Jahr-2000-Umstellung: das lohnende Geschäft mit der Angst

03.11.1999

MÜNCHEN: Die schwarzen Schafe der IT-Branche machen der Händlerschaft vor, wie man mit wenig Fachkenntnis und einer guten Show so richtig abkassieren kann. Die Jahr-2000-Umstellung wird zum lohnenden Geschäft mit der Angst.Michael Gerner, Jahr-2000-Beauftragter bei Compaq, ist sauer: "Seit Wochen befinde ich mich nur noch auf Krisenfahrt zu den Kunden." Seine Mission: Schadensbegrenzung. Sein Widersacher: Hans-Jürgen von Donop. Der Inhaber von Donop Consulting in Detmold hat eine Botschaft: "Die führenden Hersteller sind nicht Jahr-2000-fähig."

Seit er dies vorzugsweise bei mittelständischen und großen Unternehmen verkündet, laufen bei Compaq die Telefone heiß. Die Kunden sind verunsichert, immer öfter müssen sich die Mitarbeiter des Herstellers vorwerfen lassen, sie hätten Schrott verkauft. Und Gerner betreibt Schadensbegrenzung. Lieber würde er von Donop das Handwerk legen:

"Der lebt von der Angst."

Derzeit sieht Compaq allerdings keine Möglichkeit, rechtlich gegen den Händler vorzugehen. "Bisher hat er uns ja nur unnötig Zeit gestohlen", meint Gerner. "Der Mann bewegt sich sehr geschickt in einer Grauzone." Deswegen habe sich der Hersteller entschlossen, zumindest öffentlich vor von Donops "zweifelhaften Methoden" zu warnen.

Unseriöse Verkaufsstrategien scheinen bei der Jahr-2000- (Y2K-) Umstellung ohnehin an der Tagesordnung zu sein: "Kann ich nur bestätigen, daß die Vorgehensweise so ist. Händlerkollegen erzählen stolz, daß sie so ein paar Mark machen", meint der Inhaber eines Systemhauses in Solingen. "Es gibt sogar Programme, die im Jahr-2000-Check dem Kunden vorgaukeln, daß die Hardware nicht 2000-fähig ist, und dadurch neue Rechner verkauft werden." Der Unternehmer befürchtet große Imageschäden für die IT-Branche: "Leider sind es einige schwarze Schafe, die uns rechtschaffenen Händlern wieder einmal das Leben schwermachen."

Das bestätigt auch ein Distributionsmitarbeiter: "Die Thematik wird von vielen ausgenutzt, um eine schnelle Mark zu machen. Vieles von dem, was an Software von sonst reputablen Unternehmen vertrieben wird, ist haarscharf an der ethischen Grenze. Das Schlimmste ist allerdings, daß die, die etwas darüber sagen, schneller ge-

mobbt werden, als man das für möglich hält."

Für eine Art Mobbing hält auch von Donop die Vorwürfe, die Compaq gegen ihn erhebt, und ist sich keiner Schuld bewußt: "Wir arbeiten offen, sauber und klar." Der Händler sieht sich eher als eine Art David im Kampf gegen Goliath, als mittelständischer Unternehmer, der den großen Herstellern die Wahrheit furchtlos ins Gesicht schleudert. Laut Compaq ist er bei vielen Kunden leider nicht ganz so gesprächig: Meist vergesse er zu erwähnen, daß sie seine Lösungen gar nicht brauchen. Das will Compaq jetzt nachholen.

Einzelheiten zu den Vorwürfen und Hintergründe erfahren Sie auf Seite 16 in dieser Ausgabe. (mf)

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