Individuelle Notebook-Ausstattung wird teuer

06.05.2004
Endkunden wollen in einem Notebook oft eine Konfiguration. Bei Herstellern, die ihre Notebooks auch im BTO-Verfahrenanbieten, stellen diese Wünsche für den Fachhandel kein Problem dar. Schwieriger wird es bei den restlichen Herstellern:Dort kann eine Speichererweiterung nicht nur für den Endkunden schnell ins Geld gehen. Von ComputerPartner-Redakteurin Beate Wöhe

Gerhard Crull, Geschäftsführer der GTM Services GbR in Lüneburg, ist seit über zehn Jahren im Geschäft. Aber jetzt muss er seinem Ärger über die Notebook-Hersteller Luft machen. "Es kann doch nicht sein, dass ich einem Kunden, der in Verbindung mit einem Neukauf eine Speicheraufrüstung möchte, Mehrkosten in Höhe von 600 Euro berechnen muss", schimpft er. Da sei es natürlich auch mit der Wettbewerbsfähigkeit vorbei. "Früher war das anders", berichtet Crull. Als die Hersteller noch direkt an den Fachhandel verkauften, habe man zumindest die Speicherausstattung bei einem bestellten Notebook gleich mitbestellen können. "Heute bleibt der Fachhandel auf den ausgewechselten Speicherbausteinen sitzen, und die Hersteller verbilligen ihre Geräte auf unsere Kosten", ist Crulls Meinung.

Die Vorgeschichte: Ein Endkunde wollte ein Acer Travelmate 800, das standardmäßig mit 512 MB (2 x 256 MB) RAM ausgestattet ist. Crull erkundigte sich telefonisch beim Hersteller, was zu tun sei, um diese Speichererweiterung zu bewerkstelligen. Darauf bekam er nach seinen Angaben folgende Auskunft: Das Travelmate 800 solle er zusammen mit zwei weiteren Speichermodulen à 512 MB (rund 500 Euro) bestellen. Anschließend solle das Notebook in den Service nach Ahrensburg gesandt werden, wo der Tausch der Bausteine durchgeführt wird. Ansonsten verliere das Notebook jegliche Garantie.

Doch zu einem Verkauf an den Endkunden ist es nie gekommen. Das Notebook wurde ihm zu teuer. Inklusive der Mehrkosten in Höhe von rund 600 Euro hätte der Preis für das Acer Travelmate 800 mit 1024 MB Arbeitsspeicher über 3.000 Euro betragen.

Bei Sonderwünschen hat Dell die Nase vorn

Bestellt man ein vergleichbares, frei konfigurierbares Notebook von Dell, kommt man auf einen Endkundenpreis von rund 2.400 Euro. "Müssen wir jetzt unsere professionellen Kunden zu Dell schicken, wenn sie sich nicht an die Standardvorgaben der Hersteller halten wollen?", fragt sich der Fachhändler.

Zumal seine Erfahrungen mit Acer kein Einzelfall sind. Auch die Bestückung eines Joybook 5000 von Benq mit einem Wechselrahmen stellte sich als Odyssee heraus. Weder über die Distribution noch über den Hersteller sei diese Option erhältlich. "Dieses Teil muss ich teuer über den Service bestellen", erzählt Crull.

Die Sichtweise der Notebook-Hersteller

Hatte sich der Kunde der GTM-Services einfach nur den falschen Hersteller oder das falsche Modell ausgesucht? "Grundsätzlich dürfen Fachhändler den Austausch von Speicherbausteinen bei Acer-Notebooks selbst durchführen. "Wir empfehlen lediglich, die Modelle Travelmate 600 und 800 in unseren Service nach Ahrensburg zu schicken, da bei diesen beiden Modellen der zweite Speicherbaustein unter der Tastatur liegt. Händler, die diesen Austausch allerdings technisch versiert durchführen, können auch bei diesen Modellen den Wechsel selbst vornehmen, und die Herstellergarantie bleibt bestehen", erklärt André Tegtmeier, Product Manager Mobile Computing bei Acer. Ob ein Originalspeicher oder ein Modul eines Drittanbieters verwendet wird, habe auch keinen Einfluss auf die Garantie. Der Hersteller weist jedoch darauf hin, dass sich durch den Einsatz von nicht von Acer freigegebenen Speichermodulen unter Umständen ein instabiles Laufzeitverhalten einstellen könne.

