Zunehmend mehr Internetnutzer zeigen sich verärgert über den Umgang von Online-Unternehmen mit User-Daten. In den USA laufen inzwischen mehrere Klagen gegen Internetfirmen, die mit der Weitergabe oder dem Missbrauch von persönlichen Informationen die Privatsphäre der Nutzer verletzt haben. Ein aktuelles Beispiel bietet ein Verfahren gegen Sears Holdings, dem Betreiber der Online-Stores Sears und Kmart. Laut einem Bericht des Berkman Center for Internet and Society an der Harvard Law School müssen die Kunden der betreffenden Online-Shops bei der Registrierung ein Programm herunterladen, das ihr Surfverhalten beobachtet und aufzeichnet. Sears habe es dabei verabsäumt, ausreichend auf die Software hinzuweisen, kritisieren die Autoren der Untersuchung. Nun wurde in New Jersey Anklage gegen das Unternehmen erhoben.
Mit ähnlichen Vorgehensweisen hat in den vergangenen Monaten auch die Social-Networking-Seite Facebook für Aufregung gesorgt (pressetext berichtete). Im deutschsprachigen Raum gab es zuletzt heftige Diskussionen um die Plattform studiVZ, die zunächst ähnliche Werbetools einsetzen wollte wie Facebook, aufgrund der enormen Kritik seitens Datenschützern und Usern aber davon abwich (pressetext berichtete). "Das Hauptproblem für die Nutzer besteht dabei darin, dass die Plattformen häufig in den USA ansässig sind und damit nicht unter EU-Recht fallen. Es gilt somit kein EU-Datenschutzrecht, außer der Betreiber ist hierzulande mit einer Niederlassung vertreten", so der Datenschutzexperte Hans Zeger, Obmann der Arge Daten, gegenüber pressetext.
Wie BusinessWeek berichtet, gehen die Datenschutzverletzungen aber nicht nur den Nutzern mitunter zu weit. Mittlerweile hat auch die Federal Trade Commission in den USA mehr Transparenz von den Unternehmen eingefordert, die das Surfverhalten ihrer Kunden aufzeichnen und diese Informationen zu Werbezwecken nutzen. Die meisten Firmen zeigen sich jedoch äußerst überrascht über die Kritik und verweisen darauf, dass viele Nutzer nur zu gerne ihre privaten Daten auf Seiten wie Facebook und Myspace veröffentlichen und sich auch dort nicht darum kümmern würden, wer diese abruft oder mitliest. Darüber hinaus kämen sie im Austausch für persönliche Informationen auch in den Genuss von bequemen und kostenlosen, werbefinanzierten Services, so das Argument der Unternehmen.
Auf Protest und Kritik reagieren die Internetfirmen meist mit mehr oder weniger kleinen Korrekturen an ihrem Vorgehen bzw. der dazu benutzten Software. Laut John Palfrey, Direktor des Berkman Center, können tiefgreifende Veränderungen erst dann erzielt werden, wenn rechtliche Schritte unternommen werden. Erst in diesem Fall würden die Firmen tatsächlich von der Kritik Notiz nehmen. Die Konsumenten ihrerseits zeigen sich jedenfalls immer häufiger verärgert über die Weitergabe und öffentliche Bekanntgabe persönlicher Informationen wie etwa Vorlieben bezüglich Musik, Filmen oder Shopping. Kaum jemand sei daran interessiert, dass alle Internetbekanntschaften, Arbeitskollegen oder der gesamte Freundeskreis über jedes Detail Bescheid weiß, erklärt Palfrey. Derzeit erscheint das aggressive Marketing für viele Firmen eine wahre Goldgrube zu sein. Wächst der Druck seitens der User, aber auch seitens der Behörden, so werden sich die Webseitenbetreiber allerdings um neue Werbeformen umsehen müssen. (pte/ wl)