"Im Mittelpunkt stehen Partner, die bereit sind zu investieren"

24.10.2002
Die Übernahme von Navision durch Microsoft hat vor allem bei den ebenfalls zum Vertriebskanal der Business Solutions gehörenden Apertum-Partnern für Unruhe gesorgt. ComputerPartner-Redakteur Eberhard Heins sprach mit den beiden für Deutschland verantwortlichen Managern des Microsoft-Geschäftsbereichs, Lars Damsgaard Andersen, Country-Manager, und Jürgen Baier, Managing Director, über das Zusammenwachsen der beiden ehemaligen Wettbewerber.

Sie wollen die bereits vor der Übernahme begonnene Branchenstrategie im Vertriebskanal ausbauen. Für Apertum-, Axapta- und XAL-Partner gelten jetzt die gleichen Qualifikationsrichtlinien wie bisher für Navision (vormals Attain)-Partner. Müssen sich bestehende Partner neu zertifizieren?

Baier: Es geht nicht darum, den Partner neu zu zertifizieren, sondern seine Lösung. Eine Rezertifizierung für seinen Partnerstatus benötigt er nicht.

Bestehende Apertum-Partner müssen also nicht acht zertifizierte Mitarbeiter beschäftigen, wie das für Navision-Partner der Fall ist?

Baier: Nein.

Nach welchen Kriterien wird die Lösung zertifiziert?

Baier: Anhand der gleichen Qualitätsansprüche, die auch für die Navision-Partner gelten.

Welche sind das?

Baier: Beispielsweise mindestens fünf Installationen in einer Branche, die technische Plattform und die Einhaltung des Style-Guide, um die Durchgängigkeit der Masken für eine einheitliche Lösung zu gewährleisten.

Das deckt sich mit den Kriterien, die bislang für die bestehenden 35 Branchen-Partner von Navision gelten. Sie verbleiben damit im Channel.

Damsgaard Andersen: Ja, genau.

Müssen Apertum-Partner ihre Lösung zertifizieren, um im Channel zu verbleiben?

Baier: Nein, nein, nein!

Damsgaard Andersen: Sie können ihr bisheriges Geschäft wei-terbetreiben. Wenn sie aber eine zertifizierte Branchenlösung der Microsoft Business Solutions anbieten und die dazugehörige Marketingunterstützung bekommen möchten, dann müssen sie die Kriterien dafür erfüllen.

Muss der Partner finanziell dafür investieren?

Damsgaard Andersen: Es werden Business-Pläne aufgestellt. Aber wir richten nicht über die Existenzberechtigung einer Branchenlösung. Das entscheiden letztlich die Kunden.

Sie kündigten aber an, Partner, die bereit sind zu investieren, in den Mittelpunkt stellen.

Damsgaard Andersen: Wir teilen das Geschäft mit unseren Partnern, also teilen wir auch die Investitionen. So funktioniert ein indirektes Vermarktungsmodell. Wir sind aber nicht groß geworden, um jetzt unsere Partner zu drücken, sondern spiegeln die Anforderungen des Marktes wider. Das ist unsere Aufgabe, dafür stellen wir Leitplanken auf. Wenn Sie erfolgreich eine Branchenlösung bundesweit vertreiben möchten, kriegen Sie das mit drei Mann nicht hin.

Lautet so das ausgelobte Konzept für die Zukunft: Wenn Sie Partner haben möchten, dann sollen diese eine Branchenlösung anbieten können?

Baier: Genau, ja.

Wenn dies das Ziel ist, dann heißt das aber auch, dass unter dem Strich eine Reihe Partner wegfallen wird.

Baier: Nein, nein, nein!

Damsgaard Andersen: Was wir wollen, ist, eine gewisse Qualität zu gewährleisten.

Sie sprachen von Leitplanken, die sie für Ihre Partner setzen. Diese umfassen genau das bisherige Partnerprogramm für Navison-Partner.

