Indiens IT-Dienstleister in Sorge um Fachkräftemangel

07.04.2004
Verückte Welt: Während in den USA angesichts des zunehmenden Trends zum Outscourcing die "Jobless in Seattle"-Krise umgeht, sorgt sich das Software-Outsourcing-Paradies Indien schon darum, dass ihm die Fachkräfte ausgehen und verlagert selbst Teile der Produktion ins Ausland.

Verückte Welt: Während in den USA angesichts des zunehmenden Trends zum Outscourcing die "Jobless in Seattle"-Krise umgeht, sorgt sich das Software-Outsourcing-Paradies Indien schon darum, dass ihm die Fachkräfte ausgehen und verlagert selbst Teile der Produktion ins Ausland.

Mehr als zwei Drittel aller indischen IT-Dienstleistungsexporte gehen in die USA, für den indischen IT-Branchenverbands Nasscom Anlass, die Mitglieder zur gleichmäßigeren Verteilung ihrer Geschäftsrisiken aufzurufen. Um der Gefahr eines drohenden Fachkräftemangels zu begegnen, haben viele Unternehmen des Milliardenreiches schon reagiert.

Indiens größter IT-Dienstleister Tata Consultancy Service (TCS) etwa hat schon Entwicklungszentren in Ungarn, Uruguay und China eingerichtet. "Wir hängen zu stark von den USA ab", wird Chief Operating Officer S. Gopalkrishan im "Handelsblatt" zitiert. Sein Ziel ist es, künftig statt 20 Prozent ein Drittel des Umsatzes in Europa zu machen.

Auch die Insosys-Tochter Progeon, auf Business Process Outsourcing (BPO) spezialisiert, setzt auf einen größeren Europaanteil. Im April will das Unternehmen in Tschechien eine Niederlassung eröffnen. "Von Brünn aus können wir endlich auch Deutsch, Französisch und Spanisch anbieten", freut sich Vice President Amithab Chaudry und schielt damit vor allem auf Kunden in Deutschland.

Ein Grund für das wachsende Problem indischer Firmen im Inland in ausreichender Zahl Fachkräfte zu rekruitieren, ist der, dass immer mehr amerikanische Unternehmen direkt in Indien investieren und in der Regel wohl auch besser bezahlen.

In dem Land der unbegrenzten Möglichkeit wird die Verlagerung von Arbeitsplätzen immer mehr zum Wahlkampfthema. 200.000 neue Stellen pro Monat hatte US-Präsident Bush im Herbst letzten Jahres bis zur Wahl im November 2004 versprochen. Das entspräche der Zahl der rund 2,6 Millionen Arbeitsplätze, die seit seinem Amtsantritt verloren gegangen sind.

John McCarthy von Forrester Research schätzt, dass in den nächsten 15 Jahren die Lohnsumme der amerikanischen Industriearbeiter um 136 Milliarden Dollar schrumpfen wird. 70.000 Dollar gegen 11.000, so das Beispiel für einen Softwareingenieur in den USA und in Indien, ist ein schlagendes Argument für Outsourcing. Dass der indische Fachmann damit das Zwanzigfache einer indischen Familie verdient, steht auf einem anderen Blatt.

Die US-amerikanische demokratische Opposition um Spitzenkandidat John Kerry fordert daher von der nordamerikanischen Freihandelszone Nafta auch innerhalb der WTO schärfere Arbeits- und Sozialstandards. Ihr Argument: Nur so lässt sich die die zunehmende Abwanderung von Jobs und die Ausbeutung von Menschen in Billiglohnländer aufhalten. (kh)

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