Kabel & Medien Service

02.04.1999

MÜNCHEN: Der Münchner Kabel & Medien Service, Betreiber des Fernsehkabels, bietet zahlungsbereiten Endkunden Internet-Zugänge mit Höchstgeschwindigkeit an. ComputerPartner hat das erste deutsche Kabelmodem-Angebot unter die Lupe genommen.Die Bewohner der bayrischen Landeshauptstadt können sich glücklich schätzen. Ihnen steht einer der schnellsten Internetzugänge der Republik zur Verfügung. Dabei werden die Daten nicht, wie allgemein üblich, durch das Telefonnetz geschickt, sondern über das Fernsehkabel. Dieses Breitbandkabel schafft deutlich höhere Datenraten als selbst zwei gebündelte ISDN-Kanäle, die bekanntermaßen doppelte Telefongebühren kosten. Theoretisch sind bis zu 550 Kilobit pro Sekunde zu realisieren. Zwei ISDN-Kanäle schaffen gemeinsam maximal 128 Kbit.

Ohne Windows 95 geht nichts

Leider kann sich nur ein Teil der Bewohner Münchens wirklich glücklich schätzen. Das liegt nicht an der Sendeleistung. Das Ausstrahlungsgebiet des Kabel & Medien Service (KMS) reicht sogar noch in einige benachbarte Gemeinden. Dafür bleiben alle Mac-Besitzer, Unix-User und Linux-Anhänger außen vor. Selbst Besitzer von Windows 98 und Windows 3.1 haben schlechte Karten. Das System, dessen Herzstück ein Kabelmodem namens "Dave" der israelischen Firma Combox ist, läuft ausschließlich auf Rechnern, die mit Windows 95 ausgestattet sind.

Auf den ersten Blick mag verwunderlich erscheinen, warum nur Windows 95 und nicht auch Windows 98 unterstützt wird. Der Grund hierfür liegt in einer bewußten Einschränkung von KMS. Windows 95 erlaubt bei der Einrichtung des TCP/IP-Stack die gleichzeitige Nutzung von genau zwei Verbindungen. Die braucht man auch, um mit dem Kabelmodem online zu gehen. Eine weitere Anbindung, etwa an ein firmeninternes Netzwerk, ist nur über andere Protokolle, etwa Netbui möglich.

Damit soll verhindert werden, daß Unternehmen die große Bandbreite des Systems dafür nutzen, mit nur einem einzigen Account ein komplettes Firmennetz mit dem Internet zu verbinden. Eine Technik, die heute viel in kleineren Unternehmen eingesetzt wird. Schon Windows 98 beherrscht bereits mehrere TCP/IP-Bindungen und würde diese Einschränkungen aushebeln.

Außer dieser gravierenden Einschränkung sind alle weiteren Voraussetzungen allerdings leicht zu erfüllen. Es genügt ein handelsüblicher Durchschnitts-PC. Für den Test verwendeten wir einen Pentium 200 mit 64 MB Arbeitsspeicher und einer 4-GB-Festplatte. Darüber hinaus muß ein Modem oder eine ISDN-Karte installiert sein.

Der Lieferumfang seitens KMS besteht in der ISA-Karte, einer Diskette mit Treibern und Software, einem dünnen Handbuch, dem Begrüßungsschreiben, das die Benutzerdaten enthält, und einem Antennenkabel. Neben Hard- und Software gehört übrigens auch der Internet-Account zum Lieferumfang. Außer der Grundgebühr von 85 Mark und den 395 Mark für den Kauf des Kabelmodems fallen an Provider KMS keine weiteren Gebühren an, dafür bekommt der Benutzer noch eine E-Mail-Adresse und etwas mehr als ein halbes MB Web-Space dazu. Nach wie vor fällig sind allerdings Telefongebühren, da der Datenverkehr via Kabel nur in eine Richtung fließt und der Upload wie gehabt per Modem oder ISDN-Karte erfolgt.

Wo mur ein Betriebssystem, da auch keine Probleme

Da nur ein Betriebssystem funktioniert, können sich die Schreiber der Anleitung erlauben, Schritt für Schritt mit Bildern und Texten durch die Installation zu führen, die im Test reibungslos funktionierte.

Nach dem Einstecken der Karte wird die neue TCP/IP-Bindung angelegt und dort der entsprechende Treiber geladen. Sodann installiert der Kunde die mitgelieferte Software, welche die Verbindung zum KMS-Server für den Upstream aufbaut. Das war's. Nach insgesamt rund 20 Schritten und einer halben Stunde gemütlicher Einrichtungszeit lief das Kabelmodem.

Die Leistung des "Internet-Turbos" hängt von einer Reihe von Faktoren ab. Da wäre zum ersten der Upstream. Die Daten werden natürlich nur so schnell zum Provider geschickt, wie das bereits vorhandene Modems oder die ISDN-Karten können. Das macht sich beim normalen Surf-Alltag kaum bemerkbar, da die Datenmenge im Upload nur ein geringer Bruchteil der Menge ist, die in umgekehrter Richtung übertragen wird. Fallen beim Upload allerdings größere Datenmengen an, etwa wenn eine Datei als E-Mail-Anhang verschickt werden soll, dann wird die Geschwindigkeit des Systems deutlich heruntergebremst. Man erreicht dann die gleiche Datenrate wie mit einem herkömmlichen Internet-Provider.

Die Stärke des Kabelmodems liegt im Download. Wer viel und gerne Daten aus dem Netz auf die eigene Festplatte transferiert, der ist hier genau richtig. Im Test schwankte die erreichte Bandbreite zwischen 100 und 400 Kbit pro Sekunde. Eine vier MB große Datei war in weniger als drei Minuten aus dem Netz gesaugt. Auch bei Web-Seiten mit vielen Grafiken ergeben sich Geschwindigkeitsvorteile.

Beim klassischen Streifzug durch mehrere Web-Sites ist der Eindruck vom Kabelmodem nicht so stark. Die Seiten selbst mit Bildern und Texten werden zwar sehr schnell geladen, die Abstände zwischen Verlassen einer Seite und Aufrufen einer anderen sind aber ähnlich hoch wie im klassischen Modembetrieb.

Alternative für Vielsurfer

Fazit: Das Kabelmodem in Verbindung mit dem "Cablesurf"-Angebot von KMS ist die richtige Wahl für Leute, die regelmäßig große Datenmengen aus dem Netz holen. Das sind zum Beispiel IT-Abteilungen und -Dienstleister, die andauernd Software testen und Treiber benötigen. Auch für Werbeagenturen entsteht hier eine preisgünstige Alternative zum ISDN-Direktversand. Der Privatanwender wird das System dann gebrauchen können, wenn er Musik, Videos oder interaktive Applikationen vom Kaliber Shockwave liebt.

Das Preis-Leitungsverhältnis ist akzeptabel. 85 Mark im Monat sind zwar nicht gerade wenig, und dazu kommen noch die Telefongebühren, aber letztere werden durch verkürzte Online-Zeiten deutlich geringer. Da macht sich schnell bemerkbar, wenn ein Download eben nur eine Minute statt zwanzig benötigt.

Kabelmodems könnten zukünftig der maßgebliche Zugang zum Internet werden.

Frank Puscher

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