Interview mit Hans-Joachim Kamp, Consumer-Electronics-Chef bei Philips

09.10.1998

BREMEN: In diesem Jahr war Philips nicht auf der Cebit Home vertreten. Als Grund hierfür nannte Hans-Joachim Kamp, Leiter des Unternehmensbereiches Consumer Electronics, den mangelnden Zuspruch der Fachhändlerschaft. Wie Philips nun plant, trotzdem seine Partner für neue Technologien, wie DVD oder Handheld-PCs, fit zu machen, schildert Kamp im Gespräch mit ComputerPartner-Redakteur Ronald Wiltscheck.

Laut einer ComputerPartner-Umfrage hat Philips bei Monitorhändlern an Boden verloren. Wie erklären Sie sich das?

KAMP: Wir haben in den vergangenen Jahren unsere Zielsetzung in dem Marktsegment Monitore mit Sicherheit nicht erreicht. Mittlerweile haben wir aber eine ganze Menge innovativer Produkte vorzuweisen, zum Beispiel den Flachbildschirm 151AX oder das Flat-panel-TV. Es gibt viele Konsumenten, die Innovationen gegenüber aufgeschlossen sind, und genauso wie im Consumer-Bereich der flache Fernsehbildschirm an der Wand ein Prestigeobjekt darstellt, verhält es sich in einem modernen Office mit einem TFT-Monitor.

Also liegt Ihrer Ansicht nach der Handlungsbedarf nicht bei Ihnen, sondern beim Händler? Was muß dieser tun, um beim Verkauf Ihrer Produkte erfolgreicher zu agieren?

KAMP: Der Fachhandel darf sich nicht nur über den Preis profilieren, sondern muß die schon rein äußerlich attraktiven Produkte in einer ansprechenden Art und Weise demonstrieren. Nicht nur die Vorteile des Designs und der Ergonomie sollten dabei im Vordergrund stehen nach dem Motto: "Mit diesem Gerät können Sie viel Platz sparen", sondern die Spezifikationen der Hardware. Denn nur dann kann der Fachhandel seine Kompetenz ausspielen und damit zwangsläufig den Umsatz erhöhen. Letztendlich stellt sich unter diesen Voraussetzungen auch eine Rendite ein, die aber zugegebenermaßen nicht immer leicht zu machen ist.

Um Händlerkontakte aufzufrischen, hätte sich doch die Cebit Home angeboten. Warum war Philips dort nicht vertreten?

KAMP: Messen wie die IFA oder die Cebit haben sich etabliert. Dort muß jeder Händler präsent sein und sich informieren. Doch bei der Cebit Home war für uns die Resonanz der Fachhändlerschaft einfach zu gering. Dieses Jahr führen wir statt dessen eine deutschlandweite Roadshow durch. Da erreichen wir 4.000 Fachhändler - und das nur für die Hälfte der Kosten, die uns ein Stand auf der Cebit Home verursacht hätte.

Genügt Ihnen das?

KAMP: Wir haben eine breitangelegte Vertriebsorganisation und verfügen über enge Kontakte zu unseren Distributoren. Damit stellen wir sicher, daß der Fachhandel exzellent erreicht wird.

Philips bietet keine voll funktionsfähigen Desktop-PCs, sondern nur einzelne Peripheriegeräte.

Warum?

KAMP: Wir vertreiben einen Handheld-PC, werden aber keine großen Geräte an den Mann bringen. Aber bereits die auf dem Markt angebotenen PCs bestehen bis zu 40 Prozent aus Philips-Teilen. Zu erwähnen sind hier nur unsere Monitore oder CD-Rom-Laufwerke, die einen nicht unerheblichen Anteil der PC-Hardware ausmachen. Bei CD-Rom-Laufwerken sind wir immerhin Weltmarktführer.

Unsere momentane Strategie ist ganz klar auf die Handheld- und Palmtop-Geräte ausgerichtet. In diesem Marktsegment wollen wir verstärkt Flagge zeigen. Denn hier zeichnet sich eine positive Marktentwicklung ab, und für uns besteht nun die Chance, dort einzusteigen und auch erfolgreich zu operieren. In dem klassischen PC-Business haben wir in der Vergangenheit vorwiegend negative Erfahrungen gemacht.

Muß nun der UE-Fachhändler neben Hifi-Anlagen auch PCs verkaufen, um überleben zu können?

KAMP: Wir definieren die neue Welt der Consumer-Elektronik mittlerweile so, daß sie nicht nur aus dem klassischen Unterhaltungssegment besteht, sondern auch den gesamten Telekommunikationsbereich, PCs und PC-Peripherals umfaßt. Diesen Trend sieht man an den neuen Outlet-Strukturen und den Absatzkanälen. Nicht nur die Großvertriebsformen, sondern auch die mittelständischen UE-Händler haben ihre Warenpräsentation umgestellt. Sie bieten sowohl Fernseher und Hifi-Anlagen als auch Telekommunikationskomponenten und PC-relevante Geräte an.

Denn ein Händler, der morgen überleben will, darf sich nicht nur auf die klassische Unterhaltungselektronik verlassen, sondern muß auch PCs, PC-Peripherie- und Telekommunikationsendgeräte in sein Sortiment aufnehmen. Der kleinere UE-Händler wird sich nur auf einige wenige Segmente konzentrieren, die eben besser seinem mittelständischen Charakter entsprechen. Hier sehe ich auch Chancen für Spezialisten, die trotz eingeschränkter Präsentationsfläche ihre Kompetenz in den Bereichen Beratung und Service ausspielen werden. Diese Experten können in ihrer eigenen Region durchaus mit den Vollsortimentern mithalten, zumindest was die stark erklärungsbedürftigen Bereiche Telekommunikation und PC-Technologie betrifft.

Wenn aber der Konsument erst zum Fachhändler geht, sich dort informiert und anschließend doch bei einem großen Retailer einkauft?

KAMP: Zahlreiche Marktuntersuchungen haben ergeben, daß der Kunde im Schnitt nicht nur ein Outlet aufsucht. Er vergleicht die Angebote durchaus in puncto Preis-Leistungs-Verhältnis. Der Kunde stellt fest, wo er am besten beraten worden ist. Er findet heraus, wo die Produkte zu finden sind, die er gesucht hat oder vielleicht erst später benötigt - und dementsprechend trifft er seine Kaufentscheidung.

Wie viele Fachhändler werden mit dieser Strategie überleben?

KAMP: Es gibt sehr viele mittelständische Händler, die viel zu spät auf diesen Zug aufgesprungen sind. Sie erzielen momentan zwar noch sehr hohe Umsätze im Telekommunikations- und PC-Geschäft, doch es bleibt abzuwarten, ob diese Fachhändler die hohen Steigerungsraten auch im Verlauf der nächsten Jahre halten können und sich ein Stück vom Kuchen abschneiden werden.

Hans-Joachim Kamp, Unternehmensbereich Consumer Electronics:

"Viele mittelständische Händler sind zu spät auf den digitalen Zug aufgesprungen."

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