Damsgaard Andersen: Das hat sich doch auch bewährt.

Aber durch die Übernahme sind zwei Channels zusammengekommen. Warum gibt es kein Best-of-Programm?

Baier: Es kann kein Best-of geben, weil es nichts gibt, was zusammengeführt werden kann. Apertum hatte keine Branchenprogramme.

Damsgaard Andersen: Die Kri-terien für alle Partner, unabhän-gig ob von der ehemaligen Great Plains oder der ehemaligen Navi-sion, bestehen in verschiedenen Programmen weiter.

Sie geben für die Business Solutions 220 autorisierte Vertriebs-, Implementierungs- und Servicepartner an. Wird es dabei bleiben?

Damsgaard Andersen: Die Anzahl der Partner wird sinken. Das liegt aber nicht an einer restriktivien Zertifizierungspolitik, sondern daran, dass Einzelkämpfer nicht wahrgenommen werden.

Baier: Wir sehen es deshalb als unsere Verantwortung, schwächere Partner zu stärkeren Einheiten zusammenzulegen. Wir wollen ihnen helfen, eine Einheit zu bilden, mit der sie überlebensfähig sind.

Wie viele der 220 sind überlebensfähig?

Damsgaard Andersen: Das hängt von der wirtschaftlichen Entwicklung in unserem Markt ab.

Baier: Wir suchen ja auch neue Partner.

Wird die Anzahl der Partner per Saldo unterm Strich sinken?

Damsgaard Andersen: Wenn ich wüsste, wie sich der Markt und die Konjunktur entwickeln, wäre das schön. Unsere Einschätzung ist aber, dass die Marktanforderungen zu einer Konsolidierung im Partnerkanal führen wird .

Baier: Aber nochmal: Der Markt regelt diese Dinge, nicht wir.

Hängt das allein davon ab? Navision-Partner treten nicht nur untereinander bei vielen Projekt-Ausschreibungen als Wettbewerber auf, sondern treffen dort auch auf ApertumPartner.

Damsgaard Andersen: Das kann ich nicht bestätigen.

Ich habe mit einer ganzen Reihe Partner aus beiden Channels gesprochen, die mir genau diese Konkurrenzsituation beschrieben haben. Wird es bei diesen Überschneidungen bleiben, oder greift Microsoft regulierend ein?

Baier: Das ist ja der Grund, warum wir das Branchenprogramm machen, damit es diese Überschneidungen nicht gibt. Der Partner schafft sich dadurch wieder ein Alleinstellungsmerkmal. Damit konkurriert er nicht mit einem Partner aus dem eigenen Channel, sondern nur mit denen anderer Hersteller. Das sind die Mechanismen, die wir einführen wollen.

Sie wollen die jeweiligen Nummern eins bis drei der Branche als Partner haben. Schützen sie diese dann auch dahingehend, dass der Spezialist aus Oberammergau das Projekt in Flensburg macht und nicht der regionale Partner?

Baier: Die Entscheidung treffen ja nicht wir, sondern der Kunde. Was wir fördern, ist, dass der Branchenspezialist seine Lösung in Flensburg verkaufen kann und vor Ort einen Implementierungspartner hat, mit dem er bei der Durchführung zusammenarbeitet.

Das von Great Plains angebotene Produkt "E-Enterprise" spielt in Deutschland keine strategische Rolle mehr. Warum?

Baier: Es macht keinen Sinn, hier zu Lande einen neuen Kanal aufzubauen, der letztlich dieselbe Klientel adressiert, die wir heute schon bedienen.

Bleibt das Führungstrio von Microsoft Business Solutions in Deutschland bestehen?

Damsgaard Andersen: Die Konstellation hat sich bewährt. Ich sehe keinen Grund, sie zu ändern.

Aber die von Ihnen besetzte Position des Country-Managers wird neu vergeben. Wie kurz-fristig wird das geschehen?

Damsgaard Andersen: Ziemlich kurzfristig.

Zur Startseite