IT-Systemhäuser als Zugpferd für Mobile Computing

15.03.2001
Nokia und Computer 2000 wollen den Markt für mobile Internet-Produkte neu gestalten: Eine Hand voll IT-Systemhäuser soll - so der Plan - gemeinsam mit den großen Partnern Lösungen für Unternehmenskunden entwickeln.

Noch steht offensichtlich nur eines fest: Nokia und Computer 2000 wollen eine kleine Anzahl feiner IT-Systemhäuser akquirieren, die mit den mobilen Internet-Produkten des Handy-Herstellers spezielle Lösungen für Geschäftskunden entwickeln. Seit Februar touren Michael Heidemann, Produkt Manager Business Development bei Nokia, und Matthias Felder, Leiter des Bereichs Mobile Computing & GSM beim Münchner Broadliner, von diesem Auftrag beseelt quer durch Deutschland.

Der Hintergrund: Nokia arbeitet zwar mit den Platzhirschen der TK-Distribution wie beispielsweise NT plus, Dangaard oder Komsa sehr eng zusammen, in der deutschen IT-Distribution sind die Finnen allerdings unterrepräsentiert. Einziger direkter Distributionspartner unter den Broadlinern ist Computer 2000, weder Ingram Macrotron noch Actebis sind offiziell mit im Boot (siehe Facts-&-Figures-Kasten). Sie kaufen ihre Nokia-Produkte bei den Netzbetreibern oder Distributionskollegen. Demzufolge sind Nokias Kontakte zu klassischen IT-Händlern und natürlich IT-Systemhäusern nicht allzu ausgeprägt.

Beim Handel dominieren Neugierde und Skepsis

Peter Karbach, Geschäftsführer der Münchener Compucall Computertechnologie GmbH, beobachtet das Projekt mit Neugierde und Skepsis. "Sowohl das Card Phone als auch der Communicator sind schon seit einigen Jahren auf dem Markt und konnten sich bislang noch nicht so recht durchsetzen." Vor allem den Communicator betrachtet er eher als Statussymbol, das sich für den professionellen Gebrauch kaum eignet: "Das Produkt ist eine Zwischenlösung - weder Fisch noch Fleisch." Außerdem schätzt er den Markt für professionelle Mobile-Internet-Lösungen als "relativ klein, aber mit starkem Wettbewerbsdruck belastet" ein. PDA’s, Handhelds, Organizer und nicht zuletzt Notebooks sind ebenso in der Warteschleife für den großen Business-Einsatz wie das Nokia-Smartphone.

Nun hat Nokia allerdings in den vergangenen Jahren eine ganze Reihe an Produkten für das mobile Internet entwickelt, die vor allem im Business-Bereich eingesetzt werden - nicht zuletzt wegen des hohen Preises. Dazu gehören unter anderem das Nokia Card Phone 2.0, ein GSM-Modem für rund 750 Mark und der Communicator 9110i (EVP: 1.549 Mark). Im zweiten Quartal 2001 kommt nun das Nachfolgemodell, der Communicator 9210, auf den Markt. Verkaufspreis: unter 2.000 Mark. Letzterer ist nach Felder auch der aktuelle Anlass für die Akquise-Tour mit Heidemann: Um die bislang eher schleppenden Verkaufszahlen dieser hochpreisigen Produktes in die Höhe zu treiben, sollen möglichst viele Unternehmen den neuen Communicator als Medium zur Unternehmenskommunikation einsetzen. Zwei Anwendungsbeispiele mit dem Communicator: Schon der 9110i wurde in einem Logistikunternehmen als reines "Meldegerät" genutzt. Die Nutzer hatten drei Knöpfe zur Verfügung: Ware angekommen, Ware ausgepackt und Ware wieder eingelagert - alle anderen Funktionen wurden dem edlen Gerät entzogen. Weitaus weniger verschwenderisch im Umgang mit Ressourcen ist der klassische Einsatz des Communicators im Außendienst, eine Verbindung zum firmeneigenen Intranet sorgt beispielsweise für aktuelle Informationen zu den Kundendaten oder Lagerbeständen. Um die Bedienung des Communicators so einfach wie möglich zu machen, sollen Systemhäuser mit Unterstützung von Nokia und C2000 speziell auf die Bedürfnisse des Kunden zugeschnittene Applikationen entwickeln. So können theoretisch alle Beteiligten ein lukratives Geschäft abwickeln.

Weder Heidemann noch Felder mögen sich derzeit konkret zu dem mobile Business-Programm äußern: "Wir sind noch in der Vorbereitung, erst nach der Cebit können wir Details zu dem Projekt bekannt geben", vertröstet Felder unisono mit den Düsseldorfen bislang den Handel.

Und der Wettbewerb? Norbert Fischer, Geschäftsführer Telekommunikation & Consumer Electronic bei Ingram Macrotron, ist keineswegs wegen dieser neuen innigen Freundschaft seines Mitbewerbers beunruhigt: "Wir sind dabei, mit der Telekom und Viag Interkom Business-Lösungen auf der Basis von GPRS zu entwickeln."

www.nokia.de

www.computer2000.de

ComputerPartner-Meinung:

Der Ansatz ist einfach und wahrlich nicht neu: Business-Kunden brauchen keine Produkte von der Stange, sondern Lösungen. Neben der Kundenbindung lassen sich damit auch noch phantastische Umsätze generieren - so die Theorie. In der Praxis ist aber gerade im Business-Bereich der Wettbewerbsdruck extrem: Netzbetreiber, Serviceprovider und Hersteller versuchen teilweise recht aggressiv, in diesem Markt Fuß zu fassen. Da bedarf es schon überzeugender Argumente von Nokia und C2000, um zum Zug zu kommen und nennenswerte Umsätze zu machen. Zudem ist die Vereinbarung zwischen Nokia und Computer 2000 keineswegs exklusiv, die Finnen werden parallel gemeinsam mit den Nokia-System-Centern und Netzbetreibern Lösungen entwickeln. Und nicht zuletzt sind die Netzbetreiber und Serviceprovider längst dabei, auf der Basis von GPRS speziell auf den B2B-Markt zugeschnittene Angebote zu entwickeln. (wr)

NOKIA-COMPUTER-2000-KOOPERATION

Facts & Figures

Computer 2000 ist einziger "offizieller" Nokia-Distributor für den IT-Fachhandel. Die anderen Broadliner verkaufen zwar teilweise auch Nokia-Produkte, dürfen sich aber nicht mit diesem Titel schmücken. Der Grund für die enge Partnerschaft: Computer 2000 hatte vor rund einem Jahr den Bereich "Mobile Computing & GSM" ins Leben gerufen, der dem Handel als Service- und Support-Partner im Lösungsgeschäft zur Verfügung stehen soll. Matthias Felder, der schon bei der - mit rund sechs Monaten recht kurzlebigen - Telekommunikations-Unit von C2000 das Sagen hatte, wurde zum Leiter des neuen Bereichs ernannt.

Weitere Nokia-Vertriebskanäle sind TK-Distributoren wie beispielsweise NT plus, Dangaard und Komsa. Letztere steigen zwar mit Komsa Solutions auch zunehmend ins Mobile-Internet ein, setzten aber mit Windows CE auf ein anderes Betriebssystem als Nokia. Dazu liefert der finnische Handy-Gigant seine Produkte an alle Netzbetreiber und die Nokia-System-Center. Technische Informationen für Entwickler und Systemhäuser stellt Nokia seit 1995 im Internet unter forum.nokia.com zur Verfügung. Seit seinem Start 1995 haben sich rund 300.000 Anwender auf dieser Plattform registriert. (wr)

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