Um eine Speichererweiterung kommt der Fachhändler bei einigen Herstellern allerdings nicht herum, wenn der Kunde speicheraufwändige Anwendungen benötigt. Nicht nur Acer, sondern auch Benq hat derzeit kein Joybook mit einer Standardausrüstung von 1.024 MB im Programm. "Das liegt daran, dass wir davon ausgehen, mit den vorhandenen Modellen einen Großteil des Marktes abdecken zu können", begründet Jürgen Hamberger, Business Development Manager bei Benq, die Produktpolitik.

Hamberger sieht für den Fachhandel verschiedene Möglichkeiten, um einen solchen Fall in den Griff zu bekommen. Zum einen könne er mit dem Distributor sprechen, um eventuell eine Kulanzvereinbarung zu erzielen, oder den Kunden, wenn angebracht, davon überzeugen, dass 512 MB Arbeitsspeicher für seine Bedürfnisse genügen.

Lässt sich der Kunde von seinem Wunsch nicht abbringen, ist das Verhandlungsgeschick des Fachhändlers gefragt. So kostet zum Beispiel ein Speichermodul von Acer rund das 2,5fache eines vergleichbaren Kingston-Bausteines, kalkuliert der Chef von GTM Services.

Die Notebook-Hersteller sehen es allerdings nicht gerne, wenn ein nicht zertifizierter Speicher in ihre Geräte eingebaut wird. So empfiehlt Toshiba beispielsweise, dass nur zertifizierte Bausteine verwendet werden.

Denn sollten Probleme auftreten, die sich auf einen nicht zertifizierten Speicherbaustein zurückführen ließen, könne die Reparatur nicht über Garantie abgerechnet werden. "Die Distributoren haben Optionslisten für Toshiba-zertifizierte Speichererweiterungen", sagt Dirk Lohmann, Senior Manager für Service und Support bei Toshiba.

Ähnlich sieht es auch IBM. Über die Internetadresse www-306.ibm.com/pc/support/site.wss können sich die Partner darüber informieren, welche Bausteine der Hersteller empfiehlt. "Fachhändler dürfen in unsere Thinkpads aber auch andere Speicher einbauen. Wenn daraufhin allerdings ein Fehler auftritt, dann ist die Herstellergarantie für diesen Teil natürlich ausgenommen", sagt Ralf Jordan, Direktor Vertrieb für SMB und Channel bei der IBM PCD Central Region.

Der Distribution, als dem Logistiker der Hersteller, sind in solchen Fällen die Hände gebunden. "Auch wir raten zu den Originalbausteinen der Hersteller", sagt Wolfgang Jung, Product Management Director Computer Systems & Displays. Im Zweifelsfall solle sich der Fachhändler über die Distribution oder direkt beim Hersteller über die Module erkundigen, die für einen Einbau zugelassen sind. "Dann ist er auf der sicheren Seite", so Jung weiter. Von einigen Herstellern zertifiziert sind alternativ Speicherbausteine von Kingston Technology. Informationen, welches Produkt in welches Notebook passt, ist auf der Homepage des Herstellers (www.kingston.de) zu finden.

Meinung der Redakteurin

Der Kunde ist König - zumindest für den Fachhandel. Die IT-Händler hingegen müssen oft für den Hersteller gegenüber den Endkunden ihren Kopf hinhalten. Gerade im Fall von Speicheraufrüstungen ist BTO eine sichere Alternative. So bekommt der Endkunde seine gewünschte Ausstattung, und der Fachhändler hat keine übrigen bezahlten Speicherbausteine bei sich herumliegen, die er nicht mehr verkaufen kann.

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