Ingram Micro pusht VAD

15.12.2006
Marcus Adä, neuer Vertriebs-Chef bei Ingram Micro, sprach mit ChannelPartner-Redakteurin Beate Wöhe über seine beruflichen Ziele. Außerdem wollten wir wissen, wann ein Ende der Lieferschwierigkeiten in Sicht ist und was der Broadliner dafür tun wird.

Herr Adä, Sie stehen seit dem 1. November 2006 als Vice President Sales und Mitglied der Geschäftsleitung bei Ingram Micro auf der Gehaltsliste. Haben Sie sich schon einen Überblick verschafft, oder sagen Sie als ehemaliger Tech-Data-Geschäftsführer: Ein Broadliner ist wie der andere?

Marcus Adä: Ich habe mich bereits eingelebt, und mir gefällt es gut. Klar ist das Broadline-Geschäft ähnlich, aber ich werde dennoch ein paar Tage brauchen, um die Mitarbeiterstrukturen kennen zu lernen. Der Vertrieb ist professionell aufgestellt. Da besteht derzeit nicht viel akuter Handlungsbedarf für mich. Alles, was ich bisher gesehen habe, ist extrem positiv.

Dass alles extrem positiv ist, glaube ich Ihnen jetzt nicht so ganz. Aber darauf kommen wir später noch zurück. Eine Ihrer Hauptaufgaben im Vertrieb wird es sein, den VA-Bereich nach vorne zu treiben. Wie sehen diesbezüglich Ihre Pläne aus, und welche Schritte haben Sie vielleicht schon eingeleitet?

Adä: Wir haben uns entschlossen, in den Bereichen Enterprise-Software sowie Storage und Server zu investieren. Um das Value-Geschäft erfolgreich darstellen zu können, haben wir Hersteller, die wir bereits an Board haben, in einer Business-Unit zusammengefasst. Wenn wir unser Softwareangebot erfolgreich erweitert haben, wollen wir passende Storage-Systeme und Server mit aufnehmen. Viele Hersteller betreiben heute Volumen- und Value-Business. Wir können sie in einer dafür spezialisierten Vertriebstruppe in beiden Bereichen unterstützen.

In welcher Form werden Sie in das Thema VAD investieren?

Adä: Sowohl in personelle Ressourcen als auch in den Ausbau des Produktportfolios. Wir prüfen, wo wir noch Mitarbeiter ergänzen müssen, um marktadäquate Leistungen zu erbringen. Auf der anderen Seite überlegen wir, welche Software zu unserem Produktportfolio passt. Auch müssen wir unsere Kundenzugänge in den einzelnen Bereichen überprüfen.

Bei der diesjährigen ChannelChampions-Befragung wählten die Händler Value-Added-Distributoren wie Allnet, Magirus, Avnet und Adiva an die Spitze. Will Ingram im nächsten Jahr nicht nur als Broadliner, sondern auch in der Value-Added-Gruppe ganz vorne stehen?

Adä: Die anderen Marktbegleiter in diesem Segment sind Unternehmen, die seit vielen Jahren mit bestehenden Kundenbeziehungen erfolgreich in diesem Geschäft tätig sind. Die Eintrittsbarriere ist hier relativ hoch. Auf der anderen Seite glaube ich, dass wir mit unserer breiten Kundenbasis gute Chancen haben.

Neben dem Ausbau des Value-Added-Bereiches haben Sie als Gesamtvertriebsleiter natürlich auch die Aufgabe, das Volumengeschäft weiter auszubauen.

Adä (lacht): Auch das.

Gibt es überhaupt noch Bereiche, in denen Ingram Micro wachsen kann?

Adä: Absolut. Natürlich ist ein Wachstum für uns im Value-Bereich einfacher als im Volumen. Allerdings gibt es immer wieder neue Kundenformen, um die wir kämpfen müssen.

Welche zum Beispiel?

