Informix will nach harten Zeiten wieder auf die Füße kommen

03.06.1998

ISMANING/MÜNCHEN: Zurückhaltend stellt sich das "reorganisierte" - sprich: ausgetauschte - Informix-Management vor: Die weibliche Führungsriege in Deutschland will keine Prognosen für das laufende Geschäftsjahr mehr abgeben. Nur soviel: Der Datenbankentwickler konzentriert sich künftig auf das, was er nach eigenem Ermessen wirklich kann: Lösungskonzepte für den High-end-Bereich entwickeln und verkaufen.Daß 1997 ein turbulentes und krisengeschütteltes Jahr für den amerikanischen Datenbankentwickler Informix war, ist kein Geheimnis: Verluste, interne Restrukturierung, Rechtsstreit mit Konkurrent Oracle, technische und marktstrategische Probleme mit hauseigenen Produkten. Auch die deutsche Tochtergesellschaft blieb von diesem Sturm, der Entlassungen bis in die Manager-etagen auslöste, nicht verschont. Derzeit holt man in Ismaning erstmal Luft und blickt immerhin auf ein erfolgreiches viertes Quartal 1997 zurück. Das Gesamtergebnis des letzten Geschäftsjahres ging dagegen mit Nettoverlusten von rund 359 Millionen Dollar in die Firmengeschichte ein (siehe dazu ComputerPartner, Nr. 3/98, Seite 20).

Der Datenbankmarkt ist im letzten Jahr für den Hersteller ein schwieriges Geschäft gewesen: "Die Budgetverteilung der Unternehmen hat sich verändert. Das Einführen des Euro und die Umstellung auf das Jahr 2000 kostet Geld. In unserem Marktsegment wird dann gespart", begründet Barbara Stanley, neue Informix-Geschäftsführerin für Deutschland und die Schweiz, die Umsatzeinbrüche ihres Unternehmens. Auch die Konkurrenten Oracle und Sybase hätten mit der veränderten Budetverteilung bei den Kunden zu kämpfen. Nur im Unterschied zu Informix würden die beiden Unternehmen sich mit Firmenübernahmen, sprich: dem Öffnen neuer Marktsegmente, retten, kommentiert die Managerin.

Das frisch eingesetzte Management für Deutschland und die Schweiz - Geschäftsführung, Produktmanagement und Finanzen kontrollieren jetzt Frauen - gibt sich trotz positiver Ergebnisse im vierten Quartal 1997 (17,8 Millionen Dollar Umsatz weltweit, der Nettogewinn belief sich nach eigenen Angaben auf 9,2 Millionen Dollar) zurückhaltend: "Sicher freuen wir uns, daß es wieder bergauf geht. Aber wir geben keine Prognosen mehr für das laufende Geschäftsjahr - aufgrund unserer schlechten Erfahrungen in der Vergangenheit", erklärte Firmensprecherin Barbara Spieß.

Informix reduzierte deutsche Mitarbeiter um die Hälfte

Bedenkt man, daß Informix Deutschland die Mitarbeiterzahl "um die Hälfte - auf etwa 150 - reduzierte" (Spieß), versteht man die momentane Zurückhaltung, was Prognosen für 1998 betrifft. Aber: Die Lage in der Münchener Niederlassung hat sich - laut verbleibender Mitarbeiter - entschärft. "Es kehrt langsam wieder Ruhe ein. Die Reorganisation ist abgeschlossen, und es gibt auch wieder Gehaltserhöhungen", so Barbara Spieß.

Die interne Restrukturierung im letzten Jahr kostete Informix nach eigenen Angaben 108,2 Millionen Dollar weltweit. Nach den vergangenen Turbulenzen soll das neue Management jetzt "Rebirth und Rebuilding" - so das vorgegebene Motto aus Amerika - durchführen. "Natürlich wollen wir kein völlig neues Unternehmen aus dem Boden stampfen. Vielmehr werden wir die Prioritäten neu definieren", erklärt Geschäftsführerin Barbara Stanley.

Stanley: "Arroganz können wir uns nicht mehr leisten."

Zu konkreten Prioritäten in der strategischen Neuausrichtung des Datenbankentwicklers äußert die Geschäftsführerin: "Wir wollen uns in Zukunft darauf konzentrieren, was wir gut können und womit wir angefangen haben: die Entwicklung von Datenbanken im High-end-Geschäft. Und dabei wollen wir die Kunden mit wirklichen Lösungen beraten. Arroganz - daß wir dem Kunden aus Herstellersicht Lösungen diktieren - können wir uns nicht mehr leisten." Im Klartext heißt das für Informix: Konzentration auf seine vier Kernbereiche: Lösungen anbieten für Online-Transaktionsverarbeitung (OLTP), Data Warehousing, Verwaltung von verteilten Systemen und Internet/Intranet.

Im Applikationsbereich will das Unternehmen intensiv mit seinen Partnern - SAP, Baan und Peoplesoft - zusammenarbeiten. "In unserer Partnerkonzeption zählt nicht die Quantität der Partnerschaften, sondern die Qualität", betont Deutschland-Geschäftsführerin Stanley. (ch)

Informix-Geschäftsführerin für Deutschland und die Schweiz, Barbara Stanley, begründet den Einbruch im Datenbankgeschäft mit "neuer Budgetverteilung vieler Kunden".

Strategische Kunden: "Die Datenbankentscheidung jat strtegische Bedeutung für das Unternehmen und die Informationsverarbeitung", so Informix.

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