IT-Händler sind "wahnsinnig erbost" über Computer-2000-Aktion

31.01.2002
Vergangene Woche hat Computer 2000 seinen Tele-Sales für Basic Accounts gekappt. Fachhändler mit einem jährlichen C2-Bestellvolumen unter 50.000 Euro sind stinksauer auf den Broadliner. Lachender Dritter in diesem Fall ist der Wettbewerb aus der Distributionsszene.

Henrik Funch, Interimschef von Computer 2000, wird die Baierbrunner Straße in München nicht als Everybody#s Darling verlassen. Ein rauschendes Abschiedsfest wird es für den Mann aus Dänemark kaum geben. Zu hart hat der Troubleshooter von Tech-Data Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten mit seinen Aufräumarbeiten vor den Kopf gestoßen. "Sicher habe ich nicht nur populäre Entscheidungen getroffen. Aber es waren die richtigen für die Computer 2000 GmbH", erklärt dazu Funch im Gespräch mit ComputerPartner.

Neuester Coup von Funch: Der Manager hat von einem Tag auf den anderen den Tele-Sales für so genannte Basic Accounts eingestellt. "76 Prozent dieser Kunden-Gruppe bestellt jetzt schon online - das ist kos-tengünstiger und zeitsparend für sie", rechtfertigt Funch den Schritt. Jetzt wolle man das restliche Viertel von den Vorteilen überzeugen.

Als Basic Accounts definiert Computer 2000 Fachhändler, die mit ihren Bestellungen unter 50.000 Euro im Jahr bleiben - ausgenommen sind davon Kooperationsmitglieder. Nach eigenen Angaben arbeitet der Broadliner in dieser Umsatzgröße mit 10.000 Kunden zusammen. Die SMB-Partner, derzeit eifrig umworben, liegen nach den C2-Richtlinien über 50.000 Euro Jahresumsatz.

Am 21. Januar ersetzte der Broadliner seine Telefonbestellnummer durch einen anonymen Anrufbeantworter, der den gebeutelten Kunden auf das elektronische C2-Bestellsystem "Intouch" verweist. Fauxpas des Broadliners war - in den Augen der Fachhändler - dass sie erst am 21.1. per Briefpost über die Aktion "in Kenntnis gesetzt" wurden, wie es so schön heißt. Vorabinfos habe es zu diesem Thema nicht gegeben, wie einige C2-Kunden einstimmig kritisieren.

Die betroffenen Händler reagierten auf die Maßnahme ihres Lieferanten - wie nicht anders zu erwarten war - stocksauer. Malte Grünwald, bei der Primus Software AG verantwortlich für Einkauf und Organisation, gab sich bei seinem Anruf in der ComputerPartner-Redaktion "wahnsinnig erbost". Schließlich wolle man auch mal ein Wort mit seinem Lieferanten wechseln und wichtige Details ließen sich online nun mal nicht klären. C2-Kunde Jürgen Willnecker schickte Computer 2000 postwendend eine Beschwerde per E-Mail, die der ComputerPartner-Redaktion vorliegt, darin heißt es: "Nachdem Ihre telefonischen Bestellwege abgeschaltet wurden, habe ich es mit Intouch versucht. Gestern lief da noch nichts - wir haben aber zeitkritische Projekte! Zwischenzeitlich haben wir für uns wichtige Bestellungen wieder telefonisch erledigt (und platziert!), allerdings bei Ihrem Wettbewerb." Negative Erfahrungen mit Intouch machte auch Fachhändler Stefan Forster: "Das System weist Fehler auf und ist nur noch furchtbar: Produkte, zum Beispiel von Infineon, findet man erst gar nicht." Tech-Data-Manager Funch räumt ein, dass man hier noch nachbessern werde: "Wir werden uns das noch mal genau ansehen und eventuell einen speziellen Hotline-Kontakt einrichten, der den Kunden bei Detailfragen hilft."

Probleme mit Intouch sind nur ein Grund für die zunehmende Verärgerung der C2-Partner: Strategische Ankündigungen aus der Baierbrunner Straße wurden gerade in der letzten Zeit schnell zum berühmten Schuss nach hinten, wenn der Broadliner dann Taten folgen ließ. Beispiele: Value Added Services forcieren und kurz darauf den Schulungsbereich dichtmachen. Ankündigen, man wolle im SMB-Segment Marktanteile hinzugewinnen und dann den Tele-Sales für Basic Accounts kappen.

Als lachender Dritter im Streit zwischen Computer 2000 und seiner umsatzschwächsten Kundengruppe kann sich derzeit der Wettbewerb die Hände reiben - und tut es auch. "Zum SMB-Segment gehört natürlich ganz klar auch der kleinere Fachhandel", stellt Gerhard Schulz, Sprecher der Geschäftsführung von Ingram Macrotron, klar und legt nach: "Bei uns sind die Kunden, die nach der Computer-2000-Aktion ihren Distributor wechseln wollen, willkommen. Wir lassen auch kleineren Händlern nach wie vor die Wahl: Er kann telefonisch oder online bestellen."

Auch Roland Apelt, heute Distributionschef bei der COS AG, im Sommer 2001 aber noch als Deutschlandchef auf der Computer-2000-Gehaltsliste, lässt es sich nicht nehmen, die Aktion seines Ex-Arbeitgebers zu kommentieren: "Da werden die großen Distributoren der Branche immer schwerfälliger und teurer, geraten unter Druck und Kostenzwänge, schalten kostenpflichtige 0180er Nummern, verdoppeln den Mindestbestellwert oder schalten, wie in der Schweiz, sogar ganz die telefonische Erreichbarkeit für den Kleinkunden ab. Und wer fällt hinten runter? Der SMB-Markt!", prangert Apelt in einer E-Mail an die ComputerPartner-Redaktion die Vorgehensweise der Broadliner an.

So ganz freiwillig hat die Computer-2000-Mannschaft ihre Basic Accounts allerdings nicht verärgert. Hinter der Maßnahme steht nämlich auch eine knallharte Vorgabe des amerikanischen Mutterkonzerns: Tech-Data will künftig "deutlich mehr als 40 Prozent der europäischen Bestellungen elektronisch generieren", lautet die Parole der US-Zentrale. Der Grund: Die Kosten in den europäischen Tech-Data-Niederlassungen müssen weiter gesenkt werden.

Lesen Sie dazu auch unseren Kommentar auf Seite 8. (ch)

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