ISDN: Der Optimismus der Telekom wirkt ansteckend auf Anbieter und Kunden

21.03.1997
BONN: Im Jahr 1 der T-Aktie sieht sich die Deutsche Telekom AG auf einem schmalen Grat wandelnd: Mit etwa 80 Milliarden Mark Verpflichtungen im Kreuz braucht das Unternehmen Erfolgsmeldungen. ComputerPartner hat sich vor einem Jahr (Ausgabe 8/96) intensiv mit dem ISDN-Markt auseinandergesetzt und hat jetzt nachgehakt. Ergebnis: Der Noch-Monopolist und die ISDN-Lösungsanbieter können zufrieden sein.Damit hat auch die Deutsche Telekom selbst nicht gerechnet: Das am 1.7.1996 abgelaufene Förderprogramm war erfolgreicher, als es Manfred Krugs Werbeauftritt erwarten ließ. Anschlüsse, die Ende Juni '96 noch bestellt wurden, konnten zum Teil erst im Januar 1997 angeschaltet werden. Insidern zufolge schrammte im letzten halben Jahr die Vermittlungstechnik ständig am Super-GAU entlang: Neu installierte Vermittlungstechnik in ländlichen Gegenden wurde kurzerhand wieder herausgerupft und den städtischen Vermittlern einverleibt, um dort den Kollaps zu verhindern. Es sind gar Privatkunden bekannt, die seit September 1996 keine Telefonrechnungen mehr bekommen haben - dafür tobt just in den Newsgroups des Usenet (de.comm.isdn) eine Diskussion über abgerechnete Gebühren für nicht geführte Gespräche.

BONN: Im Jahr 1 der T-Aktie sieht sich die Deutsche Telekom AG auf einem schmalen Grat wandelnd: Mit etwa 80 Milliarden Mark Verpflichtungen im Kreuz braucht das Unternehmen Erfolgsmeldungen. ComputerPartner hat sich vor einem Jahr (Ausgabe 8/96) intensiv mit dem ISDN-Markt auseinandergesetzt und hat jetzt nachgehakt. Ergebnis: Der Noch-Monopolist und die ISDN-Lösungsanbieter können zufrieden sein.Damit hat auch die Deutsche Telekom selbst nicht gerechnet: Das am 1.7.1996 abgelaufene Förderprogramm war erfolgreicher, als es Manfred Krugs Werbeauftritt erwarten ließ. Anschlüsse, die Ende Juni '96 noch bestellt wurden, konnten zum Teil erst im Januar 1997 angeschaltet werden. Insidern zufolge schrammte im letzten halben Jahr die Vermittlungstechnik ständig am Super-GAU entlang: Neu installierte Vermittlungstechnik in ländlichen Gegenden wurde kurzerhand wieder herausgerupft und den städtischen Vermittlern einverleibt, um dort den Kollaps zu verhindern. Es sind gar Privatkunden bekannt, die seit September 1996 keine Telefonrechnungen mehr bekommen haben - dafür tobt just in den Newsgroups des Usenet (de.comm.isdn) eine Diskussion über abgerechnete Gebühren für nicht geführte Gespräche.

Der Erfolg der Deutschen Telekom in Zahlen: Vor einem Jahr hatte die Telekom 1,2 Millionen Basisanschlüsse und 39.000 Primärmultiplex-Anschlüsse installiert und für das Jahresende 2,1 Millionen beziehungsweise 48.000 Anschlüsse prognostiziert. Vermarktet wurden letztendlich 2,2 Millionen Basisanschlüsse und die erwartete Zahl von Primärmultiplex-Anschlüssen.

Laut Telekom werden die insgesamt etwa 5,8 Millionen Kanäle (ein Basisanschluß hat deren zwei, ein Primärmultiplex-Anschluß 32) zu etwa 75 Prozent mit Telefonie und zu etwa 25 Prozent mit Datentransfers belastet. In Ermangelung detaillierten Zahlenmaterials steht als Schätzung im Raum, daß in der Hälfte der Fälle die Anschlüsse gemischt genutzt werden und die Nur-Telefon-Anschlüsse insgesamt die Minderheit darstellen.

Wer setzt auf ISDN?

Leider hat sich die Deutsche Telekom noch nicht die Mühe gemacht, ihre Zahlen in west- und ostdeutsche Anschlüsse aufzudröseln. Also bleibt auch hier nur die Vermutung, daß der infrastrukturell bevorteilte Osten - der Anteil digitaler Vermittler soll nahe 100 Prozent liegen - überdurchschnittlich viele Nur-Telefon-Anschlüsse geordert hat.

Insgesamt erfaßt der Trend jedoch - wie von der Telekom gewünscht und prognostiziert - immer mehr Privatanschlüsse und Anschlüsse in mittleren und kleinen Unternehmen. Im Jahr 1995 wurden ISDN-Anschlüsse noch je zur Hälfte als Mehrgeräteanschlüsse (3 MSN-Rufnummern) und Anlagenanschlüsse (Anlagenrufnummer mit eigener Nebenstellenvermittlung) bestellt. Im Jahr 1996 verschob sich dieses Verhältnis bereits zugunsten der Mehrgeräteanschlüsse, die jetzt zu etwa 60 Prozent installiert sind. Dieser Trend wird sich allen Erwartungen nach auch so fortsetzen und stellt den eigentlichen Gradmesser in Richtung Massenmarkt dar.

