Infineon - nicht nur - auf Konfrontationskurs mit Taiwan-Herstellern

23.01.2003
Mit dem Ziel, zu einem der größten Chiphersteller aufzusteigen, haut Infineon in letzter Zeit nur noch so um sich.

Der deutsche Chiphersteller Infineon schafft es in letzter Zeit immer wieder, in die Schlagzeilen zu kommen. Anfang vergangener Woche kam die Ankündigung, nach monatelangem Streit mit dem taiwanischen Partner Mosel Vitelic, endgültig aus dem Gemeinschaftsunternehmen Promos Technologies auszusteigen.

Fast zeitgleich griff der Infineon-Vorstandsvorsitzende Ulrich Schumacher in einem Gespräch mit der "Süddeutschen Zeitung" die Bundesregierung für ihre Steuerpläne an und drohte abermals damit, den Firmensitz ins Ausland zu verlagern. Deutliche Steuervorteile von 18 Prozent beklagte er in diesem Zusammenhang im Vergleich zu dem Anbieter ST Microelectronics, der nach französisch-italienischen Wurzeln mittlerweile als niederländisch firmiert.

Der große Rundumschlag von Infineon kommt vielleicht nicht von ungefähr. So hat die Siemens-Tochter nach einem Mega-Deal mit der Formosa-Plastics-Tochter Nanya Technologies unlängst Pläne unterbreitet, durch den Bau eines 2,2 Milliarden Dollar schweren Joint-Ventures zu einem der Größten im Markt aufzusteigen und innerhalb von fünf Jahren sowohl in Sachen Profitabilität als auch im Lösungsgeschäft einen weltweiten Spitzenplatz zu erklimmen.

Derzeit gibt es neben Infineon und Promos nur wenige, die in der Lage sind, Zwölf-Zoll-Wafer herzustellen, womit sich die Produktionskosten gegenüber Acht-Zoll-Anlagen um etwa ein Drittel reduzieren lassen. In Taiwan wird berichtet, dass der deutsche Hersteller beschlossen habe, Promos endgültig den Hahn zuzudrehen, als zwei Infineon-Direktoren und ein Leiter wenige Stunden nach ihrer Wahl kurzerhand wieder aus dem Aufsichtsrat bei dem Gemeinschaftsunternehmen mit Mehrheitsanteilseigner Mosel Vitelic entfernt wurden.

Gleichzeitig wurde Promos-President Chen Min-Liang im Januar von den Aktionären beauftragt, sich nach einem neuen Technologiepartner umzusehen. Denn mit der Kündigung des Lizenzvertrages darf Promos künftig auch keine Infineon-Technik mehr zur Herstellung von Speicherchips verwenden. Nanya-Vice-President Charles Kau warnte indes öffentlich, dass das Hickhack zwischen Infineon und Mosel Vitelic das Vertrauen ausländischer Investoren in die Chipindustrie Taiwans stark belas-ten könnte. Taiwan hat derzeit fünf Speicherchiphersteller, darunter auch Infineon-Zulieferer Winbond Electronics, Südkorea hat zwei, Europa, Japan und die USA stellen indes lediglich je einen der weltweit wichtigsten Anbieter.

Anders als bei Mosel Vitelic und Promos muss Nanya nicht befürchten, dass mit einem möglichen Rückzug von Infineon auch Innovationspotenzial verloren geht. "Wir entwickeln die Technologie mit Infineon gemeinsam, verkauft und vermarktet wird getrennt", klopft sich Kau auf die Schulter.

www.infineon.com

www.nanya.com

www.mosel.com.tw

www.promos.com.tw

ComputerPartner-Meinung:

Infineon sollte aufpassen, es sich nicht gleich mit allen zuverscherzen, am allerwenigsten mit dem neuen Partner Nanya. Mit Auslandsverlagerung ihres Hauptsitzes haben auch schon andere Unternehmen gedroht, mussten dann aber kleinmütig bekennen, dass ein Großteil ihres Geschäftes doch im Heimatmarkt läuft. (kh)

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