Adä: Viele Handelsformen sind derzeit im Wandel. So kommen beispielsweise immer mehr E-Tailer auf den Markt. Mit dieser Handelsform muss man sich auseinandersetzen. Es gibt ja die Diskussion: Ist der E-Tailer böse oder nicht? Diese Frage finde ich müßig. Der E-Tailer ist nun mal da. Auch die Hersteller müssen sich darauf einstellen und entsprechende Channel-Programme entwerfen, damit für alle genug Marge im Kanal vorhanden ist. Für uns als Distributor ist E-Tail eine Handelsform, bei der wir nicht wegschauen können. Aber diese Händler haben auch andere Anforderungen als zum Beispiel ein Systemhaus.

Das heißt also, Sie werden sich letztlich weiter auf die Suche nach neuen Kundenstrukturen machen?

Adä: Natürlich. Wir selektieren laufend, welche neuen Spieler es im Markt gibt. Ein für uns relativ neues Segment ist beispielsweise Consumer Electronics. Wir können Stand heute sagen, dass wir bei den entsprechenden Herstellern die Nummer eins im ganzen IT-Distributionsmarkt sind. Allerdings müssen wir auch an diesem Marktsegment weiter arbeiten, um noch mehr Kunden von Ingram Micro zu überzeugen.

Ein Ausbau des Vertriebs ist schön und gut. Aber was nutzt das beste Portfolio, wenn die Ware dann nicht rechtzeitig beim Händler ist? Mehrmals pro Woche erreichen die ChannelPartner-Redaktion E-Mails von genervten Händlern. Ich lese Ihnen eine davon vor: (siehe Kasten). Solche E-Mails werden auch Sie kennen.

Adä: Natürlich. Aber ich glaube auch, wir haben durchaus offen kommuniziert, dass wir mit der für uns nötigen Umstellung des Lagerverwaltungssystems Schwierigkeiten hatten und auch noch haben. Derzeit liefern wir innerhalb von 48 Stunden mit einigen Ausschlägen nach oben und unten.

In der uns vorliegenden E-Mail waren es mehr als 48 Stunden.

Adä: Wie gesagt, es gibt Ausschläge nach oben und unten. Stand heute bewerkstelligen wir 95 Prozent der Lieferungen innerhalb von 48 Stunden. Das ist aber noch nicht das Niveau, auf dem wir gerne sein möchten. Darüber hinaus befinden wir uns mitten im Jahresendgeschäft. Wenn Sie von November bis Januar ein solch hohes Volumen im Lager haben, ist ein täglicher Lieferservice innerhalb von 24 Stunden generell nur schwer darstellbar.

Gibt es denn einen Projektplan zur Abschaffung der Lieferprobleme?

Adä: Sie können davon ausgehen, dass dieses Thema derzeit jeden unserer Mitarbeiter beschäftigt. Wir haben einen klaren und detaillierten Maßnahmenplan, der Prozess- und organisatorische Änderungen sowie Anpassung der Software beinhaltet.

Können Sie ein genaues Datum nennen, wann der Maßnahmenplan abgeschlossen sein wird?

Adä: Unsere Messlatte liegt bei 95 Prozent und mehr in 24 Stunden, da kommen wir her, und da wollen wir wieder hin. Durch das derzeit hohe Volumen entstehen natürlich auch Engpässe. Daher wäre es unseriös, ein Datum zu nennen.

Die Lieferschwierigkeiten begannen vor einem Vierteljahr. Müssen Hersteller und Händler weitere drei Monate warten?

Adä: Nein, aus heutiger Sicht werden wir das wesentlich schneller in den Griff bekommen - allerdings auch nicht in den nächsten Wochen.

Eine letzte Frage noch: Was wünschen Sie sich als Ingram-Micro-Manager für das Jahr 2007?

Adä: Wieder Channel Champion zu werden. Dafür müssen wir zunächst im Volumen-Business unsere alte Lieferfähigkeit frühzeitig im neuen Jahr wiedergewinnen. Zum Ende des Jahres 2007 möchte ich zum einen gerne auf ein erfolgreiches Volume-Business zurückblicken und zum anderen auf einen gut aufgestellten Value-Bereich, mit dem wir unsere Marktposition deutlich verbessert haben - um 2007 vielleicht auch hier bereits zu Ihren Channel Champions zählen zu können.

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