Derzeit jedoch findet der Einsatz von ISDN maßgeblich in Firmen jeder Größe statt. Jörg Stengel, Geschäftsführer der CEUS-Online-Services (einem klassischen Mailbox-System), sieht diese Nutzungsvariante durch seine Zahlen belegt: "Die letzte valide Auswertung ergab, daß 22 Prozent aller Verbindungen ISDN-Verbindungen waren. Derzeit dürften es geschätzt etwa ein gutes Drittel sein und zwar insbesondere aus dem Firmenbereich - tagsüber sind das auffallend viele."

Welche ISDN-Geräte sind gefragt?

Der Weg zum Massenmarkt - das ISDN-Telefon für Oma und jedem Schüler sein ISDN-Internet-Zugang - ist offensichtlich noch recht steinig. Die Renner sind immer noch Endgeräte mit eher professionellem Charakter. Auch der High-end-Gebrauch läßt sich in Support-Foren und dem Usenet bestätigen. Die 1000-Mark-Klasse bei ISDN-TK-Anlagen, dazu 300-Mark-ISDN-Telefone und die billigen passiven ISDN-Adapter oder Kombinationen aus aktiven ISDN-Adaptern und kleinen TK-Anlagen sind die bevorzugten Lösungen.

Für eine sehr bewußte Auswahl von leistungfähigen Geräten spricht auch die Tatsache, daß kaum jemand einen Einbruch im Absatz von ISDN-Geräte nach dem Ablauf der Förderung feststellen mag: "Ich habe keinen Einbruch", insistiert Rudolf Fiedler mit optimistischem Gleichmut.

Für den reinen Privatkunden sieht das jedoch ein wenig anders aus: Nach der anfänglichen Euphorie angesichts der billigen ISDN-PC-Karten stellt sich hier oft Ernüchterung ein. Die Wirren um die CAPI-Unterstützung, deren bisweilen mangelhafte Ausführung und offenbar reichlich Support-Probleme könnten die Entwicklung durchaus bremsen.

Das Jahr 1 der T-Aktie

Der eigentliche Boom hat bereits stattgefunden. Hermann Eiden, Pressesprecher von DIAMOND/Spea Deutschland, spricht für einen Quereinsteiger, der mit dem Erwerb des Modem-Herstellers Supra sein Glück zunächst im Großkundengeschäft versuchte: "Das Firmengeschäft war wahnsinnig." Der generelle Bedarf an flexibler und komfortabler Kommunikation liefert jedoch den Dünger für ein stabiles Geschäft - möglicherweise auf Jahre hinaus. Die zunehmende Sättigung des professionellen Bereichs wird durch eine schleichende Verbreiterung der ISDN-Basis aufgefangen. Die angebotene Produktpalette selbst ist weiteres Indiz für den Wandel.

Zyxel - schon fast traditionell im deutschem Markt verankert, weil nirgendwo anders auffallend erfolgreich - setzte Mitte letzten Jahres mit dem Omni TA128 ein Zeichen, auch wenn das Gerät genaugenommen erst Ende des Jahres Marktreife erlangte.

56K-Modems contra ISDN

Die 56K-Modems könnten im Massenmarkt für Wirbel sorgen. Zumindest stellt sich das der amerikanische Modemspezialist U.S.Robotics so vor. Allerdings bleiben von den 56K bei genauerer Betrachtung nicht allzuviel übrig - bereits die amerikanische FCC begrenzt den Einsatz der X2-Modems auf 53 Kilobit pro Sekunde. In der Praxis und besonders in Deutschland könnten davon noch etwas weniger übrigbleiben, ganz abgesehen davon, daß die hohe Übertragungsrate nur in einer Richtung - nämlich beim Download - funktioniert.

Zudem macht die Technologie nur Sinn, wenn die Kommunikations- und vor allem Internet-Provider auf den Zug auch aufspringen. Deren Lust dazu ist aber offensichtlich eher gering. Gerade die ISDN-Aufrüstung hat in den meisten Fällen viel Geld und Tränen gekostet und nun sollen sie wieder zurückrudern? Letztendlich wird wohl nicht 56K-Technologie gegen ISDN antreten, sondern sich im Bereich der analogen Modems gütlich tun.

Das Jahr 2 der T-Aktie?

Die Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes könnte einige wesentliche Effekte haben. Indirekt könnte das Auftreten von Konkurrenten zur Telekom einen Preissturz bei den TK-Anlagen zur Folge haben. Man munkelt, daß die Preise der klassischen Hardware-Lieferanten - namentlich Siemens - im wesentlichen politischer Natur sind. Derartigem Gebahren könnten gerade die nordamerikanischen Telekommunikations-Giganten etwas entgegenzusetzen haben. In diesem Sinne bleiben die Entwicklungen auf jeden Fall spannend. (gr)

Zur Startseite