Industrie und Handel ignorieren Frauen

16.12.1999
FRANKFURT/MAIN: In der Werbung wird die Frau gerne als schmückendes Beiwerk neben Männes neuester Hifi-Anlage gesehen. Entsprechend ist die Kundenansprache in der Regel zu sehr männerfixiert. Dabei verkennen Industrie und Handel, daß auch in der Consumer-Elektronik die meisten Kaufentscheidungen von den oft wesentlich praktischer veranlagten Frauen getroffen werden.

Die Bedeutung von Frauen als Käuferinnen von Konsumelektronik wird laut der Gesellschaft für Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik (GFU) erheblich unterschätzt. Frauen sind in Deutschland den Männern nicht nur zahlenmäßig überlegen (41,5 zu 38,8 Millionen). Aufgrund ihrer größeren Unabhängigkeit treffen sie auch in der Consumer-Elektronik immer mehr die Kaufentscheidungen, während das vor 20, 30 Jahren noch meist den Männern vorbehalten war. Dabei stellt die GFU-Studie fest, daß Frauen sich viel weniger in technischen Details verlieren, sondern mehr Wert auf Funktionalität, einfache Bedienbarkeit und ein ansprechendes Design legen. Diese Punkte kommen in der männerdominierten Consumer-Elektronik aber oft zu kurz. Überhaupt herrscht noch vielfach die Meinung vor, daß "technisches Spielzeug" wie die Videokamera, die Stereoanlage und der Heim-PC Männersache sei. Einzige Ausnahme bildet der Fernseher, der von Männern und Frauen gleichermaßen genutzt wird. Aber auch hier gibt es wieder Unterschiede: Männer lassen sich eher von technischen Neuerungen wie 16:9-Breitbildgeräten locken als Frauen, für die das ästhetische Gesamtbild im Wohnzimmer oft wichtiger ist als die eine oder andere zusätzliche Funktion. Hier gilt es laut GFU für die Industrie, Akzente zu setzen. Denn der Studie zufolge hatten in den letzten drei Jahren zu über 50 Prozent die Frauen das letzte Wort, für welches Fernsehgerät, welche Stereoanlage und welches Uhrenradio man sich entscheidet. Bei tragbaren TV-Geräten waren es immerhin noch 41,7 Prozent, bei Camcordern 42,5 Prozent, beim Heim-PC 27 Prozent und beim Mobiltelefon 26,6 Prozent. Darüber hinaus ergab die GFU-Studie, daß Frauen mehr Wert auf Beratung, Kundendienst und eine freundliche Bedienung legen. Auch auf Mundpropaganda reagieren Frauen wesentlich stärker als Männer, während sie ein zu großes Produkt- beziehungsweise Informationsangebot meist eher verwirrt als anzieht. (kh)

Zur Startseite