im Mobilrechnerumfeld - beide bislang stark auf den Großkundenbereich ausgerichtet - tastet sich das Unternehmen derzeit in den Low-Cost-Bereich vor. Doch obwohl sich Retailer in Deutschland sehr interessiert zeigen, wollen die Böblinger alles über ihre Distributoren laufen lassen, frei nach dem Motto: "Die heilige Kuh Fachhandel darf nicht geschlachtet werden."Bei Hewlett-Packard macht sich zusehends der Trend zum Consumer-Produkt breit. Denn die Devise der obersten Heeresleitung, "in jedem Land in jeder Produktkategorie unter den ersten drei Topanbietern" zu sein, ist bis heute keineswegs erfüllt. Deshalb lockt das umsatz- und stückzahlenstarke Endkundengeschäft. So wird beispielsweise der Ink-Jet-Bereich seit kurzem nach unten durch das Tochterunternehmen Apollo abgerundet, das in wenigen Wochen Drucker "unter 100 Dollar" in den Markt bringen will (siehe ComputerPartner 1/99, Seite 1).

Nun ist die Inkjet-Abteilung des Unternehmens von Haus aus recht Retail-orientiert, daher verwundert dieser Schritt nicht allzusehr. Gravierender sind da schon die ersten Andeutungen und konkreten Schritte der PC- und Mobilrechnerabteilung. Zwar versichert Tino Canegretti, der Europa-Verkaufschef der Personal Systems Group des Unternehmens, daß "wenn eine Abteilung bei HP etwas in Gang bringt, das nicht automatisch bedeutet, daß die anderen Divisionen da auch nachziehen". Trotzdem kann auch er nicht leugnen, daß sich in seinem Unternehmensbereich offenbar eine Trendwende abzeichnet.

Das PC/Servergeschäft ist vor allem in Deutschland stark auf große Unternehmenskunden und Corporate Reseller ausgerichtet (der Bestseller ist laut Canegretti unangefochten die Vectra-Familie) - ganz ähnlich wie bei den HP-Mobilrechnern. In anderen Ländern sieht es da anders aus: Unter dem Markennamen "Pavillion" bietet der Hersteller via Internet ein sehr preisgünstiges Rechnersystem an - in Frankreich nur mit mäßigem, in den USA und Großbritannien allerdings mit großem Erfolg. Deshalb die Ankündigung des Verkaufsstrategen Canegretti: "Ich möchte nicht ausschließen, daß wir die Pavillion-Produkte auch in Deutschland einführen werden." Im Hinblick auf die Handelspartner der Böblinger fügt er allerdings hinzu: "Aber sicher nicht über den Direktvertrieb, sondern ganz klar über unseren klassischen indirekten Kanal."

Noch deutlicher wird die neue Ausrichtung bei HP bei ihren Omnibooks. Bis vor kurzem sahen die Verkäufe der Mobilrechnerfamilie in Deutschland eher düster aus. Anfang 1997 tummelten sich die Böblinger bei den erfolgreichsten Notebookanbietern in Deutschland gerade mal unter ferner liefen (eine Firmensprecherin: "Platz 14 oder so..."), derzeit hat man sich immerhin schon auf Rang neun hochgearbeitet. Das sei, so heißt es aus dem Unternehmen, auf das größere Produktportfolio für den Großkundenbereich im vergangenen Jahr zurückzuführen - und auf die Tatsache, daß die Distributoren sich aktiver als vorher für die Vermarktung der Omnibooks beim Handel stark gemacht hätten. Jetzt, so Petra Gronbach, wollen die Böblinger die Händler selber direkt adressieren und für ihre Mobilrechner erwärmen. Deshalb, so versichert die Verantwortliche für den Bereich Mobile PCs/Commercial Business bei HP, werde auch das preisgünstige Omnibook der XE-Serie (siehe Kasten) strikt über die Distributoren angeboten, obwohl schon diverse Retailer Interesse am Vertrieb des Kleinen signalisiert hätten. "Die müssen sich dann eben auch an die Distributoren wenden, genau wie die Fachhändler", reicht sie die Verantwortung an die Großhändler weiter. Denn wie die dann mit den Massenanbietern preislich verhandeln, ist ja schließlich nicht Sache des Herstellers.

Doch die ersten Stimmen von HP-Händlern hinsichtlich des XE sind positiv: "Endlich mal ein HP-Rechner, den ich auch ins Schaufenster stellen kann - der Preis zieht die Leute an", freut sich ein PC- und Mobilrechneranbieter aus dem Stuttgarter Raum. "Die Leute kennen HP durch die Drucker, so ein Omnibook mit allem drin kann ich guten Gewissens neben die Schnäppchen der anderen großen Anbieter legen." (du)

Zur Startseite